Hannas Entscheidung
Verkleidung verdammt geschickt, als ich sie am Bahnhof aufgespürt habe, und meine Schwester hatte noch eine weitere Idee in der Beziehung. Zweitens habe ich vor ein paar Tagen mit Sven gesprochen, und er sorgt dafür, dass eine Zivilstreife regelmäßig am Haus vorbeifährt.«
Oberst Hartmann grinste. »Sie überlassen nichts dem Zufall.«
»Nicht, wenn es sich vermeiden lässt. Wie weit sind wir mit der Identifikation von Wolffs Kommandos?«
»Es gab in den Krisengebieten eine Reihe von Überfällen nach demselben Muster. Einige hatten wir mit Wolff im Zusammenhang gebracht, wesentlich mehr aber wiederum nicht. Es scheint, als wäre Wolff aktiver in den Regionen, als wir es bisher befürchtet hatten. Einige Namen sind dabei aufgetaucht, und wir sollten hier am besten eine internationale Zusammenarbeit anstreben. Das Gebiet ist einfach zu groß.«
»Also fahren wir zweigleisig. Auf der einen Seite nehmen wir die Aktionen von Wolff unter die Lupe, auf der anderen Seite hacken wir uns in ihr System. Und wann schalten wir das BKA ein?«
»Wenn wir wissen, was uns Viktor Samuels an Zugangsmöglichkeiten verschafft.«
»Bekommt er ein Angebot, wenn wir ihn schnappen?«
Oberst Hartmann schüttelte den Kopf, und sein Gesicht drückte Entschlossenheit aus. »Nein. Nicht nach dem, was er über sein Handy angehört hat.«
Ben nickte zufrieden. »Dann bereite ich mal den Umzug vor.«
In einem Krankenwagen zu Lisa gebracht zu werden, gehörte nicht zu den tollsten Erlebnissen in Hannas Leben. Andererseits war sie Ben dankbar, dass sie nicht eine zweite Nacht in der unterirdischen Zelle verbringen musste.
Lisa frotzelte, als sie von der Trage aufstand: »Und was kann ich diesmal zusammenflicken?«
»Ha, ha, ha. Sehr witzig.« Hanna umarmte Lisa, was in Anbetracht von deren Bauchumfang nicht leicht war. »Darf ich?«
Lisa nahm Hannas Hand und legte sie auf ihren Bauch. »Spürst du das?«
Hanna nickte.
»Das ist das Köpfchen.« Sie verlagerte die Hand, gab mehr Druck auf ihre Handfläche. »Und das ist sein Popo.«
Verblüfft sah Hanna sie an. »Woher weißt du das? Für mich fühlt sich das beides gleich an.«
Lisa lachte. »Das eine ist härter, das andere weicher.«
»Fertig?«, wandte Ben sich an Hanna. Er wollte sie so schnell wie möglich im dritten Stock haben.
Sie schulterte ihren Rucksack und wollte nach ihrer Tasche greifen, aber Ben kam ihr zuvor. Er zog Lisa in seine Arme, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und strich mit der Hand über ihren Bauch. »Alles klar mit der werdenden Mama?«
»Ja, alles klar. Soll ich euch was zum Abendessen machen?«
»Nein«, kam es gleichzeitig von beiden.
»Wir haben gegessen«, erklärte Ben mit einem eindringlichen Seitenblick auf Hanna.
Als ob das nötig gewesen wäre. Sie sah selbst die Ränder unter Lisas Augen und die Spannung in ihrem Bauch. Außerdem schien die Wölbung ein Stück heruntergerutscht zu sein. Auf keinen Fall wollte sie, dass sich Lisa Arbeit machte.
»O-ka-y«, sagte Lisa gedehnt. »Ihr seht beide ziemlich müde aus. Sehen wir uns zum Frühstück?«
»Einverstanden. Wann?«
»Sieben Uhr?«
»Passt, Schwesterchen, und keine Arbeit! Klar?«
»Glasklar, Major Wahlstrom«, antwortete Lisa zackig und legte ihre Handkante an die Stirn, worauf sie eine Kopfnuss von ihrem Bruder kassierte.
Gemeinsam stiegen sie zu dritt das Treppenhaus hoch, Ben als Schlusslicht. Hanna fragte sich, ob er Lisa im Auge behalten wollte oder Angst hatte, dass sie die Flucht ergriff? Der Gedanke, der ihr tatsächlich kurzfristig durch den Kopf geschossen war, erheiterte sie. Allerdings wäre sie dann abgeschnitten von allen Informationen, und die brauchte sie im Moment dringend. Sie musste Marie in jedem Fall eine Nachricht zukommen lassen. Ben küsste seine Schwester nochmals, bevor sie in der zweiten Etage in ihre Wohnung schlüpfte, nicht ohne Hanna mit einem Augenzwinkern eine schöne Nacht zu wünschen. Was Hanna schlagartig bewusst machte, dass sie diesmal die Wohnung mit deren Besitzer teilen würde. Okay, sie hatte nicht vor, mit ihm zu schlafen. Sie würde sich nicht erneut auf ein Gefühlschaos mit ihm einlassen. – Dieser Blick von ihm, als sie die Datei mit dem Mord an Nina hatte ablaufen lassen!
Auch sie war schockiert gewesen, verstand gleichzeitig Viktors Angst und konnte die Gründe, aus denen er diesen Weg gewählt hatte, nachvollziehen. Das hieß nicht, dass sie ihn guthieß.
Doch Ben nahm nur zur Kenntnis, dass Viktor gewusst hatte, wer
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