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Hannas Entscheidung

Hannas Entscheidung

Titel: Hannas Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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und, als es sich wehrte, zum Tode verurteilt worden war. Hanna schlang ihre Arme um ihren Körper. Giacomo war der Name des Bruders, der den Vater getötet oder richtig gesagt den Attentäter zu dem Zweck organisiert hatte.

9 Der Kardinal
    »Haben Sie gut geschlafen?«
    Ertappt drehte sich Hanna um. Sie hatte nicht gehört, dass Giacomo in die Küche gekommen war. Unentschuldbar, wenn sie bedachte, dass sie gestern erst verfolgt worden war – und das in ihrem neuen, verborgenen Leben.
    »Nein.« Erst war sie eingeschlafen, bis sie von einem wirren Albtraum hochschreckte. Darin hatte sich die Verfolgungsjagd durch Rom mit der Geschichte von Beatrice vermischt. Sie war durch dunkle Gänge geflüchtet, verirrte sich und wurde von ihren Verfolgern aufgegriffen. Eine kalte, feuchte Gefängniszelle, in der es fürchterlich stank, war die nächste Station in dem wirren Traum, dann ihr Vater, der sie in seinen Armen hielt, während sie sich auf seinen Schoss kuschelte. Zuletzt war da der metallische Geruch von Blut, das Geschrei von Leuten gewesen, Männer, die alle Zuschauer zurückdrängten, und das zischende Geräusch einer Axt, der Kopf von Beatrice Cenzis Porträt vor ihren Augen. So wachte sie schweißgebadet auf. An Schlaf hatte sie danach keinen Gedanken mehr verschwendete. Versunken in Grübeleien hatte sie vor dem Porträt des jungen Mädchens gesessen, bis ihr Blick auf einen Artikel des National Geographic gefallen war, der inmitten eines Stapels Zeitschriften ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Er enthielt ihr Porträtfoto, das der kleine afrikanische Junge gemacht hatte. Sie hatte die aufgeschlagene Zeitung unter dem Stapel hervorgezogen, um den Artikel zu lesen:
    Und immer sind da die Spuren ihres Lebens
    »Jeder Mensch, der in dieser Welt lebt, hinterlässt Spuren seines Lebens. Manchmal sind sie deutlich, manchmal müssen wir sie suchen, aber immer sind sie da.«
    Obwohl Johanna Rosenbaum nie ein Mensch großer Worte war, hat sie tiefe Spuren in meinem Leben hinterlassen. Mit jedem Bild von ihr, das ich sehe, sehe ich einen Teil von ihr. Ich kann das Lachen der Kinder in Indien hören, als sie versuchten, ihr die Abfolge eines religiösen Tanzes beizubringen. Ich lausche in meinen Erinnerungen der Stimme einer alten Indianerfrau am Amazonas, die ihr von den Aufgaben der Frauen in der Dorfgemeinschaft erzählt.
    Mein Name ist Harald Winter, ich bin 54 Jahre alt und seit dreißig Jahren Journalist. Ich habe viele Artikel in meinem Leben geschrieben, aber noch keiner ist mir so schwer gefallen wie dieser.
    Bei unserem ersten gemeinsamen Auftrag wollte ich die junge Fotografin, die mir die Agentur aufdrückte, nach Hause schicken. Heute weiß ich nicht, wie ich jemals wieder einen Artikel ohne ihre Bilder schreiben soll. Dem Leben einer jungen Frau, die eine große Zukunft vor sich hatte, ist brutal ein Ende gesetzt worden. Die Welt ist wieder ein Stück ärmer geworden, und was bleibt, sind unsere Erinnerungen an eine außergewöhnliche Fotografin und ihre Bilder.
    In diesem Ton ging der Bericht weiter. Sie kannte jeden Artikel, den Harry geschrieben hatte. Dies war der mit Abstand schlechteste. Das erschütterte sie mehr, als sie es sich eingestehen wollte. Was um alles in der Welt war mit Harry los? Und was mit der Zeitung, das sie diesen Artikel druckte? Der Redakteur hatte schöne von ihr geschossene Bilder herausgesucht – mit Ausnahme von diesem furchtbaren Porträt. Die meisten waren bei einem gemeinsamen Auftrag mit Harry entstanden. Aber dieser Text! Gab es so wenig, was er über sie erzählen konnte? Oder hatte er Angst vor den Konsequenzen, den ein ausführlicher Artikel über sie nach sich ziehen könnte? Automatisch waren ihre Hände zu dem Laptop des Professors gewandert. Dummerweise war es mit einem Passwort gesperrt. So hatte sie ihre Nachforschungen über Harald Winter auf unbestimmte Zeit verschieben müssen.
    »Wollen Sie nicht fragen, wie ich geschlafen habe?«
    »Haben Sie gut geschlafen?«
    »Nein, und damit wären wir zu zweit. Ich sehe, Sie haben bereits die Geheimnisse meiner Küche entdeckt.«
    »Möchten Sie auch eine Tasse?«
    »Ja, gerne.«
    Hanna schenkte den restlichen Espresso aus der Alukanne in eine kleine Tasse und setzte einen neuen auf. Der Professor holte einen Pandoro aus dem Schrank, außerdem zwei Teller, und setzte sich zu ihr an den Tisch.
    »Früher gab es die nur zu Weihnachten. Heute können Sie ihn zu jeder Jahreszeit kaufen.«
    Hanna betrachtete den Professor,

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