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Hannas Wahrheit (German Edition)

Hannas Wahrheit (German Edition)

Titel: Hannas Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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zusammen und unterdrückte einen verärgerten Ausruf. Eine ungewollte Reaktion, die bei seinem Vorgesetzten einen wachsamen Blick auslöste. Unruhig rutschte Major Wahlstrom auf dem Stuhl herum. So unwohl fühlte er sich in der Nähe seines Vorgesetzten sonst nicht. Sein schlechtes Gewissen drückte ihn, dem Befehl von Hartmann nicht gefolgt zu sein. Er hatte seine Finger nicht von der Fotografin gelassen. Er versuchte, wieder ein unbeteiligtes Gesicht zu machen.
    „Am ersten Tag nach ihrer Ankunft war sie erst in ihrer Wohnung, später besuchte sie einen Verein für Kickboxen, und zuletzt entwischte sie ihren Überwachern bei einer Tour durch die Stadt. Sie tauchte erst am nächsten Tag gegen zehn Uhr wieder in ihrer Wohnung auf. Sie schaltete ihren Rechner an und begann zu arbeiten.“
    Wahlstrom hob die Achseln. „Und?“
    „Na ja, kommt Ihnen das nicht komisch vor? Würden Sie nicht erwarten, dass sie sich direkt mit den Fotos beschäftigt und sie für den Artikel von Harald Winter zusammenstellt?“
    „Vielleicht hat sie das bereits auf dem Flug gemacht.“ Seine Gedanken kehrten zurück zu der Nacht mit Hanna Rosenbaum. „Oder im Hotel. Aber ich verstehe noch immer nicht ganz, warum Sie die ganze Aktion nicht als Reinfall betrachten.“
    „Ich denke, dass wir Hanna Rosenbaum für unsere Zwecke benutzen können.“
    Wahlstrom zuckte zusammen. Ein fragender Gesichtsausdruck zeigte sich in dem Gesicht seines Vorgesetzten.
    „Haben Sie damit ein Problem, Major Wahlstrom?“
    Er nahm unwillkürlich Haltung an. „Nein, Oberst Hartmann.“
    „Gut. Hanna Rosenbaum könnte unser Schlüssel zu Medicares sein und uns zu den Drahtziehern hinter diesem Massaker führen. Vielleicht ist das der lose Faden, den wir brauchen, um noch tiefer graben zu können.“
    Normalerweise war Major Wahlstrom ganz gut darin, den Gedankengängen von Oberst Hartmann zu folgen, doch heute bereitete es ihm Schwierigkeiten. Er war sich nicht sicher, ob das an seinem Unwillen lag, Hanna Rosenbaum als eine Verdächtige zu sehen. Genauso wenig behagte ihm die Idee des Obersts, Hanna Rosenbaum für seine Zwecke zu benutzen. Was, wenn sie tatsächlich unschuldig war? Brachten sie sie dann nicht in Gefahr? Er wusste, dass er in seinem Job Risiken einging, und viel zu oft ließen sie sich auch für die Zivilisten nicht vermeiden. Am liebsten hätte er das Thema abgeschlossen, wäre aus dem Raum gegangen und hätte sich einer neuen Krisensituation gewidmet. Möglichst einer, die seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm und keinen Raum für andere Gedanken ließ, dachte er grimmig. Alles in ihm sträubte sich, tiefer in die Untersuchungen verwickelt zu werden. Deutschland war nicht sein Gebiet, das mussten die BKA-Beamten in den Griff bekommen.
    Die Stille wurde greifbar, und als er seinen Blick auf den Oberst richtete, konnte er spüren, dass da noch mehr war. Mehr als er verstand, mehr als sein Vorgesetzter preisgab. Letztlich war es Oberst Hartmann gewesen, der ihn in der Nähe des Hotels aufgegabelt hatte. Er hatte Wahlstrom gesucht, weil der Einsatz um zwei Stunden vorgezogen worden war. Die Informationsauswertung war schneller als erwartet vorangekommen. Major Wahlstrom hatte zwar keine Bereitschaft gehabt, aber meistens hielt er sich im Lager auf. Sie hatten es auf seinem Handy versucht, doch das hatte er ausgeschaltet gehabt. Schließlich wusste er nur allzu gut, dass er mit dem Handy zu orten gewesen wäre. Kein Wort hatte der Oberst darüber verloren. Weder über den Ort, wo er ihn aufgegabelte hatte, noch über sein ausgeschaltetes Handy.
    „Tut mir leid, Oberst Hartmann, aber ich scheine heute etwas begriffsstutzig zu sein. Sie denken, Medicares hätte etwas mit dem Überfall zu tun, obwohl die Stiftung das Dorf finanziert hat?“
    „Exakt erfasst.“
    „Welchen Grund sollte es dafür geben, dass sie eine Söldnertruppe beauftragen, ihre eigene Investition zu zerstören?“ Wahlstrom konnte seine Skepsis in der Stimme nicht verbergen.
    Ein neuerliches Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. Der Oberst lehnte sich zurück, führte die Fingerspitzen aneinander und betrachtete ihn aus schmalen Augen. Er spitzte die Lippen, glättete sie und presste sie zusammen. Schließlich schien er zu einem Entschluss gekommen zu sein.
    „Armin Ziegler ist kein unbeschriebenes Blatt beim BKA. Er hat sich schon häufiger am Rande der Legalität aufgehalten. Aber er hat sie nie überschritten, oder es ließ sich von uns nicht nachweisen.“

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