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Hannas Entscheidung

Hannas Entscheidung

Titel: Hannas Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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diesen Mord begangen hatte, und nicht handelte. Hätte es bei der Verhandlung und der Haftstrafe von Lukas einen Unterschied bewirkt? – Ja. Hätte Angelika Winter mit der Aufzeichnung durch die Maschen schlüpfen können? – Nein. Sie wusste, dass Ben mit seiner Einstellung genauso recht hatte. Und da war sie selbst, die Viktor ohne es zu wollen zutiefst verletzt hatte. Vielleicht hatte ihr Freund recht, und sie trug eine Mitschuld daran, wie sein Leben verlaufen war.
     
    Ben schloss die Wohnungstür hinter sich ab und steckte den Schlüssel ein. Hannas Tasche trug er in sein Schlafzimmer, was Hanna mit einem skeptischen Blick beobachtete. Aus dem Schrank holte er Bettwäsche. »Du schläfst hier. Ich schlafe auf der Couch im Wohnzimmer.«
    »Ich kann auch auf der Couch schlafen.«
    »Kommt nicht infrage. Du schläfst hier. Stört es dich, wenn ich das Laken drauflasse, oder soll ich es wechseln?«
    »Wechseln.« Sie nahm ihm die Bettwäsche ab und bezog das Bett, während er das Laken tauschte.
    »Hast du Angst, ich würde abhauen?«
    »Willst du das denn?«
    »Der dritte Stock ist ziemlich hoch.«
    Er musterte sie, sah das Funkeln in ihren Augen. »Tu nicht so.« Mit Sicherheit wusste sie, dass man vom Wohnzimmer aus Zugang zur Feuerleiter hatte. Ben nahm sein gebrauchtes Bettzeug und ein weiteres Laken und trug die Sachen ins Wohnzimmer.
    »Darf ich deine Dusche benutzen?«
    »Sicher.«
    Er hörte, wie sie die Badezimmertür hinter sich schloss. Nachdem er sich sein Bett auf der Couch gemacht hatte, holte er seinen Schlafanzug und frische Sachen aus dem Schlafzimmer, lauschte an der Badezimmertür. Sie duschte. Das Bild, das dabei in seinem Kopf entstand, schob er entschlossen weg. Er entschied sich, noch schnell einen Salat zu machen. Das würde ihn auf andere Gedanken bringen. Auf Musik verzichtete er, da er sicher sein wollte, dass ihm kein Geräusch entging.
    Zwanzig Minuten später stand Hanna im Türrahmen. Ihre Haare hatte sie nur trocken gerubbelt. Unter dem dunkelblauen T-Shirt trug sie nichts auf der Haut, das nahm er mit einem Blick wahr, hatte aber wenigstens eine Jogginghose an, auch wenn sie barfuß war. Hastig konzentrierte er sich darauf, Möhren zu schneiden.
    »Kann ich noch was helfen?«
    »Nein, aber du kannst den Tisch decken.«
    Zielsicher bewegte sie sich in seiner Küche, holte Teller, Messer, Gabel, Gläser, etwas zum Trinken. Sie schnitt Brot, holte Marmelade, Butter, Wurst und Käse. Es irritierte ihn, mit welcher Sicherheit sie sich in seiner Küche bewegte. Selbst Lisa kannte sich in seinen Schränken nicht in diesem Maß aus. Aber Hanna hatte ja hier gewohnt, während er sie in Rom suchte.
    Sie ertappte ihn beim Beobachten und grinste zufrieden. »Seltsames Gefühl, wie? Jetzt siehst du mal, wie es mir damals ging.«
    Touché, dachte er. »Essig und Öl?«
    »Ja.«
    Ben kam mit der Salatschüssel an den Tisch und setzte sich. Hanna stellte ihr linkes Bein auf den Stuhl, während sie sich von dem Salat auflud und ein Brot nahm. Das alles kam ihm ungewohnt vertraut vor und verursachte ein unangenehmes Gefühl in seiner Magengegend.
    Sie biss in ihr Brot. »Was ist? Hast du kein Hunger?« Sie fixierte ihn. »Stimmt was nicht?«
    »Nein, alles in Ordnung.« Er nahm sich ebenfalls Salat, schmierte sich sein Brot und packte Wurst darauf.
    »Wie lange hat Lisa noch?«
    »Zehn Tage.«
    »Wow. dafür hat sich der Bauch aber ganz schön abgesenkt.«
    »Hast du Ahnung davon?«
    Sie nahm den Fuß runter, rückte den Stuhl näher an den Tisch. Ihre Wangen zeigten einen rosa Farbton. »Nicht direkt.«
    »Aber du hast eine Fotosession von Schwangeren gemacht.«
    Ihr Mund klappte auf und wieder zu. Skeptisch musterte sie ihn, als wäre er ein seltsamer Käfer unter dem Mikroskop. Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Hanna hatte ja keine Ahnung, wie viel Raum sie in den letzten Monaten in seinem Leben eingenommen hatte. Eine letztlich erschreckende Erkenntnis auch für ihn. Er nahm sie nicht als Fremdkörper in seinem Leben oder in dieser Wohnung wahr, vielmehr so, als gehörte sie genau hier hinein. Er wischte den Gedanken beiseite.
    »Seit wann interessieren sich Männer für Bilder von Schwangeren?«
    »Und seit wann ist einer Frau so was peinlich?«
    Sie zeigte mit der Gabel auf ihn. »Du zuerst.«
    Er lachte. »Okay. Ich habe Lisa das Buch geschenkt, nachdem sie am Telefon zum zigsten Mal darüber gejammert hat, dass sie aussähe, als hätte sie einen Medizinball verschluckt. Lisa war

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