Hanni und Nanni - Nannis neue Freundin (German Edition)
probierte den ersten Schlüssel. Er passte nicht. Jenny zog den zweiten aus der Tasche. Nach einigem Ruckeln drehte er sich im Schloss.
Kichernd schoben sich die Mädchen eine nach der anderen durch die Tür und schlossen sie sorgfältig hinter sich ab. Katrin drehte den Lichtschalter an. Eine trübe Lampe leuchtete ihnen den Weg die Treppe hinunter.
Der Internatskeller bestand aus großen, weiß gekalkten Gewölben. Vom Hauptgewölbe ging eine Reihe schwerer Holztüren ab. Hinter einer fanden die Freundinnen Briketts, hinter einer anderen alte Schulbänke, hinter einer dritten Gartenmöbel.
Zum großen Bedauern der Freundinnen herrschte überall allergrößte Sauberkeit. Nicht einmal ein paar unbewohnte Spinnennetze waren in den Ecken zu entdecken.
„Da sieht man mal, dass zu viel Sauberkeit auch schaden kann“, bemerkte Jenny stirnrunzelnd.
Hinter der nächsten Tür fanden sie die Vorräte: Kartoffeln, Gemüse, Nudeln, Säcke voller Zucker und Mehl, Getränke und Regale voller Konserven. Auch hier war es picobello. Von Krabbeltieren keine Spur.
„Die Hausmutter scheint mir ein ganz schöner Putzteufel zu sein“, bemerkte Hanni.
„Aber muss so eine Putzteufeligkeit bis in die hintersten Winkel eines Kellers reichen?“, moserte Jenny. „Kein Wunder, dass die Hausmädchen über die viele Arbeit jammern.“
Vor einer schweren Holztür, wo es leicht muffig roch, wurden die Mädchen endlich doch fündig. In den Türritzen hatten sich ein paar Kellerasseln versteckt. Diese Tür war verschlossen. Das riesige Schlüsselloch erinnerte an ein uraltes Burgtor.
„Unheimlich“, fand Katrin.
„Bestimmt passt der riesige Schlüssel in diese Tür“, meinte Jenny. Sie bekam glänzende Augen. „Zu gern würde ich sehen, wie es da weitergeht. Wir müssten nur den Schlüssel von oben holen und …“
„Ohne mich“, wehrte Katrin ab. „Ich habe keine Lust, dass unser Geheimnis doch noch herauskommt, nur weil du Detektiv spielen willst!“
Jenny zog ein Gesicht. „Schade! Ich wüsste so gern, was sich dahinter verbirgt.“
Die Mädchen machten sich an die Arbeit. Mit kleinen Stöckchen sammelten sie die Krabbeltiere auf. Irgendwann hatte auch die letzte Kellerassel den Weg in das Schraubglas gefunden. Hoffentlich würde ihre Beute die Fledermäuse für ein paar Tage satt machen. Aber für den langen Winter, der den Tieren noch bevorstand, brauchten sie eine bessere Lösung.
„Übrigens kann ich mir schon denken, wohin die Holztür führt“, meinte Katrin, als sie zur Treppe zurückgingen. „Es gibt genauso eine Holztür im Eiskeller.“
„Spannend!“, fand Jenny.
„Du meinst, es gibt eine unterirdische Verbindung zum Eiskeller?“, fragte Hanni.
„Kann ich jetzt nicht bitte doch den Schlüssel holen?“, bettelte Jenny.
Aber Katrin war strikt dagegen. Und so fügte sich Jenny schließlich. Katrin hatte recht. Das Geheimnis der Fledermäuse zu bewahren war wichtiger als dieses kleine Abenteuer.
Abgehängt
Hanni und Nanni waren zwar Zwillinge, aber sie hielten nichts davon, jeden Schritt gemeinsam zu machen und eifersüchtig aufeinander aufzupassen. Hanni ärgerte sich über sich selbst, wenn wegen Olivia ungute Gefühle in ihr hochstiegen.
Aber als Hanni an diesem Abend in ihr Zimmer kam, stockte sie. Nanni und Olivia saßen gemeinsam auf Olivias Bett. Einträchtig betrachteten sie einen Bildband über London. Auf den ersten Blick glichen sie einander wie ein Ei dem anderen. Olivia trug genau denselben beigen Strickpullover, den ihre Mutter Nanni geschenkt hatte. Der Pony fiel ihnen ins Gesicht. Beide trugen eine rosafarbene Jeans. Und beide hatten ihren Zopf mit den blauen Haarspangen hochgebunden. Die zwei wirkten wie allerbeste Freundinnen oder eben wie – Zwillinge.
Das Strahlen auf Hannis Gesicht erlosch.
„Hallo“, grüßte sie knapp und begann in ihrem Schrank herumzuräumen. Nanni sollte nicht sehen, dass ihr Tränen in die Augen getreten waren.
„Hallo Hanni“, grüßte Nanni zurück. „Weißt du schon, dass Frau Walker die Arbeitsgruppen für die Wandbehänge neu zusammengestellt hat?“
Hanni fuhr ungläubig herum. „Was?“
„Ich arbeite jetzt mit Nanni zusammen, hat Frau Walker gesagt“, nickte Olivia. „Ich bin ja noch neu in der Klasse. Und Nanni ist furchtbar geschickt in Handarbeiten …“
„Und allein verläufst du dich, wenn du zum Zeichensaal musst, oder wie?“, entfuhr es Hanni.
Nanni sah ihre Schwester erzürnt an. „Hast du etwas gegen Olivia?“,
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