Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Titel: Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
Vom Netzwerk:
sich ihm mit einem Stock in der Hand zu nähern. Zurückzuführen war das darauf, dass er als junges Fohlen einmal vom tobenden Koch aus dem Gemüsegarten der Burg vertrieben worden war.
    Hätte Dortlich keinen bleibeschwerten Schlagstock in der Hand gehabt, als er unter den Bäumen hervorkam, hätte ihn Cesar möglicherweise ignoriert. Aber so schnaubte das Pferd und trottete, das Seil die Stufen der Eingangstreppe hinunterziehend, ein paar Schritte von dem Mann fort, bevor es sich zu ihm umdrehte.
    Dortlich zog sich wieder unter die Bäume zurück und verschwand im Wald. Er entfernte sich etwa hundert Meter vom Jagdhaus und blieb inmitten von brusthohen tautropfenden Farnen stehen, wo er von den leeren Fenstern des Jagdhauses aus nicht zu sehen war. Er holte seine Pistole heraus und schob ein Magazin in die Kammer.
    Etwa vierzig Meter hinter dem Jagdhaus stand ein mit Schnörkeln verziertes Aborthäuschen im viktorianischen Stil. Der entlang dem Weg dorthin gepflanzte Thymian war inzwischen wild wuchernd hochgeschossen, und die Hecken, die das Aborthäuschen den Blicken vom Jagdhaus entziehen sollten, waren über dem schmalen Weg zusammengewachsen. Dortlich konnte sich nur mit Mühe hindurchzwängen. Zweige und Blätter piksten ihn unter dem Kragen und schnellten an seinem Hals entlang, aber wenigstens war das Geäst der Hecke so geschmeidig, dass es nicht knackte.
    Er hielt sich den Schlagstock vors Gesicht und schob sich leise zwischen den Zweigen hindurch. In einer Hand den Knüppel, in der anderen die Pistole, machte er zwei Schritte auf ein Fenster an der Seite des Jagdhauses zu, als wie aus heiterem Himmel eine Schaufel mit solcher Wucht gegen seine Wirbelsäule krachte, dass schlagartig alles Gefühl aus den Beinen wich. Aus seiner Pistole löste sich ein Schuss, der Schmutz spritzend in den Boden fuhr, seine Beine knickten unter ihm ein, und gleichzeitig traf das Schaufelblatt mit einem metallischen Ton seinen Hinterkopf, und er spürte noch einen Moment lang taunasse Grashalme an seinem Gesicht, bevor sich tiefe Dunkelheit über ihn breitete.

    Vogelgezwitscher, Gartenammern, die sich in den Bäumen sammelten und sangen, die Morgensonne gelb auf dem hohen Gras, das da, wo Hannibal und Cesar gegangen waren, umgeknickt war.
    Hannibal stand etwa fünf Minuten mit geschlossenen Augen gegen den ausgebrannten Panzer gelehnt. Dann wandte er sich der Badewanne zu und verrückte die Blütenranken gerade so weit, dass er Mischas Überreste darin sehen konnte. Es hatte etwas seltsam Tröstliches für ihn, zu entdecken, dass sie noch alle ihre Milchzähne hatte – so löste sich wenigstens eine grauenhafte Vorstellung auf. Er pflückte ein Lorbeerblatt aus der Wanne und warf es weg.
    Von den Schmuckstücken auf dem Herd suchte er eine Brosche aus, die an der Brust seiner Mutter gesehen zu haben er sich erinnern konnte, eine Reihe von Brillanten, zu einer Möbiusschleife verschlungen. Er nahm ein Band von einem Medaillon und befestigte die Brosche da, wo Mischa ein Band im Haar getragen hatte.
    Auf einem idyllischen, nach Osten blickenden Hang über dem Jagdhaus hob er ein Grab aus und kleidete es mit allen Feldblumen aus, die er finden konnte. Er stellte die Wanne in das Grab und deckte sie mit Dachziegeln zu.
    Er stand am Kopfende des Grabs. Auf den Klang seiner Stimme hin hörte Cesar zu weiden auf und hob den Kopf.
    »Mischa, wir finden Trost in dem Wissen, dass es keinen Gott gibt; dass du nicht im Himmel versklavt bist, um dort auf immer Gott in den Arsch kriechen zu müssen. Was du hast, ist besser als das Paradies. Du hast segensreiches Vergessen. Du fehlst mir jeden Tag.«
    Hannibal schüttete das Grab zu und klopfte mit den Händen die Erde fest. Dann bedeckte er es mit Tannennadeln, Blättern und Zweigen, bis die Stelle nicht mehr vom umgebenden Waldboden zu unterscheiden war.

    In einer kleinen Lichtung, ein Stück vom Grab entfernt, saß Dortlich geknebelt und an einen Baum gebunden. Hannibal und Cesar gingen zu ihm.
    Hannibal ließ sich neben dem Leutnant auf den Boden nieder und begann, den Inhalt seines Rucksacks zu durchsuchen. Eine Landkarte und Autoschlüssel, ein Armeebüchsenöffner, ein belegtes Brot in einem Wachstuchbeutel, ein Apfel, ein frisches Paar Socken und eine Geldbörse. Aus der Geldbörse nahm er einen Ausweis und verglich die Angaben darauf mit denen auf den Hundemarken aus dem Jagdhaus.
    »Herr ... Dortlich. Im Namen meiner verstorbenen Familie und auch meinerseits möchte ich Ihnen

Weitere Kostenlose Bücher