Hannes - Falk, R: Hannes
verlogene kleine Schlampe ist und ich ihr die Krätze an den Hals wünsch. Danach bin ich gegangen.
Natürlich musste ich jetzt auch die Gegenseite noch hören und bin also zum Kalle geradelt. Der hat es gleich gar nicht mit Ausreden versucht, sondern hat mir klipp und klar gesagt, dass er sich in die Nele verliebt hat. Ich hab ihm bloß eine gescheuert und bin weg.
Hinterher hatte ich das dringende Bedürfnis nach ganz viel Bier und bin ins Sullivan’s. Das war am Samstagabend. Und da saß der Rick am Tresen und hat sich mit deiner Mutter unterhalten, Hannes. Später kam der Wirt dazu, weil der seit hundert Jahren mit deinen und meinen Eltern befreundet ist, und hat ein paar Runden ausgegeben. Jedenfalls hat deine Mutter uns erzählt, dass die Nele das Kind nun nicht mehrrausrücken will, eben wegen deinem Anblick. Dabei hat sie geweint. Dann hat sie erzählt, dass sich dein Vater nicht mehr meldet, Hannes, und noch nicht mal fragt, wie es dir geht. Dabei hat sie auch geweint. Und danach hat sie uns die ganzen alten Geschichten erzählt, die sie und dein Vater gemeinsam mit meinen Eltern erlebt haben, und der Wirt hat heftig mitgeredet. Dabei haben beide geweint. Irgendwann sind wir mit ihr raus und haben sie zum Taxi gebracht.
Anschließend hat der Rick bei mir geschlafen und wir haben STS gehört und alte Fotos angeschaut. Er hat erzählt, dass es ihm so graust, weil er jetzt bald zur Bundeswehr muss. Er hat wohl beim Einstellungstest alle Register gezogen, es hat aber leider nix genützt. Der Typ dort hätte nur gesagt, der Bart muss ab und auch die Haare, und das findet er scheiße. Ich eigentlich nicht, weil er mittlerweile ausschaut wie Jesus Christus, und wenn er dann noch so jämmerlich guckt wie jetzt eben, könnte er gut auf ein Kreuz passen. Wir haben auch noch über dich gesprochen, habe aber kein Wort über die Besuche bei der Nele und dem Kalle verloren. Irgendwann hab ich ihn halt gebeten, wieder zu dir reinzukommen. Er hat den Kopf geschüttelt und gesagt: »Ich kann es nicht, Uli. Ich kann es einfach nicht mehr.«
Mittwoch, 06.12.
Ho, ho, ho! Hatte gestern die Ehre und das ausgesprochene Vergnügen, für unsere Insassen den Nikolaus abzugeben. Und ich muss sagen, es war großartig. Gleichzeitig war es für mich so ’ne Art Generalprobe für den Silvesterabend.Also, ich hab den Nikolaus gemacht, rotgewandet, mit Sack und Rute, und habe jedem der Insassen ein Gedichtlein vorgetragen über seine Schandtaten, das die Walrika zuvor in liebevollen Worten gereimt hatte. Anschließend habe ich Orangen, Nüsse und Schokolade verteilt und war somit der Held. Die Insassen haben applaudiert und die Walrika hat sich gefreut. Egal. Jedenfalls muss ich die Redlich in meinem roten Umhang derart scharf gemacht haben, dass wir später in der Wäschekammer gelandet sind. Und ich muss schon sagen, ich habe wohl in meiner Verkleidung echt gut gewirkt, denn als ich morgens damit ins Krankenhaus kam, waren die Schwestern begeistert. Bin dann eben mit einem »Hohoho« zu dir rein und du hast gegrinst. Hast deinen wackeligen Kopf zu mir hergedreht und hast gegrinst.
Übrigens hat dir deine Mutter einen Adventskranz auf den Tisch gestellt und wir haben die erste Kerze angezündet. Später ist ’ne Schwester reingekommen und hat gesagt, ich soll die verdammte Kerze ausblasen, wenn ich geh, sonst fackelt das ganze Krankenhaus ab.
Ach ja, und ich hab meine Eltern in Spanien angerufen und ihnen erzählt, dass sich dein Vater nicht meldet und dass deine Mutter deswegen ziemlich fertig ist. Mein Vater hat dann gesagt, er wird den deinen anrufen dort in Gelsenkirchen und wird ihm mal die Meinung posaunen. Sonst gab’s aber eher wieder Blabla, was ja nicht neu ist, aber egal, weil der eigentliche Grund meines Anrufes hatte sein Ziel ja bereits erreicht.
Im Vogelnest haben wir wieder einen Neuzugang bekommen, wieder eine ältere Dame, reizend, wirklich, und sie hat jetzt das Zimmer von der Frau Stemmerle. Da ich aber aus den schmerzhaften Geschehnissen mit der Frau Stemmerleein gebranntes Kind bin, werde ich keinesfalls ein weiteres Mal so viel Nähe zulassen, dass es hernach wieder wehtut. So, das war’s für heute, muss jetzt meine Runde drehn.
Montag, 11.12.
Hallo Hannes,
hab grade eifrig meinen Text für Silvester geübt und muss sagen, ich werd immer besser. Ja, ich geh richtig auf in der Rolle. Ich, als James, sturzbesoffen, hundertmal über einen Bärenschädel fallend (leider konnten wir keinen Tiger
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