Hannas Wahrheit (German Edition)
Mutter, dass du bereits alle wichtigen Daten von mir kennst“, schenkte sie ihm gut gelaunt den längsten Satz an diesem Abend.
Er schüttelte lachend den Kopf. „Nein, deine Mutter ist mit Informationen über dich recht zurückhaltend.“
Sie nannte ihm ihre Adresse. Er schaltete sein Navigationsgerät ein und folgte problemlos den Anweisungen. Die Fahrt dauerte nicht lange, dann parkte er und sah sie an.
„Danke für den netten Abend.“ Sie reichte ihm die Hand.
„Können wir das bei Gelegenheit mal wiederholen?“
„Vielleicht.“
„Morgen Abend?“
„Nein.“
„Dienstag?“
Sie betrachtete ihn mit schmalen Augen. Er grinste sie an. „Ich fürchte, wenn ich dich nicht sofort festnagele, sehe ich dich so schnell nicht wieder.“
Das hatte er gut erkannt. Hanna war sich nicht sicher, wie sie mit Philip umgehen sollte. Er war nett, aufmerksam, höflich, er hatte sie nicht bedrängt und sich von ihr nicht abschrecken lassen. Aber Hanna suchte keine Beziehung. Im Grunde genommen ließ sie niemanden nahe genug an sich heran. Selbst für Viktor gab es eine Schwelle, die sie beide nur einmal übertreten hatten.
„Ich bin die nächsten Wochen unterwegs.“
„Du hast einen neuen Auftrag?“
„Ja.“
„Und wohin führt er dich?“
„Alaska.“ Dass es zuerst noch einen anderen Auftrag in Deutschland gab, verschwieg sie.
„Bist du lange weg?“
Sie zuckte mit den Achseln. Sie wollten Aufnahmen von Bären machen, niemand konnte wirklich sagen, wie lange das dauerte.
„Gibst du mir deine Handynummer?“ Er schien nicht der Mann zu sein, der schnell aufgab.
„Ich habe kein Handy.“
„Du kannst es ruhig sagen, wenn ich dir zu aufdringlich bin.“
Sie lachte, seine offene Art war erfrischend. „Das war keine Ausrede. Ich habe kein Handy. Wofür?“
„Na ja, irgendwie musst du doch mit deiner Familie in Kontakt bleiben, wenn du in der Weltgeschichte unterwegs bist. Da wo du herumreist, gibt es bestimmt kein Telefon.“
„Und keinen Handyempfang.“
„Okay, ich gebe mich geschlagen“, seufzte er und sah sie mit einem traurigen Blick an.
„Hast du einen Stift?“
Er klappte sein Handschuhfach auf und streifte dabei wie zufällig ihr Bein. Sie wartete auf eine Reaktion, doch ihr Körper schien auf eine andere Berührung programmiert zu sein.
Sie nahm ihm den Stift aus der Hand. „Und Papier?“ Er reichte ihr eine Visitenkarte von sich. Sie drehte die Karte um, schrieb ihre Telefonnummer und ihre E-Mail-Adresse auf, dann gab sie ihm beides zurück. Er gab ihr eine weitere Visitenkarte, auf deren Rückseite er seine Handynummer notierte.
Bevor er aussteigen und ihr die Beifahrertür aufhalten konnte, war Hanna Rosenbaum bereits aus dem Auto gestiegen und in ihrem Wohnhaus verschwunden.
Nairobi
M ajor Wahlstrom saß vor dem Besprechungsraum und wartete darauf, zum Stab vorgelassen zu werden. Nervös fuhr er sich durch die Haare. Er verstand einfach nicht, weshalb sie bei ihrem Einsatz nicht erfolgreich gewesen waren. Trotz der Fotos von Hanna Rosenbaum, die ihnen Aufschluss über die Bewaffnung der Söldnertruppe gegeben hatten, und trotz der schnellen Ortung der Basis durch Satellitenfotos. Als sie bei ihrem Einsatzort eingetroffen waren, waren nur noch die einheimischen Söldner da gewesen, die ihnen erbitterten Widerstand lieferten. Mindestens vier weiße Söldner waren bei dem Überfall auf das Dorf beteiligt gewesen, so weit hatte Paul Gerlach die Fotos von Hanna Rosenbaum auswerten können. Die Waffen stammten aus Europa, diese Information hatten sie vom nigerianischen Militär erhalten.
Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es gab Momente wie diesen, nach einem misslungenen Einsatz, wo er sich fragte, was für einen Sinn sein Job auf diesem Kontinent machte.
Seine Schwester Lisa, die sich bei „Ärzte ohne Grenzen“ engagierte, hatte Afrika einmal mit einem Körper voller eiternder Wunden verglichen, den alle zu behandeln versuchten. Dabei kamen sie oft nicht über die Behandlung der Symptome hinaus. Die Ursache der Krankheit des Kontinents lag nicht in dessen Kultur, Mentalität oder bei der Korruption, sondern bei den westlichen Ländern mit ihren politischen und vor allem wirtschaftlichen Interessen. Im Grunde kam ihm Afrika noch immer wie ein Kolonialland vor, das fleißig von den Europäern ausgebeutet wurde. Wahlstrom bewunderte einheimische Politiker, die mit Idealismus und Beharrlichkeit versuchten, ihr Land zu befreien. Für ihn lag darin die einzige Chance
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