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Hannibal

Hannibal

Titel: Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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funktionierte. Vor den elektrischen Schaltkästen mußte er Margot den Rücken zukehren. Schnell öffnete er den linken. Nun konnte er sie im Spiegel beobachten, den er auf die Innenseite geklebt hatte. Sie griff mit ihrer Hand in die große Handtasche. Griff hinein, zog die Hand aber nicht heraus. Er entfernte vier Schrauben und konnte dann die stillgelegte Schalttafel mit den Unterbrechern abheben. Hinter der Schalttafel gähnte ein Hohlraum in der Wand. Barney griff vorsichtig hinein und holte eine Plastiktüte heraus. Er hörte, wie Margots Atem stockte, als er aus der Plastiktüte das Objekt nahm, das er in ihr aufbewahrt hatte. Es war das berühmte unmenschliche Antlitz - die Maske, die Dr. Lecter im Baltimore State Hospital für geistesgestörte Straftäter gezwungen gewesen war, zu tragen, um ihn vom Beißen abzuhalten. Das war das letzte und wertvollste Stück aus Barneys geheimem Lager an Lecter-Memorabilia. »Whoa!« sagte Margot. Unter dem hellen Küchenlicht legte Barney die Maske, das Gesicht nach unten, auf ein Stück Wachstuch, das er zuvor auf dem Tisch ausgebreitet hatte. Er wußte, daß es Dr. Lecter nie gestattet worden war, seine Maske zu reinigen. Getrockneter Speichel war auf der Innenseite der Mundöffnung verkrustet. Wo die Bänder an der Maske befestigt waren, fanden sich drei Haare, die beim Umschnallen eingeklemmt und dann mit der Wurzel ausgerissen worden waren. Ein kurzer Blick auf Margot zeigte ihm, daß sie für den Augenblick okay war. Barney holte den Erste-HilfeKasten aus dem Küchenschrank. Die kleine Plastikkiste enthielt Qtips, destilliertes Wasser, Tupfer und saubere Medizinfläschchen. Mit unendlicher Sorgfalt betupfte er die Speichelreste mit angefeuchteten Q-tips. Er ließ die Q-tips in ein Medizinfläschchen fallen. Er riß die Haare aus der Maske und tat sie in ein zweites Flächchen. Er drückte seinen Daumen auf die Klebeseite von zwei Streifen Tesa, hinterließ jedesmal einen klaren Fingerabdruck und klebte damit die Deckel auf die beiden Fläschchen. Dann übergab er die beiden Behältnisse in einem Tütchen Margot. »Nehmen wir mal für einen Augenblick an, ich komme in Schwierigkeiten und verliere den Verstand, will sagen, versuche dich ans Messer zu liefern erzähle der Polizei irgendeine Geschichte über dich, um
irgendwelche Anklagepunkte gegen mich aus der Welt zu schaffen. Damit hältst du einen Beweis in Händen, daß ich mindestens Komplize bei dem Tod von Mason Verger war, ja, vielleicht sogar das Ding allein durchgezogen habe. Mindestens habe ich dich mit der DNA versorgt.« »Sie würden dir Immunität gewähren, wenn du mich verpfeifst.« »Für die Verabredung zum Mord vielleicht, nicht aber für die direkte Beteiligung an einem so aufsehenerregenden Mord. Sie würden mir für die Verabredung zu einer Straftat die Kronzeugenregelung servieren und mich dann aufs Kreuz legen, sobald sie der Überzeugung sind, daß ich ihnen genug geholfen habe. Ich wäre auf immer und ewig angeschissen. Damit hast du mich in der Hand.« Barney war sich dessen nicht wirklich sicher, fand aber, daß es alles in allem nicht schlecht klang. Sie konnte, wann immer sie das für notwendig hielt, die Lecter-DNA auch Barneys Leichnam unterschieben. Sie wußten das beide. Sie schaute ihn mit ihren blauen Schlachteraugen an. Barney kam es wie eine halbe Ewigkeit vor. Sie legte die Aktentasche auf den Tisch. »Da ist ziemlich viel Geld drin«, sagte sie. »Genug jedenfalls, um alle Vermeers dieser Welt sehen zu können. Zumindest einmal.« Sie schien ein wenig aufgedreht und auf eine merkwürdige Art glücklich zu sein. »Ich habe Franklins Katze im Auto, ich muß gehen. Franklin und seine Stiefmutter und seine Schwester Shirley und ein Kerl namens Stringbean und Gott weiß wer noch alles kommen raus auf die Muskrat Farm, wenn Franklin aus dem Krankenhaus entlassen wird. Hat mich fünfzig Dollar gekostet, diese gottverdammte Katze zu bekommen. Sie hat in der Nachbarschaft von Franklins früherem Zuhause unter einem Decknamen gelebt.« Sie steckte die Plastikhüte nicht in ihre Handtasche. Sie trug sie in der freien Hand. Barney nahm an, sie wollte nicht, daß er die andere Option in der Handtasche zu Gesicht bekam. An der Tür sagte er: »Was denkst du, bekomme ich einen Kuß?« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen flüchtigen Kuß auf die Lippen. »Das muß reichen«, sagte sie spröde. Die Stufen knarrten unter ihrem Gewicht, als sie nach unten ging. Barney

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