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Hannas Entscheidung

Hannas Entscheidung

Titel: Hannas Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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noch nie zufrieden mit ihrer Figur. Auf Dauer nervt das. Ich hab überlegt, womit ich sie überzeugen kann, dass ein schwangerer Bauch etwas anderes ist, etwas Ästhetisches und an ein Wunder Grenzendes. Etwas, auf das sie stolz sein kann, und da bin ich über das Buch gestolpert.« Er zuckte mit den Achseln, bemerkte, dass sie mit dem Essen innegehalten hatte, und ihn anstarrte. »Was?«
    »Nichts.« Hastig senkte sie den Kopf und pickte ein paar Salatblätter auf.
    »Was?!«
    Sie atmete tief ein, behielt den Blick auf die Salatblätter. »Ich hätte dir so viel Feingefühl nicht zugetraut.«
    »Nein, stimmt. Ich bin ja Soldat und mein Job ist es, Menschen zu töten.«
    »Das hab ich nicht gesagt.«
    »Nein, aber du denkst es.«
    Schweigend aßen sie weiter.
    »Also warum war es dir vorhin peinlich, als ich dich fragte, ob du Ahnung von einer Schwangerschaft hast?«
    »Es war mir nicht peinlich.«
    »Du bist rot geworden.«
    »Bin ich nicht.«
    »Los. Rück raus.«
    »Okay, aber du darfst nicht lachen!«
    Er hob die Augenbraunen und grinste.
    »Vergiss es.«
    »Nein, nein, ich sterbe vor Neugierde und verspreche, dass ich nicht lachen werde.«
    »Okay. Die Idee mit dem Buch kam von einem Verlag, und sie hatten erst einen Fotografen dafür. Einige der Frauen wollten, dass es lieber eine Fotografin macht, also holten sie mich.« Sie betrachtete aufmerksam eine Tomate, die sie auf ihre Gabel gespießt hatte. Ben schwieg und wartete. »Ich wusste nicht, wer die Models waren, und da gab es die Redakteurin des Buchs, die ich nicht kannte, und ich wollte ihren Bauch ebenfalls ablichten.« Hanna seufzte, sammelte sich. »Sie war nicht schwanger«, stieß sie hastig heraus.
    Ben stellte sich die Situation vor und biss sich in die Backe, um nicht zu lachen. »Und du durftest trotzdem die Fotos machen?«
    »Erst, als ich zu Kreuze gekrochen bin. Du hast gesagt, du würdest nicht lachen.«
    »So viel zum Thema Ahnung von Schwangerschaft und Bäuchen.«
    Hanna brach in Lachen aus. »Oh Gott, war das eine peinliche Situation«, stieß sie hervor. Ihr liefen die Tränen über das Gesicht.
    Dann war es auch um Bens Selbstbeherrschung geschehen. Alle Anspannung der letzten Tage und Wochen wichen aus seinem Körper. Es war das erste Mal, dass er Hanna lachen hörte. Unbeschwert und voller Lebensfreude. Die Bilder in dem Buch hatten ihn tief berührt. Aber wann taten die Fotos von Hanna das nicht. Dennoch hatte der Hauch vom Wunder des Lebens über den Bäuchen der Schwangeren geschwebt, vom unschuldigen, kommenden Leben.
     
    Hanna kuschelte sich in Bens Bett. Sie steckte ihre Nase tief in das frisch bezogene Kissen. Es half nichts, denn der komplette Raum roch nach ihm, und sie fragte sich, wie sie so schlafen sollte, wenn sie gleichzeitig wusste, dass er nur ein paar Meter weiter auf der Couch lag.
    Er liebte Lisa, und wenn es um sie ging, hatte er keine Scheu, seine Gefühle zu zeigen. Nicht nur das – er machte sich auch Gedanken um seine Schwester. Vermutlich war er stinksauer gewesen, als er feststellte, dass sie hier Unterschlupf gesucht hatte. Trotz ihrer Vorsicht war sie eine Gefahr für jeden, der sich mit ihr einließ. Wie wäre es gewesen, einen großen Bruder zu haben, der sich um einen kümmerte, der einen beschützte? Und wie lebte es sich mit dem Gedanken, dass er beim Militär diente, Menschen töten musste und selber getötet werden konnte? Sie versuchte sich zu erinnern, wie Lisa reagiert hatte, wenn sie über Ben sprach. Aber ihr fiel keine Gelegenheit ein, wo sie Angst oder Sorge gezeigt hätte. Sie drehte sich zum hundertsten Mal im Bett und suchte eine Schlafposition. Ihren Kopf unter das Kissen schiebend stöhnte sie, als sie daran dachte, wie entspannt das Abendessen gewesen war. Für einen Moment waren alle Sorgen und Ängste verschwunden, und sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so viel gelacht hatte.
    Sie dachte an Marie und daran, dass sie sich Sorgen machen würde, weil sie sich nicht meldete. Also schlüpfte sie noch mal aus dem Bett. Auf leisen Sohlen schlich sie zur Tür, lauschte, konnte aber nichts hören. Leider gab es keinen Schlüssel. Sie ging zu ihrer Tasche und wühlte, bis sie das Handy gefunden hatte. Dummerweise konnte sie keine neue SIM-Karte verwenden und musste stattdessen die alte nutzen. Sie schaltete die Telefonfunktion ein und ging auf Nachrichten.
    »Bin unterwegs, melde mich, wenn ich da bin.«
    Die Antwort erschien keine zwei Minuten später auf dem

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