Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hannibal

Hannibal

Titel: Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
Vom Netzwerk:
ansehnliches Skelett kam zum Vorschein. Dr. Lecter untersuchte es kurz. Eine Kugel hatte die falsche Rippe oberhalb der Leber durchschlagen, und es gab eine eingedrückte Stelle und ein Einschußloch in der oberen linken Stirnpartie. Der Schädel, moosbewachsen, verstopft und nur teilweise freiliegend, wies die ausgeprägten, hochangesetzten Wangenknochen auf, die er schon einmal gesehen hatte. »Die Erde läßt nicht viel übrig«, sagte Mr. Greenlea. Verrottete Hosenreste und die Fetzen eines
Cowboyhemds hingen an den Knochen des Toten. Die Perlmuttknöpfe des Hemdes waren durch die Rippen gefallen. Ein Cowboyhut, ein Triple-X-Beaver im Fort-Worth-Stil, ruhte auf der Brust des Toten. Die Krempe wies eine Einkerbung, der Hut selbst ein Loch auf. »Haben Sie den Verstorbenen gekannt?« fragte Dr. Lecter. »Wir haben nur diese Leichenhalle gekauft und mit unserer Gruppe 1989 den Friedhof übernommen«, sagte Mr. Greenlea. »Ich lebe hier zwar vor Ort, aber die Zentrale unserer Firma ist in St. Louis. Sollen wir versuchen, die Kleidung zu retten? Ich kann Ihnen aber auch einen Anzug zur Verfügung stellen, ich glaube jedoch nicht -« »Nein«, sagte Dr. Lecter. »Säubern Sie die Knochen, keine Kleidung mit Ausnahme des Hutes, der Gürtelschnalle und der Stiefel; packen Sie die kleinen Hand- und Fußknochen in eine Tüte, und bündeln Sie sie zusammen mit dem Schädel und den längeren Knochen in ihr bestes seidenes Leichentuch. Sie müssen sie nicht eigens auslegen, sorgen Sie nur dafür, daß sie vollzählig sind. Deckt der Stein, so ich Ihnen den überlasse, die Kosten der Graböffnung?« »Ja. Wenn Sie bitte hier unterschreiben wollen, dann gebe ich Ihnen noch die Kopien der anderen Formulare hier«, sagte Mr. Greenlea, noch immer im Hochgefühl, daß er einen Sarg verkauft hatte. Die meisten Bestattungsunternehmer, die ihn wegen eines Leichnams aufsuchten, hätten die Knochen in einem Karton abtransportieren lassen und der Familie auf eigene Rechnung einen Sarg verkauft. Dr. Lecters Exhumierungspapiere waren in perfekter
Übereinstimmung mit dem Texas-Health-and-Safety-Gesetz, Sektion 711.004, was er nur zu genau wußte, da er doch selbst alle erforderlichen Formulare über die schnelle Suchhilfe der mit der Website der Texas Association of Counties vernetzten Strafrechtsbibliothek im Faksimile heruntergeladen hatte. Die zwei Arbeiter, dankbar für die hydraulische Hebebühne des von Dr. Lecter gemieteten Trucks, rollten den neuen Sarg in Position und zurrten ihn neben dem einzigen anderen Gegenstand in dem Truck, einer Garderobe aus Pappe, am Anhängerblock fest. »Was für eine ausgezeichnete Idee, einen eigenen Schrank mit sich zu führen. Verhindert, daß Ihre Kleidung für feierliche Anlässe in einem Koffer zerknittert wird, habe ich recht?« sagte Mr. Greenlea. In Dallas entnahm der Doktor der Garderobe einen Bratschenkoffer und legte das in Seide geschlagene Knochenbündel hinein. Der Hut paßte hervorragend in die Ausbuchtung am unteren Ende, wo der Schädel gut gepolstert lag. Er entledigte sich des Sarges auf dem Fish-Trap-Friedhof. Seinen Mietwagen gab er am Dallas-Fort Worth Airport zurück, wo er auch den Bratschenkoffer direkt nach Philadelphia eincheckte.

VI. DENKWÜRDIGE AUGENBLICKE IM KALENDER DES GRAUENS

KAPITEL 69
    Am Montag mußte Clarice Starling die am Wochenende gekauften Delikatessen und Spezialitäten überprüfen, und ihr Computersystem hatte Macken, so daß sie die Hilfe eines Computerspezialisten der Abteilung Technik in Anspruch nehmen mußte. Selbst wenn man die Liste auf das Wesentliche beschränkte und sich auf zwei oder drei ganz besondere Weinsorten bei fünf Winzern, auf die beiden einzigen amerikanischen Foie-gras -Lieferanten und auf fünf Feinkosthändler konzentrierte, war die Anzahl der Käufe enorm. Die Anrufe von einzelnen Spirituosenläden, die die im
Rundschreiben angegebene Telefonnummer wählten, mußten per Hand eingegeben werden. Gestützt auf die Identifikation Dr. Lecters als dem Mörder des Bogenjägers in Virginia, reduzierte sie die Liste nochmals auf die Käufe an der Ostküste, davon ausgenommen war nur die Firma Sonoma mit ihrer Foie gras. Fauchon in Paris weigerte sich zu kooperieren. Aus dem, was man ihr bei »Vera dal 1926« am Telefon erläuterte, wurde Starling nicht schlau, und sie sandte deshalb ein Fax an die Questura mit der Bitte um Unterstützung, sollte Dr. Lecter weiße Trüffeln in Florenz ordern. Am Ende des Arbeitstages, am Montag, dem 17.

Weitere Kostenlose Bücher