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Hannes - Falk, R: Hannes

Hannes - Falk, R: Hannes

Titel: Hannes - Falk, R: Hannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Falk
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bekommen). Schließlich an der Seite von Walrika, alias Miss Sophie, auf den Stufen des Vogelnestes entschwindend zu den Räumen empor   – und dann fällt der Vorhang. Ja, das hat was.
     
    War am Wochenende bei dir und durfte dich mit Schleimsuppe füttern. Das ist ziemlich langwierig, weil du noch ungeübt bist und dir ständig der Sabber aus dem Mund läuft. Irgendwann ist die Suppe kalt (was scheißegal ist, weil sie auch warm widerlich schmeckt) und wir sind noch lange nicht fertig. Aber mit ein bisschen Geduld kriegen wir das schon hin, mein Freund. Nach einer Weile ist deine Mutter gekommen und hat mir erzählt, dass sie neulich mit dem Schnauzbart geredet hätte. Und der hat wohl gesagt, dass deine Zeit hier im Krankenhaus jetzt langsam rum ist, weil sie da nix mehr für dich machen können. Er hat gesagt, du wärst jetzt ein Pflegefall und müsstest somit in ein Pflegeheim. Jedenfalls könntest du keinen Platz mehr für einen Kranken blockieren, weil du eben nicht mehr krank bist. Der hatte einRiesenglück, dass es Samstag war und er nicht im Haus. Ich glaub, ich hätt ihn sonst aus dem Fenster gehängt. Wie damals, Hannes, weißt du das noch?
    Wir waren so in der vierten oder fünften Klasse und haben die Erstklässler gerne mal aus dem Fenster gehängt. Wenn sie uns genervt haben oder so. Und einmal hatten wir diesen Bauernbuben an den Fußfesseln kopfüber aus dem Fenster hängen und er ist uns einfach aus seinen Gummistiefeln gerutscht. Das war ein Schreck, weißt du das noch, Hannes? Wir hatten ein Riesenglück, dass er bloß in den Flieder fiel. Er hat nur aus der Nase geblutet und hatte ein paar Schrammen, aber wir konnten ihm mit einigen Süßigkeiten ewiges Stillschweigen abkaufen. So hätte ich es gerne mit dem Schnauzbart gemacht. Einfach aus dem Fenster hängen. Im Idealfall, wenn er grad Gummistiefel trägt. Aber leider war er nicht da. Egal.
    Jedenfalls hat deine Mutter gesagt, sie kann dich nicht pflegen. Sie würde den ganzen Tag arbeiten und könne dich nicht so lang alleine lassen. Außerdem müsste sie dringend was verdienen, weil dein Vater mit dem Unterhalt knausert und man ihm durch seine selbstständige Arbeit noch nicht mal was beweisen kann. Sie war ganz schön fertig, Hannes. Aber trotzdem hab ich’s ziemlich scheiße gefunden, dass sie das alles in deiner Gegenwart gesagt hat. Du bist dagelegen und hast an der Wand gekreist. Kein Händedruck, kein Grinsen, kein gar nichts. Ich hab das ganz schön schlimm gefunden, mein Freund.
     
    Na, jedenfalls hab ich davon der Walrika auf dem Balkon erzählt und hab sie gefragt, ob wir den freien Platz vom Flori nicht an dich weitergeben könnten. Sie hat erst maltief an ihrer Zigarette gezogen und überlegt. Dann hat sie gesagt, dass sie zuerst mit dem Jungen reden müsste, was der weiterhin vorhat. Und wenn der Flori nicht ins Vogelnest zurückkommt, ist die Sache auch nicht so einfach, hat sie gesagt. Weil nämlich der Platz auch bezahlt werden muss. Und da deine Eltern ja nicht gerade schwimmen im Geld, müsste eben das Spendenkomitee befragt werden. Das sind halt ein paar Sponsoren, die für solche Fälle aufkommen. Zuallererst müsste sie sich aber selber ein Bild machen von dir, hat sie gesagt, weil wir hier im Vogelnest keine Intensivpflege betreiben können. Sie wird dich die nächsten Tage besuchen und danach entscheiden, ob du fürs Komitee infrage kommst. Also reiß dich zusammen, mein Freund.
    Freitag, 15.12.
    Wir haben den ersten Schnee, Hannes. Es hat gestern Nacht irgendwann mal angefangen zu schneien und ich hab’s nach meinem Rundgang auf dem Balkon bemerkt. Ich bin raus, um eine Zigarette zu rauchen, und da sind diese weißen Flocken vom Himmel runtergefallen und haben sich auf die Welt gelegt. Das war klasse.
    Hab heut früh noch im Vogelnest gefrühstückt. Ich schmiere jetzt immer für die Frau Obermeier die Buttersemmeln. Ich bin es halt so gewohnt und sie freut sich darüber genauso, wie’s die Frau Stemmerle vorher getan hat. Na ja.
     
    Jedenfalls bin ich danach heimgeradelt und der Schnee hat schon richtig geknirscht unter den Reifen. Bin vor derSchicht nachmittags kurz zu dir rein und du bist am Fenster gesessen und hast den Flocken nachgeschaut, die unaufhörlich niedertanzen. Deine Adventskerzen haben gebrannt, und ich war sehr verwundert darüber, weil du nämlich damit alleine warst. War wohl jemand vor mir da, der dann vermutlich das Zimmer unaufmerksam verlassen hat. Hab das gleich so im Schwesternzimmer

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