Hannas Entscheidung
bis Silvia wüsste, was sie weiterhin aus ihrem Leben machen wollte. Zum zweiten Streit kam es, als Hanna ihn anrief, nachdem ihre Mutter ihr die Hochzeit mit Armin angekündigt hatte. Der letzte war im Krankenhaus, damals, nach ihrer Rettung von den Entführern. Jedes Mal bat er Hanna zu ihm zu kommen, und jedes Mal hatte sie abgelehnt.
»Nun ja, es hat die ganze Sache zwischen dir und deiner Mutter nicht einfach gemacht. Aber das hat sich geändert, nachdem ich euch beide gesehen habe, Johanna und Marie. Es gäbe euch nicht, hätte es sie nicht gegeben, nicht wahr?«
»Nein, das stimmt.«
»Ihr seid etwas Besonderes.«
»Jeder Mensch ist etwas Besonderes.«
Die beiden Männer lachten.
»Du solltest etwas essen.«
Gehorsam nahm sich Hanna ein Brot. »Wer waren die Männer?«
»Die dich verfolgt haben?«
Sie nickte.
Schnell warfen sich ihr Onkel und Professor Bartoli einen Blick zu.
»Die Entscheidung liegt bei Ihnen, Eure Exzellenz.«
Es klang in Hannas Ohren seltsam, wenn jemand ihren Onkel so ansprach. Für sie war er immer nur Onkel Richard gewesen.
»Das waren Leute von der FoEI.«
»FoEI?«
»Ja, die Federation of Economic Interest.«
Hanna runzelte die Stirn. Sie hörte diesen Namen zum ersten Mal und fragte sich, ob das die Wirtschaftsorganisation war, von der Oberst Hartmann damals in Berlin gesprochen hatte.
»Was wollen sie von mir?«
Ein zweites Mal erfolgte eine stumme Kommunikation zwischen dem Kardinal und dem Professor. Sie endete mit einem vielsagenden Blick des Professors auf Hanna. Doch diesmal schien ihr Onkel nicht gewillt zu sein, ihre Frage einfach zu beantworten. »Was denkst du?«
»Ich kenne sie nicht.«
»Doch, tust du – zumindest eines ihrer Mitglieder.«
»Armin?«
Ihr Onkel nickte.
»Was ist mit Lukas?«
Der Kardinal wiegte den Kopf hin und her. »Komplizierter. Er zählt in jedem Fall nicht zum inneren Kreis.«
»Innerer Kreis?«
Ihr Onkel setzte beide Beine auf den Boden und beugte sich nach vorne.
»Johanna, bevor wir weiterreden, musst dir etwas klar sein.«
»Das wäre?«
»Dein Leben wird nie mehr das sein, was es war.«
Sie lachte bitter auf. »Das war es seit dem Tag nicht mehr, als Papa starb.«
»Ich weiß. Dennoch wirst du eine Entscheidung treffen müssen.«
»Zwischen Gut und Böse?«
Ihr Onkel schüttelte den Kopf. »Es wäre schön, wenn die Welt so einfach wäre. Das ist sie aber nicht. Nein, du musst dich entscheiden, auf welcher Seite du stehst.«
»Seite wovon?«
»Was läuft da zwischen dir und diesem Major Wahlstrom?«
Hanna schoss augenblicklich das Blut in die Wangen. Sie wich dem Blick ihres Onkels aus. »Nichts.«
»Natürlich, und wegen nichts heulen Sie sich seit Tagen die Augen aus dem Kopf.«
Sie warf dem Professor einen wütenden Blick zu.
»Also gut. Nichts. Dann frage ich dich anders. Was will er von dir?«
»Noch weniger.«
»Und kommt nach Rom, obwohl er schwer verletzt ist?« Professor Bartoli sah sie zweifelnd an.
Der Kardinal seufzte.
»Keine Ahnung, weshalb er hier war.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust und rückte ein wenig von ihrem Onkel ab. »Woher wisst ihr das alles überhaupt?«
»Wir haben unsere Quellen.«
»Damit beantwortest du keine meiner Fragen.« In ihrem Kopf fing es an zu hämmern und sie begann, ihre Schläfen zu massieren.
»Du bist müde, Johanna, und es ist schon spät.« Der Kardinal stand auf. »Professor Bartoli, seien Sie so lieb und zeigen Sie Johanna, wo sie sich ausruhen kann.« Er wandte sich ihr zu. »Ich muss erst einiges klären. Ich kann diese Entscheidungen nicht allein treffen. Wir sprechen morgen miteinander.«
Hanna erhob sich, schnappte sich ihren Rucksack, schulterte ihn und nahm ihre Tasche, bevor sie der Professor greifen konnte. In der Tür drehte sie sich nochmals um. »Wirst du mir dann meine Fragen beantworten?«
»Wir werden sehen.«
Die Freude war verflogen. Aber Onkel Richard war noch nie anders gewesen. Wann hatte er je ihre Fragen beantwortet? Immer machte er aus allem ein Geheimnis, sprach von Vertrauen, dem Glauben und der Quelle der Kraft in uns. Sie war es leid. Sie wollte Antworten und Klarheit.
»Sie sollten nicht so wütend auf ihn sein. Er macht sich wirklich große Sorgen um sie. Außerdem gehen Sie gerade in die falsche Richtung.«
Sie drehte sich um und folgte dem Professor.
»Wohin gehen wir?«
»Zu mir.«
Sie blieb stehen.
»Sie haben doch keine Angst vor mir?«
Hanna betrachtete den Italiener. Er hatte sich in den
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