Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hannas Wahrheit (German Edition)

Hannas Wahrheit (German Edition)

Titel: Hannas Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
Vom Netzwerk:
für Afrika. Afrika musste sich selbst von innen heraus erneuern. Seine Aufgabe bestand darin, diesen Prozess zu schützen. Dafür zu sorgen, dass eine Entwicklung stattfinden konnte, frei von äußerer Manipulation.
    Aber es war fast unmöglich, das gute Geld von dem schlechten zu trennen. Bei welchen Unterstützungsprojekten ging es um den Erhalt von westlichen Interessen oder um Profit? Und welche halfen der afrikanischen Bevölkerung, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen? Es war der nie endende Bedarf der westlichen Länder an den Rohstoffen dieses Kontinents, der die Entwicklung der Länder immer wieder blockierte. Deshalb ärgerte er sich auch so sehr, dass ihm die weißen Söldner entkommen waren. Über sie wären sie vielleicht an die Auftraggeber herangekommen. Jeder Auftraggeber, der sich vor einem Gericht für seine Tat verantworten musste, war ein Signal für die anderen, es sich zweimal zu überlegen, bevor sie sich auf ein solches Spiel einließen.
    Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, ließ den Kopf an die Wand sinken und schloss die Augen. Wenn er schon warten musste, dann konnte er sich genauso gut ein wenig ausruhen.
    „Major Wahlstrom.“
    Er schreckte auf und folgte dem Stabsunteroffizier in den Raum. Neben den deutschen Offizieren waren in dem Stab Dänen, Belgier, Italiener, Spanier und Norweger vertreten. Die Anzahl der jeweiligen Nationalitäten im Stab richtete sich nach der Stärke der entsendeten Truppen.
    Wahlstrom trat an den Projektor, das erste Bild von ihrem Einsatz wurde bereits an die Wand geworfen. Er sah kurz in die Runde, bevor er mit seinen Ausführungen zu dem Einsatz in englischer Sprache begann. Nicht zum ersten Mal stand er vor dem Stab; die Kunst bestand darin, möglichst viele Informationen zu geben, ohne sich komplett in die Karten blicken zu lassen.
    Das zunehmende Auftauchen von hervorragend ausgebildeten und bewaffneten Söldnertruppen, die gezielt wirtschaftlich wichtige Ziele angriffen, hatte inzwischen einen Besorgnis erregendes Ausmaß erreicht. Hanna Rosenbaums Bildmaterial war von Oberst Hartmann wohlweislich unter Verschluss gehalten worden. Immer noch versuchte Paul Gerlach, mit einem speziellen Gesichtserkennungsprogramm Aufschluss über die Herkunft der weißen Söldner zu erlangen. Es war nicht ungewöhnlich, dass die Söldnertruppen aus ehemaligen Soldaten der Spezialdienste von den verschiedenen Ländern bestanden. Aus diesem Grund hatte das deutsche Oberkommando beschlossen, erst einmal so wenige Personen wie möglich an diesem Wissen teilhaben zu lassen. Mit einer solchen Vorgehensweise stand Deutschland nicht alleine da. Alle militärischen Einheiten der Länder agierten auf diese Weise. Manchmal fragte er sich, ob sie sich damit nicht viele Chancen verspielten. Er konnte sich nicht vorstellen, dass die Drahtzieher, aus welchem Lager auch immer, genauso nationalistisch dachten.
     
    Das Prekäre an dem Massaker in diesem Dorf war, dass niemand verstand, weshalb es zum Ziel geworden war. Das Dorf war ein Projekt mehrerer Stiftungen aus verschiedenen Ländern, so viel hatten sie bereits herausgefunden. Es war ein Integrationsprojekt für an dem HI-Virus infizierte Menschen und deren Familien. Mehrere dieser Dörfer siedelten sich an einer ärztlichen Station an, die die Medikamente für Therapie verteilte und zugleich Forschung betrieb. Die Übertragung des Virus von schwangeren positiven Müttern bei der Geburt auf ihre Babys war einer der Schwerpunkte dabei. Außerdem gab es eine Langzeitstudie über HIV-positive Kinder. Wie schlugen die Therapien an, und welche Auswirkungen hatten sie auf die Lebenserwartung der Kinder? Daneben gab es keine nennenswerten Rohstoffvorkommen in der Gegend, und die Erdölförderungsanlage, von der er erst angenommen hatte, dass sie das Ziel der Truppenbewegung gewesen wäre, lag zu weit weg von dem Dorf.
    Nach einigen Fragen konnte sich Major Wahlstrom aus der Diskussion zurückziehen. Statt sich in seinen Wohncontainer zu begeben, entschied er sich für ein Krafttraining. Er musste irgendwie seinen Frust loswerden und Hanna Rosenbaum aus dem Kopf bekommen.
     
    Es war die Abfolge der Bilder gewesen, woraus Paul Gerlach eine Art Film erstellt hatte, die ihm die Kaltblütigkeit des gezielten Vorgehens vor Augen geführt hatte. Insgesamt waren es an die vierhundert Fotos gewesen, aufgenommen innerhalb von sieben Minuten. Vor allem am Ende, als die Fotografin ihren Angreifer fixiert hatte, war ihm ein kalter Schauer

Weitere Kostenlose Bücher