Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising
Ihnen einen entsprechenden Beleg dafür aus. Finden Sie mir diesen ›Kopnik‹, Monsieur Leet, und Sie ersparen sich möglicherweise eine Menge Unannehmlichkeiten.«
»Kopnik ist tot, Monsieur l’Inspecteur. Er war mein Teilhaber. Deshalb hieß die Galerie ursprünglich ›Kopnik und Leet‹. Obwohl ›Leet und Kopnik‹ eindeutig besser geklungen hätte.«
»Haben Sie seine Geschäftsunterlagen?«
»Möglicherweise hat sein Anwalt sie noch.«
»Suchen Sie nach ihnen, Monsieur Leet. Und suchen Sie gründlich. Ich möchte wissen, wie dieses Bild von Burg Lecter in die Galerie Leet gelangt ist.«
»Lecter?«, fragte Leet. »Heißt so nicht der Junge, der diese Zeichnungen macht?«
»Ja.«
»Ganz außergewöhnlich«, sagte der Galerist.
»Ja, außergewöhnlich«, erwiderte Popil. »Packen Sie mir das Gemälde bitte ein.«
Zwei Tage später erschien Leet mit einer Mappe voller Unterlagen im Polizeipräsidium am Quai des Orfèvres. Inspektor Popil hatte veranlasst, ihn zunächst eine Weile in der Nähe der Tür mit der Aufschrift ›Verhör 2‹ auf dem Flur sitzen zu lassen, wo die von dumpfem Klatschen und lauten Schreien untermalte Vernehmung eines Mannes vorgenommen wurde, den man einer Vergewaltigung verdächtigte. In dieser Atmosphäre schmorte der Galerist fünfzehn Minuten lang in seinem Saft, bevor ihn Popil in sein Büro rufen ließ.
Leet händigte ihm einen Kaufbeleg aus, aus dem hervorging, dass Kopnik den Guardi für achttausend englische Pfund von einem gewissen Emppu Makinen gekauft hatte.
»Finden Sie das etwa überzeugend?«, fragte Popil. »Ich jedenfalls nicht.«
Der Kunsthändler räusperte sich und blickte zu Geschlagene zwanzig Sekunden verstrichen.
»Der Staatsanwalt kann es gar nicht erwarten, ein Strafverfahren gegen Sie zu eröffnen, Monsieur Leet. Er ist ein Calvinist von der strengsten Sorte, wussten Sie das?«
»Das Gemälde war ...«
Popil hob die Hand, um ihm Schweigen zu gebieten. »Vorerst möchte ich, dass Sie Ihr Problem vergessen. Gehen Sie einfach einmal davon aus, dass ich mich in dieser Angelegenheit für Sie verwenden könnte, wenn Sie das wollen. Ich möchte, dass Sie mir helfen. Ich möchte, dass Sie sich das hier einmal ansehen.« Er reichte Leet einen Packen eng beschriebener zwiebelschalenfarbener Behördenformulare. »Das ist die Liste der Objekte, die die Kunstraubkommission von der Sammelstelle in München nach Paris bringen lassen möchte. Lauter Beutekunst.«
»Die im Jeu de Paume ausgestellt werden soll.«
»Ja, Personen, die Ansprüche auf die Kunstwerke geltend machen wollen, können sie dort besichtigen. Sehen Sie mal auf die zweite Seite, etwa in der Mitte. Ich habe es eingekreist.«
»Die Seufzerbrücke , Bernardo Bellotto, sechsunddreißig auf dreißig Zentimeter, Öl auf Karton.«
»Kennen Sie dieses Gemälde?«, fragte Popil.
»Ich habe natürlich davon gehört.«
»Wenn es echt ist, wurde es aus Burg Lecter gestohlen. Sie wissen, es wird immer in einem Atemzug mit einem anderen berühmten Gemälde von der Seufzerbrücke genannt.«
»Ja, mit dem von Canaletto. Die beiden Bilder wurden am selben Tag gemalt.«
»Es wurde ebenfalls aus Burg Lecter entwendet, wahrscheinlich zum selben Zeitpunkt und von derselben Person gestohlen«, sagte Popil. »Wie viel mehr würden die Bilder bringen, wenn Sie sie zusammen verkaufen könnten und nicht nur jedes einzeln?«
»Viermal so viel. Kein halbwegs vernünftiger Mensch würde sie voneinander trennen.«
»Demnach wurden sie aus Unwissenheit oder zufällig getrennt. Zwei Gemälde von der Seufzerbrücke. Wenn die Person, die sie gestohlen hat, das eine Bild noch hätte, würde sie dann nicht das andere unbedingt zurückhaben wollen?«, fragte Popil.
»Auf jeden Fall.«
»Das Gemälde wird sicher für einiges Aufsehen sorgen, wenn es im Jeu de Paume hängt. Sie werden mich zu der Ausstellung begleiten, und dann werden wir sehen, wer dort alles auftaucht und Interesse an den Bildern zeigt.«
30
Dank ihrer Einladung erhielt Lady Murasaki schon Zutritt zum Museum Jeu de Paume, bevor die anderen Besucher Einlass fanden. Eine beträchtliche Menschenmenge wartete in den Tuilerien ungeduldig darauf, sich die über fünfhundert gestohlenen Kunstwerke anzusehen, die von der Alliierten Kommission für Baudenkmäler, Kunstwerke und Archive von der zentralen Sammelstelle in München nach Paris gebracht worden waren, damit sie dort an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben werden konnten.
Einige der
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