Hannibal
und alles daransetzt, daß das FBI den Absichten Vergers in die Hände spielt. Ich glaube, daß Deputy Assistant Inspector General Paul Krendler einen finanziellen Vorteil für sich sucht, und ich glaube, daß er dabei bewußt mich und meine Karriere zerstört, nur um dieses Ziel zu erreichen. Bereits in der Vergangenheit hat sich Mr. Krendler mir gegenüber unangemessen verhalten, und er tut es heute wieder, aus reiner Bosheit wie auch aus finanziellem Eigennutz. Noch in dieser Woche hat er mich eine >Maisbrot-Pussy< genannt. Ich fordere Mr. Krendler vor diesem Gremium auf, sich mit mir zusammen einem Lügendetektortest zu unterziehen. Wir können es sofort tun.« »Special Agent Starling, seien Sie froh, daß Sie heute nicht unter Eid stehen -«, begann Krendler. »Vereidigen Sie mich doch. Das gleiche gilt dann aber auch für Sie.« »Es sei Ihnen versichert, sollte sich der Vorwurf nicht bewahrheiten, haben Sie Anspruch auf volle Rehabilitierung ohne juristische Nachteile«, sagte Krendler in freundlichstem Ton. »In der Zwischenzeit beziehen Sie Ihr Gehalt weiter, verbleiben in der Versicherung und sind krankenversichert. Die Suspendierung vom Dienst stellt an sich keine Bestrafung dar, Agent Starling, nutzen Sie sie zu Ihrem Vorteil«, sagte Krendler und gab seiner Stimme einen privatvertraulichen Ton. »Genaugenommen könnten Sie Ihre Auszeit dazu verwenden, endlich einmal diesen Dreck aus ihrer Wange entfernen zu lassen. Ich bin mir sicher, daß ärztliche -« »Das ist kein Dreck«, sagte Starling. »Es ist Schießpulver. Kein Wunder, daß Sie es nicht erkannt haben.« Der Federal Marshai hielt ihr die Hand entgegengestreckt und wartete. »Es tut mir leid, Starling«, sagte Clint Pearsall, ihre Ausrüstung in seinen Händen. Sie schaute ihn an und wandte sich ab. Paul Krendler pirschte sich an sie heran, als die anderen Männer warteten, um dem Diplomaten beim Verlassen des Raumes den Vortritt zu lassen. Krendler setzte gerade an, etwas Vorbereitetes zwischen den Zähnen zu murmeln: »Du bist doch viel zu alt, um noch mit deinem Daddy zu vögeln, selbst -« »Gestatten Sie.« Es war Montenegro. Der großgewachsene Diplomat hatte sich von der Tür abgewandt und war auf sie zugekommen. »Sie gestatten doch«, wiederholte Montenegro und schaute Krendler in die Augen, bis dieser mit einem verquälten Gesichtsausdruck von ihr abließ. »Daß Ihnen das widerfahren mußte, tut mir sehr leid«, sagte er. »Ich hoffe, daß Sie unschuldig sind. Ich verspreche Ihnen, ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit die Questura in Florenz herausfindet, wie diese inserzione, diese Anzeige, in La Nazione bezahlt wurde. Falls Sie daran denken, in ... innerhalb meines Einflußbereichs in Italien Nachforschungen anzustellen, geben Sie mir bitte Bescheid, und ich werde Sie unterstützen.« Montenegro reichte ihr seine Karte aus edlem Papier mit elegantem Aufdruck. Als er den Raum verließ, schien er Krendlers ausgestreckte Rechte nicht zu bemerken. Reporter, denen man wegen der bevorstehenden
Jubiläumsfeierlichkeiten den Zutritt durch den Haupteingang gestattet hatte, drängten sich im Hof. Ein paar von ihnen schienen zu wissen, nach wem sie Ausschau halten mußten. »Müssen Sie mich am Ellbogen festhalten?« fragte Starling den Federal Marshai. »Nein, Ma’am, das muß ich nicht«, antwortete er und bahnte ihr einen Weg durch den Wald aus Mikrofongalgen und das Gewirr hektisch zugerufener Fragen. Diesmal schien Freund
Messerhaarschnitt über das Thema bestens unterrichtet zu sein. Die Fragen, die er schrie, waren: »Stimmt es, daß man Ihnen den >Hannibal-Lecter<-Fall entzogen hat? Erwarten Sie, daß man Strafanzeige gegen sie erstatten wird? Was sagen Sie zu den von den Italienern erhobenen Anschuldigungen?« In der Tiefgarage übergab Starling ihre kugelsichere Weste, ihren Helm, ihr Schrotgewehr und ihre Zweitwaffe. Der Federal Marshai wartete, während sie die kleine Pistole entlud und mit einem ölgetränkten Tuch abrieb. »Ich habe Sie in Quantico schießen sehen, Agent Starling«, sagte er. »Ich selbst bin für unseren Dienst bis ins Viertelfinale gekommen. Ich werde mich um Ihre .45er kümmern, bevor wir sie unter Verschluß nehmen.« »Vielen Dank, Marshai.« Er blieb noch einen Moment lang stehen, als sie in den Wagen gestiegen war. Er sagte etwas, das vom Röhren des Mustangs übertönt wurde. Sie kurbelte ihr Fenster herunter, und er wiederholte es. »Ich verabscheue das, was die mit Ihnen machen.«
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