Hannas Entscheidung
auf den Stuhl hinter seinem Schreibtisch fallen. Ben blieb stehen, ging zum Fenster und starrte hinaus. »Viktor Samuels hat mit seiner Arbeit dafür gesorgt, dass Armin Ziegler in Ruhe sein Imperium aufbauen konnte. Er ist auf der Flucht, und Sie haben Hanna gehört. Er wird sich uns garantiert nicht freiwillig stellen.«
»Manchmal muss man auf einen Deal eingehen, um an die ranzukommen, die ganz oben sitzen. Das hatten wir gestern schon, oder?«
Langsam drehte sich Ben um, lehnte sich mit dem Rücken ans Fenster. »Wir gehen bei diesem Fall auf zu viele Deals ein, und wohin bringt uns das?«
»Vielleicht haben wir so die Möglichkeit, ihn zu schnappen?«
»Ich habe Sie bisher immer für einen Realisten gehalten. Was, wenn Viktor gar nicht beabsichtigt, uns zu helfen, sondern versucht, an alles dranzukommen, was wir bisher über die Organisation gesammelt haben?«
»Sie trauen Paul nicht zu, dagegenzuhalten?«
»Wir haben eine Frau und zwei Männer verloren, und bisher hat nur Lukas Benner seine Strafe bekommen. Und das nicht durch uns. Es stinkt mir gewaltig, dass wir immer einen Schritt hinter der FoEI herlaufen.«
»Das beantwortet meine Frage nicht.«
Ben seufzte tief. Er versuchte, Abstand zu seinen Emotionen zu gewinnen und sich auf die Fakten zu konzentrieren. »Ja. Ich traue es Paul zu. Er hat sich im letzten Jahr verdammt viel mit diesem Typen und seiner Arbeit beschäftigt.«
»Vielleicht haben wir einen weiteren Trumpf in unseren Karten.«
Er sah seinen Vorgesetzten an. »Sie meinen den Kardinal?«
»Ja. Dieses Telefongespräch zwischen ihm und Hanna.«
Ben hatte es sich tags zuvor mehrmals angehört.
Der Kardinal: »Gott sei Dank, meldest du dich endlich. Wie geht es dir?«
Hanna: »Gut.«
Der Kardinal: »Ist alles in Ordnung?«
Hanna: »Hm«
Der Kardinal, diesmal wachsam. »Bist du allein?«
Hanna: »Nein.«
Der Kardinal: »Warum hast du dich nicht an das gehalten, was wir besprochen haben?«
Hanna: »Ich musste was klären.«
Der Kardinal: »Weißt du jetzt, was du machst?«
Hanna: »Ja.«
Der Kardinal: »Kann ich dich davon abbringen?«
Hanna: »Nein.«
Der Kardinal mit einem tiefen Seufzen: »Pass wenigstens auf dich auf.«
Hanna: »Mach ich.«
»Ja, ich gebe ihnen recht. Der Mann weiß mehr, als er uns gegenüber zugibt.«
Der Oberst nickte. »Ein schwer zu durchschauender Mann, den in diesem Fall eines an uns bindet.«
»Seine Sorge um sein Patenkind.«
»Richtig, was uns zu der nächsten Frage bringt. Was ist mit Hanna?«
Ben verschränkte die Arme vor der Brust. »Was soll mit ihr sein?«
»Weshalb waren Sie mit ihr draußen?«
»Ein Anfall von Klaustrophobie.«
»Was?«
Ben seufzte. »Ich denke, es hat nicht immer mit der Größe von Räumen oder der Menge von Menschen darin zu tun, sondern eher mit den psychologischen Komponenten dahinter. Eingesperrt zu sein in Räumen ohne Fenster unter der Erde ...«
»Manchmal vergesse ich, was sie hinter sich hat. Okay, das stellt uns vor ein neues Problem. Wohin mit ihr?«
»Sie kann bei mir schlafen. Die Wohnung ist im dritten Stock, hat eine Feuerleiter im Wohnzimmer, und sie muss erst an mir vorbei, wenn sie abhauen will.«
Schweigend ließ Hartmann seinen Blick auf ihm ruhen.
Ohne, dass er es aussprach, wusste Ben genau, was in dessen Kopf vor sich ging. »Ich habe nicht vor, mit ihr zu schlafen, wenn es das ist, was Ihnen Sorge bereitet. Wir haben keine Alternative, es sei denn, Sie wollen das BKA einschalten. In diesem Fall kann es sein, dass sie sogar erst mal in Untersuchungshaft kommt.«
»Vielleicht sollte ich sie besser zu mir nehmen.«
»Oberst, ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber wann waren sie das letzte Mal beim Kampftraining? Sind Sie fit genug für einen Zweikampf mit ihr?«
Er zögerte nur kurz, seufzte.
»Ehrlich gesagt – wohl nicht.«
Ben war im Grunde nicht wohl bei dem Gedanken, Hanna bei sich in der Wohnung zu haben. Andererseits wollte er sie keinesfalls aus den Augen verlieren. Er würde sie kaum ein zweites Mal in Berlin wiederfinden, und solange Armin Ziegler und Konstantin Wolff auf freiem Fuß waren, gab es keinen sicheren Ort für sie. Er wollte nicht für den Tod eines weiteren Menschen verantwortlich sein. – Und er fühlte sich für sie verantwortlich, weil sie ihm vertraut hatte.
»Also gut. Ich vertraue darauf, dass Sie diesmal ihren Verstand benutzen. Wie wollen Sie sicherstellen, dass Sie keinen unerwünschten Besuch bekommen?«
»Erstens war ihre
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