Hannas Wahrheit (German Edition)
war, dass die Medikamente schließlich den normalen Prozess der Zulassung durchlaufen hatten. Die Auflagen für die Neuzulassungen eines Medikamentes waren seit dem Contergan-Skandal wesentlich verschärft worden.
„Also gut, nehmen wir mal an, es gab Nebenwirkungen bei den Medikamenten, müsste es dann nicht bei anderen Patienten in der Therapie ebenfalls zu diesen Nebenwirkungen gekommen sein?“, lenkte er ein. Hartmann lehnte sich mit einem Lächeln zurück.
„Nicht, wenn es einen Unterschied gibt bei den Medikamenten, die in Deutschland verkauft werden oder aber in Nigeria.“
Leise pfiff Wahlstrom durch die Zähne. „Ich verstehe, die Beweise werden vernichtet, die Medikamente aus dem Verkehr gezogen, die normale Zusammensetzung wird wieder verwendet und schon läuft alles wieder in ordnungsgemäßen Bahnen?“
„So ähnlich.“
„Also brauchen wir nur festzustellen, welches Medikament Medicares hier in Afrika vom Markt nimmt, und schon könnten wir das Unternehmen hochgehen lassen.“
Das Lächeln aus dem Gesicht von Oberst Hartmann verschwand. Düster zog er die Augenbrauen zusammen. „Schön wäre es. Nein, Medicares verkauft nicht selbst auf dem afrikanischen Markt, vielmehr gibt es ein Unternehmen hier, das die Rechte hat, Generika des Medikaments zu verkaufen.“
„Generika?“
„Ja, eine wirkstoffgleiche Kopie des Medikaments, das sich allerdings bezüglich der Hilfsstoffe und Herstellungstechnologien unterscheidet.“
„Also gut, setzen wir uns in Verbindung mit der Leiterin der Forschungseinrichtung und stellen fest, von welcher Firma die Lieferung der Medikamente an Rukia Mutai und ihre Kinder erfolgte.“
Hartmann knirschte mit den Zähnen. „Das würden wir gerne tun, aber zufälligerweise befand sich die Leiterin der Forschungseinrichtung, Dr. Frederike Schneider, genau an diesem Tag in dem Dorf und wurde das einzige weiße Opfer.“
„Aber die Lieferungen werden doch dokumentiert sein?“
„Wir sind gerade dabei, das zu prüfen, doch offenbar gab es einen Virusbefall in den Systemen der Forschungseinrichtung und sie haben es noch nicht wieder geschafft, alles zurückzuholen.“
„Wie praktisch.“ Sarkasmus troff aus Wahlstroms Stimme. Warum sollte der Fall auch einfach zu lösen sein.
Oberst Hartmann nickte. „Ja, da hat jemand ganze Arbeit geleistet. Und nur eines vergessen.“ Fragend hob Wahlstrom die Augenbrauen. „Einen deutschen Journalisten und eine Fotoreporterin.“
„Sie haben doch gesagt, Sie hätten ein Gespräch geführt mit diesem zweiten Geschäftsführer von Medicares, wie hieß er doch gleich?“
„Lukas Benner.“
„Genau.“
Der Oberst verzog das Gesicht, als hätte er in eine saure Zitrone gebissen. „Nichts. Der Mann ist glatt wie ein Aal.“
„Nur nicht so hässlich.“
„Nein, im Gegenteil, ich habe noch niemanden erlebt, der so eitel ist und vor Testosteron nur so strotzt. Ich habe mich sogar gezwungen gesehen, Leutnant Brunner abzuziehen.“ Der Oberst grinste. „Sonst wäre er vermutlich als Eunuch zu seiner Frau zurückgekehrt.“
Wahlstrom konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. An Celine Brunner hatten sich bereits so manche die Zähne ausgebissen. Nur wenig wussten, dass sie lesbisch war.
„Schade, dass ich nicht dabei war.“ Verhöre waren eines von Major Wahlstroms Spezialgebieten.
„Ja, schade. Aber vielleicht gibt es einen anderen Weg.“
Wahlstrom legte den Kopf schief und betrachtete seinen Oberst. „Wie darf ich das verstehen?“ Es sah dem Oberst nicht ähnlich, bei einem Job um den heißen Brei zu reden. Er hatte nicht die blasseste Ahnung, was der Oberst im Sinn hatte.
„Im Grunde ist die ganze Sache simple und reine Routine für Sie. Sie nehmen Kontakt zu Hanna Rosenbaum auf und schleichen sich so in die Familien Ziegler und Benner ein. Dann haben Sie alle Zeit der Welt, Ihr Talent einzusetzen.“
Sprachlos sah Wahlstrom seinen Vorgesetzten an. Verzweifelt suchte er nach einem Hinweis auf einen Scherz, obwohl er wusste, dass der Oberst nicht der Typ dafür war. Nein, es war ernst gemeint.
Also versuchte er es sachlich. „Ich gehöre zum KSK, nicht zum BKA.“
Sein Vorgesetzter lächelte.
„Und sind nicht genau Sie, Major Wahlstrom, ein Verfechter der Kooperation zwischen den einzelnen Institutionen? Gehören Sie nicht zu denjenigen, die immer wieder eifrig darauf hinweisen, dass auch Verbrecherorganisationen nicht vor Grenzen haltmachen?“
„Das ist etwas anderes. Ich bin für so einen Job nicht
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