Hannas Wahrheit (German Edition)
Generationen, derzeitiger Geschäftsführer Armin Ziegler, der Stiefvater von Hanna Rosenbaum. Der zweite Geschäftsführer ist Lukas Benner, ihr Schwager. Letzterer war gestern zu einem Gespräch hier vor Ort.“
Oberst Hartmann legte eine Pause ein. Major Wahlstrom spürte, dass er genau beobachtet wurde. Er war gut darin, seine Gefühle zu verbergen. Sein Vorgesetzter schien mit dem was er bei ihm sah nicht zufrieden zu sein, machte aber auch keine Anstalten weiterzureden.
„Ist es denkbar, dass die Anwesenheit von Hanna Rosenbaum bei dem Überfall kein Zufall war?“, stellte Wahlstrom die Frage, die im Raum stand.
„Was denken Sie?“
Major Wahlstrom ließ in einer schnellen Abfolge die ganzen Informationen Revue passieren. Er vertraute seinen Instinkten, das Problem war nur, dass er mit der Zielperson geschlafen hatte, was sein Urteilsvermögen einschränkte. Tief in seinem Innern war er von der Unschuld Hanna Rosenbaums überzeugt, aber er befürchtete, dass das kein analytischer, rationaler Befund war.
„Ich weiß es nicht“, antwortete er ehrlich. Sein Oberst gab sich damit zufrieden.
„Lesen Sie den Bericht in Ruhe zu Ende.“
Erneut vertiefte Wahlstrom sich in die Papiere. Zwischendrin huschte ihm ein Lächeln über die Lippen, bei dem was er sah. Dann veränderte sich seine Stimmung. Er fühlte Ärger in sich hoch kochen über die Unfähigkeit der Männer bei der Überwachung.
„Und ich dachte immer, wir hätten im Polizeidienst gute Leute“, brummte Wahlstrom schließlich.
„Unsere Leute sind gut, aber diese Frau ist besser, zumindest was das Untertauchen in der Stadt betrifft.“
„Der Einsatz war nicht sehr ergiebig.“
„In mancher Hinsicht nein, in anderer Hinsicht vielleicht doch.“
Verwirrt sah er seinen Vorgesetzten an.
„Also gut, es scheint mir, als wären Sie heute nicht in der Lage, meinen Gedanken zu folgen.“ Ein intensiver, prüfender Blick traf Wahlstrom, er konnte ein unangenehmes Kribbeln im Bauch nicht unterdrücken. Wachsamer als bisher folgte er den Worten seines Vorgesetzten.
„Wir sind uns alle derzeit nicht sicher, ob es Zufall war, dass Hanna Rosenbaum sich bei dem Überfall in diesem Dorf befand. Die Bilder sprechen für einen Zufall, die Fakten dagegen. Wir haben beschlossen, diesen Sachverhalt erst einmal als eine Möglichkeit zu werten, den wir zu unserem Vorteil wenden können. Hanna Rosenbaum lebt zurückgezogen und hat wenige soziale Kontakte. Um genau zu sein, beschränken sich ihre Kontakte auf ihre Zwillingsschwester Marie.“
„Zwillingsschwester?“, unterbrach ihn Wahlstrom. Der Oberst schob ihm ein paar Bilder von einer attraktiven, schwarzhaarigen Frau zu. Im Gegensatz zu Hanna Rosenbaum trug sie die Haare lang. Ihre Augen waren blau, erschienen ihm auf den Fotos jedoch weniger intensiv als die von Hanna Rosenbaum. Die Bilder zeigten sie beim Einkaufen, beim Essen in einem Restaurant, auf einer Veranstaltung mit einem gut aussehenden, ebenfalls schwarzhaarigen Typen. Sie war modisch gekleidet, trug kurze Röcke mit hochhackigen Schuhen, die ihre Beine zur Geltung brachten. Auf einem Foto waren die beiden Schwestern beim gemeinsamen Essen zu sehen. Die Ähnlichkeit zwischen den beiden war verblüffend, und doch auch wieder nicht.
Major Wahlstrom stieß einen Pfiff aus. „Jetzt verstehe ich, weshalb mir ihr Passbild so komisch vorkam, das war garantiert die Schwester.“
„Wie kommen Sie darauf?“
„Der Ausdruck in ihrem Gesicht war so anders.“
Nachdenklich runzelte sein Vorgesetzter die Stirn. Eine Weile war es ruhig, schließlich räusperte sich der Oberst.
„Wo waren wir stehen geblieben?“
„Soziale Kontakte.“
„Richtig, da wäre noch die Mutter, und ein paar Mal war sie mit einem gewissen Philip Bornstedt aus, der im Auswärtigen Amt tätig ist.“
Bei der letzten Information spürte Wahlstrom erneut den bohrenden Blick seines Vorgesetzten auf sich. Er versuchte, nicht mal mit einer Wimper zu zucken. Wieder verfiel der Oberst ins Grübeln, schien fast verärgert über das, was er sah oder nicht sah.
„Dieser Bornstedt scheint häufiger in der Familie Ziegler beziehungsweise Benner zu Gast zu sein, er ist ein Neffe der Freundin ihrer Mutter.“
Major Wahlstrom winkte ab. Er hatte keine Lust mehr, etwas von irgendwelchen Freunden von Hanna Rosenbaum zu hören. „Okay, machen Sie weiter.“
„Dann scheint es da noch jemanden zu geben“, fuhr Oberst Hartmann nachdenklich fort. Wahlstrom presste seine Lippen
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