Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hannibal

Hannibal

Titel: Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
Vom Netzwerk:
Starling, sag ihnen, daß du alles selbst auf Band aufzeichnen willst. Der IG hat noch nichts von unterschriebenen eidesstattlichen Erklärungen gehört. Lonnie Gains haben sie damit reingeritten. Sie zeichnen zwar auf, was du sagst, doch hin und wieder ändert es sich, nachdem du es gesagt hast. Außerdem bekommst du niemals eine Abschrift zu Gesicht.« Als Starling Jack Crawford anrief, klang er, als ob sie ihn gerade aus dem Schlaf gerissen hätte. »Ich weiß nicht, was sich da zusammenbraut, Starling«, sagte er. »Ich hör’ mich mal um. Aber eines weiß ich ganz bestimmt, daß ich morgen dasein werde.«

KAPITEL 71
    Es ist Morgen, und der gepanzerte Betonkäfig des Hoover Building brütet unter einem milchigtrüben Himmel. Im Zeitalter der Autobomben sind der Fronteingang und der Hof an den meisten Tagen geschlossen. Zudem ist das Gebäude von einem Ring alter Bureau-Fahrzeuge umstellt, die eine improvisierte Crash-Barriere abgeben sollen. Die Stadtpolizei, auf eine hirnlose Praxis eingeschworen, verpaßt manchen der Fahrzeuge Tag für Tag Strafzettel. Die Bündel wachsen und wachsen unter den Scheibenwischern. Hin und wieder reißt sie der Wind los und treibt sie die Straße hinunter. Ein Obdachloser, der sich über dem Gitter eines Abluftkanals auf dem Bürgersteig wärmte, rief Starling etwas zu und hob die Hand, als sie vorbeiging. Eine Seite seines Gesichts war orange von dem in Notaufnahmen gebräuchlichen Betaisodona. Er streckte ihr einen ausgefransten Styroporbecher entgegen. Starling fischte in ihrem Portemonnaie nach einem Dollar und gab ihm, während sie sich in die warme, abgestandene Luft und den Dampf beugte, dann schließlich doch zwei. »Alles Gute«, sagte er. »Das kann ich brauchen«, sagte Starling. »Jede noch so kleine Ermutigung hilft.« Starling holte sich einen großen Kaffee bei »Au Bon Pain« auf der zur Tenth Street hin gelegenen Seite des Hoover Building, wie sie das über die Jahre so viele Male getan hatte. Sie brauchte den Kaffee nach der unruhigen Nacht, wollte aber nicht während der Anhörung auf die Toilette gehen müssen. Sie beschloß, nur die Hälfte zu trinken. Sie sah Crawford durch die Scheibe des Cafes und holte ihn auf dem Bürgersteig ein. »Wollen wir uns den großen Kaffee teilen, Mr. Crawford? Die geben mir noch einen zweiten Becher.« »Entkoffeiniert?« »Nein.« »Dann lieber nicht, ich bekomme sonst Herzrasen.« Er sah kränklich und alt aus. Ein Tropfen klarer Flüssigkeit hing ihm von der Nasenspitze. Sie traten aus dem Fußgängerstrom heraus, der auf den Seiteneingang der FBI-Zentrale zuströmte. »Ich habe keine Ahnung, was es mit diesem Treffen auf sich hat, Starling. Soweit ich es herausfinden konnte, ist niemand sonst von der Feliciana-Schießerei vorgeladen. Ich werde bei Ihnen sein.« Starling reichte ihm ein
Papiertaschentuch, und dann tauchten sie in den stetig dahinfließenden Strom der Frühschicht ein. Starling hatte den Eindruck, daß das Büropersonal ungewöhnlich schick aussah. »Neunzigjähriges Jubiläum des FBI, Bush läuft hier heute ein und hält eine Rede.« Vier Übertragungswagen mit Satellitenschüssel parkten in der Seitenstraße. Ein Kamerateam von WFUL-TV hatte sich auf dem Bürgersteig breitgemacht und filmte einen jungen Mann mit Messerhaarschnitt, der in ein Handmikrofon sprach. Ein Produktionsassistent, den man auf dem Dach eines Vans postiert hatte, sah Starling und Crawford in der Menge auf den Eingang zugehen. »Da ist sie, die in dem marineblauen Regenmantel ist es«, rief er von oben herunter. »Ich liebe den Geruch von frischem Napalm am Morgen«, sagte der Messerhaarschnitt. »Rolling.« Das Kamerateam verursachte in dem Menschenstrom eine Stockung, als sie versuchten, Starlings Gesicht vor die Kamera zu bekommen. »Special Agent Starling, ein Kommentar zur Untersuchung des Feliciana-Fischmarkt-Massakers? Ist der Untersuchungsbericht schon draußen? Werden Sie wegen fünffacher Tötung angeklagt?« Crawford nahm seinen Regenhut ab und gab vor, seine Augen vor dem grellen Licht der Strahler zu schützen, dabei gelang es ihm, für einen Augenblick die Linse der Kamera zu verdecken. Erst die Sicherheitsschleuse hielt die TV-Crew auf. Die Hurensöhne haben einen Tip bekommen. Als sie durch die Schleuse hindurch waren, hielten sie in der Halle inne. Der Nieselregen draußen hatte Starling und Crawford mit winzigen Wassertröpfchen benetzt. Crawford schluckte eine Ginkgo-Biloba-Tablette ohne Flüssigkeit. »Starling, ich

Weitere Kostenlose Bücher