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Hannas Entscheidung

Hannas Entscheidung

Titel: Hannas Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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hast mich gefunden, weil ich mich in das Kloster zurückgezogen habe«, stellte sie fest.
    Er nahm seine Teetasse, trank einen Schluck, setzte sie langsam auf den Tisch. »Wir sollten bei der Auswahl einer Ordensgemeinschaft darauf achten, wo sich deren Klöster befinden. Außerdem solltest du eine bevorzugen, die zurückgezogen lebt.«
    Hanna schüttelte bedächtig den Kopf. »Keine Ordensgemeinschaft. Ich will mein Leben zurück.«
    Das Lächeln in seinem Gesicht verschwand. »Ein neues Zeugenschutzprogramm?«
    »Nein.«
    Er seufzte. »Gibt es irgendetwas, mit dem ich dich umstimmen könnte?«
    »Nein.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Ja. Ich werde in mein Leben zurückkehren.«
    »Und wie willst du das machen?«
    Sie zuckte mit den Achseln, darüber hatte sie sich noch keine ernsthaften Gedanken gemacht. »Zu meiner Kontaktperson gehen und ihr sagen, ich möchte mein Leben wiederhaben?«
    »Sie wollen dich töten.«
    Sie beugte sich vor. Die schlaflose Nacht brachte ihr einen Vorteil. Sie hatte ihr die Zeit gegeben, nachzudenken über das, was gestern passiert war. Eine zentrale Frage war geblieben: Wenn die Männer sie hatten töten wollen, warum hatten sie sie nicht erschossen? Es wäre so einfach gewesen.
    »Und wenn nicht? Die FoEI ist eine Wirtschaftsorganisation, vielleicht wollten sie nur mit mir reden?«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Und worüber?«
    Sie zuckte die Achseln. »Sag du es mir.«
    »Sie wollten nicht mit dir reden. Glaub mir.«
    Der Brustton der Überzeugung, mit dem er es sagte, überraschte Hanna. Ein ungutes Gefühl kroch ihren Nacken hoch. Sie war es so satt, Angst zu haben und sich zu verstecken, war es satt, sich von irgendjemandem manipulieren zu lassen. »Gestern hast du mir gesagt, ich müsste mich entscheiden, auf welcher Seite ich stehe.«
    Er nickte.
    »Ich stehe auf meiner.«
    Ein feines Lächeln huschte über das Gesicht des Kardinals.
    »Außerdem wolltest du mir meine Fragen beantworten.«
    Er neigte den Kopf zur Seite. »Ja, aber erst, wenn du mir meine beantwortet hast.«
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück.
    »Solange sie nichts mit einem gewissen Soldaten zu tun haben.«
    Er öffnete die mitgebrachte Aktentasche und zog eine Mappe hervor, die er aufklappte und in der Fotos zum Vorschein kamen. Er legte das erste Bild auf den Tisch.
    »Dr. Rukia Mutai.«
    Es folgten die nächsten Bilder.
    »Ochuko Mutai.«
    Das Bild einer circa fünfzigjährigen Frau mit kurz geschnittenen grauen Haaren und Brille – »Dr. Frederike Schneider«, ein afrikanisches Mädchen mit geflochtenen Zöpfen knochigem Gesicht und unglaublich großen Augen – »Ifechi«.
    Sie nahm das Bild in die Hand, betrachtete es genauer. Ein schlechtes Foto. Bei dem nächsten Foto zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen.
    »Moswen.« Tränen stiegen in ihre Augen. Wieso steckte dieses Kind so tief in ihrem Herzen, obwohl sie nur so wenige Augenblicke mit ihm geteilt hatte? Neun weitere Fotos von afrikanischen Kindern fanden ihren Weg auf den Couchtisch: »Maalik, Dupe, Saburi, Afya, Tabita, Haiba, Ezeoha, Rabuwa und Tutu.«
    Übelkeit stieg in Hanna auf und sie musste sich beherrschen, damit die Tränen nicht flossen. Sie ballte die Hände zur Faust.
    Nach und nach verteilte ihr Onkel die Bilder auf dem Couchtisch. »Alle diese Menschen sind tot ...«
    »... wegen Lukas Benner«, unterbrach ihn Hanna hart.
    »Wegen Lukas Benner.«
    Er legte ein weiteres Foto mitten auf die ausgebreiteten Bilder. Es musste von einer großen Distanz aufgenommen worden sein und stellte einen Mann im Halbprofil dar. Jemand hatte das Gesicht herangezoomt, was es pixelig machte, sodass man fast nur Konturen erkennen konnte. Zudem trug der Mann, dessen Alter schwer zu schätzen war, einen Hut und eine dunkel getönte Brille.
    »Kennst du den Mann?«
    Zögernd nahm Hanna das Bild zur Hand, als würde sie einen giftigen Skorpion anfassen, vor dessen Stachel sie sich schützen müsste. Sie ließ sich Zeit, studierte, was sie vom Gesicht erkennen konnte. Es sah so aus, als stiege er gerade in ein Auto ein. Sie schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Schau es dir noch mal an.«
    Sie legte es beiseite. »Das habe ich.«
    Enttäuschung zeichnete sich deutlich in seiner Miene ab.
    »Wer ist das?«
    »Konstantin Wolff, Inhaber der Wolff GmbH, eines Unternehmens, das sich mit der Vermittlung von Rüstungsaufträgen an die top fünf deutschen Rüstungskonzerne einen Namen gemacht hat.«
    »Dafür braucht es einen

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