Hannas Wahrheit (German Edition)
nur noch die Generäle.“
„Interessant.“ Marie nahm ihn genauer in Augenschein. Für einen Moment fühlte er sich wie ein Stück Fleisch, das nach seiner Qualität beurteilt wurde. „Und was machst du hier in Berlin?“
„Das kommt darauf an.“
„Worauf?“ Marie hatte ihr Kinn auf ihre Hand gestützt und musterte ihn unverhohlen.
„Ob du die privaten Gründe wissen willst oder die beruflichen.“
Sie lächelte. „Beides.“
„Hanna“, antwortete er schlicht, löste den Blickkontakt mit Marie und wandte sich ihrer Schwester zu. Diese hatte die Kamera aus dem Rucksack geholt und damit begonnen, Fotos zu machen. Er wusste, es war ihre Art, mit Konfliktsituationen klarzukommen. Hanna Rosenbaum brauchte die Distanz, und er sah die Verletzlichkeit in ihren Augen, weil er auf Marie eingegangen war. Um die Fotos, die sie auch von ihm gemacht hatte, würde er sich später kümmern müssen. Hanna senkte die Kamera und steckte sie in den Rucksack zurück.
„Ich fürchte, da hast du schlechte Karten. Wer es sich einmal mit Hanna verscherzt, der kommt bei ihr nicht wieder auf einen grünen Zweig. Außerdem hat sie bereits einen Freund. Er ist sensibel, aufmerksam, aus gutem Haus und sie kann sich auf ihn verlassen.“
„Hört sich an, als wolltest du Werbung machen.“
Das Handy von Marie unterbrach ihr Gespräch. Es war ihre Assistentin. Marie sah auf die Uhr. „Sag ihm, ich bin in einer halben Stunde im Büro und rufe ihn zurück.“ Sie legte auf. „Hanna, kannst du für mich bezahlen, ich muss zurück ins Büro.“
„Klar.“
„Nett, dich kennengelernt zu haben, Ben.“ Marie entschwand, nachdem sie ihre Schwester auf die Wange geküsst hatte.
„Reife Leistung“, merkte Hanna kalt an. Er zeigte mit der Gabel auf sie.
„Du solltest ehrlicher mit deiner Schwester sein. Außerdem verstehe ich nicht, wie du es zulassen kannst, dass sie mich anmacht, während du dabeisitzt.“
„Das ist mir egal.“
Wahlstrom hatte zu Ende gegessen, legte sein Besteck beiseite und schob den Teller von sich. Dann richtete er seinen Blick auf sie. „Nein, das ist es nicht.“ Hanna Rosenbaum hatte sich ihm geöffnet. Wie viel das bedeutete, verstand er nach seinem Gespräch mit Lisa nun wesentlich besser.
„Arschloch.“
„Ah, ich verstehe. Wenn ich mich recht erinnere, ging die Aktivität nicht von mir aus, sondern von dir. Ich erinnere mich sogar, dass ich dir sagte, dass ich jemandem versprochen hatte, die Finger von dir zu lassen. Also drehe das Ganze nicht um und behaupte, ich hätte dich verführt.“
„Der Trojaner?“
„Den hätte ich dir untergejubelt, auch ohne mit dir zu schlafen.“
Ihre Wangen färbten sich rot, ihre Augen funkelten wie scharf geschliffene Saphire. Er spannte seinen Körper an, bereit für einen Angriff. Entnervt schob Hanna den Teller von sich.
„Was willst du?“
„Das weißt du genau. Ich will die fassen, die verantwortlich sind für die Auslöschung von über fünfzig Menschen. Die zwölf Kinder auf dem Gewissen haben, unschuldige, kleine Kinder.“ Er legte in seine Stimme die Kälte und Unbarmherzigkeit für die Verantwortlichen dieses Angriffes, die er empfand. Sie lehnte sich zurück.
„Und was hat das mit mir zu tun?“
Er lächelte sie an. „Sag du es mir.“ Sie schwieg, und er wusste, sie würde kein weiteres Wort sagen.
Der Kellner kam und fragte nach, ob er die Teller wegräumen konnte. Er sah den halbvollen Teller von Hanna an und erkundigte sich, ob es ihr nicht geschmeckt habe. Sie winkte ab und erklärte mit einem Seitenblick auf ihn, dass ihr nur der Appetit vergangen wäre.
„Belästigt Sie der Herr?“
Für einen Moment war Hanna versucht, es zu bejahen und zu schauen, was dann passiert. Doch ein kurzer Blick auf den jungen Kellner sagte ihr, dass er es nicht verdient hatte, in Schwierigkeiten zu geraten. Also schüttelte sie den Kopf und beruhigte den Kellner damit, dass sie ihn aufforderte, ihr den Nachtisch zu servieren. Und die Rechnung.
„Machen sie alles auf eine“, erklärte Ben Wahlstrom. Der dem Austausch zwischen ihr und dem Kellner doch eher amüsiert gefolgt war.
„Ich zahle selbst.“
„Nein, tust du nicht. Ich habe euch das Mittagessen verdorben, also ist es nur recht und billig, dass ich bezahle.“
„Ich will nichts von dir.“
Er grinste, sah den Kellner an und erklärte mit Nachdruck, dass er die Rechnung begleichen würde. Der junge Mann verdrückte sich, bevor er noch mehr zwischen die Fronten geraten
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