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Hannibal

Hannibal

Titel: Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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hatten, nicht in die Quere. Er hatte bereits annähernd ein Viertel der Vermeers gesehen, also gab es noch genügend, die zur Auswahl standen. Sie hielten nach einem netten Cafe Ausschau, wo sie im Freien eine Kleinigkeit zu sich nehmen konnten. Limousinen wurden vor dem Teatro Colon, dem spektakulären Opernhaus von Buenos Aires, zurückgesetzt. Die beiden hielten kurz inne, um die Opernliebhaber hineingehen zu sehen. Es wurde Tamerlane in einer aufsehenerregenden Besetzung gegeben. Und das Publikum an einem Premierenabend in Buenos Aires war einen Blick wert. »Barney, bist du für die Oper zu haben? Ich glaube, es würde dir gefallen. Ich lasse was für Karten springen.« Es amüsierte ihn, wenn sie versuchte, amerikanischen Slang zu reden. »Wenn du mich denen da nicht zumFraß vorwirfst, gebe ich die Karten aus«, sagte Barney. »Glaubst du denn, daß die uns hineinlassen?« In diesem Augenblick näherte sich leise surrend ein Mercedes Maybach, tiefblau und silbern, dem Bürgersteig. Ein Türsteher beeilte sich, den Wagenschlag zu öffnen. Ein Mann, schlank und elegant mit weißer Krawatte, entstieg dem Wagen und reichte einer Frau die Hand. Ihr Anblick ließ ein bewunderndes Raunen durch die Menge gehen, die sich um den Eingang scharte. Ihr Haar war zu einem platinblonden Helm frisiert. Sie trug ein weiches, matt korallenfarbenes Futteralkleid mit Spitzenbesatz. Smaragde funkelten grün an ihrem Hals. Barney sah sie nur kurz über die Köpfe der Menge hinweg, dann waren sie und ihr Begleiter schon im Eingang verschwunden. Den Mann konnte Barney besser sehen. Sein Kopf war glatt wie der eines Otters, und seine Nase war herrisch geschwungen wie die von Peron. Sein Auftreten ließ ihn größer erscheinen, als er in Wirklichkeit war. »Barney? Oh, Barney«, sagte Lillian, »wenn du wieder zu dir gekommen bist, falls das jemals der Fall sein sollte, teile mir doch bitte mit, ob du in die Oper gehen willst. Falls sie uns in mufti, wie wir sind, überhaupt hineinlassen. Siehst du, jetzt habe ich es doch noch gesagt, auch wenn es nicht wirklich trifft - ich wollte schon immer mal sagen, ich bin in mufti.« Als Barney nicht nachfragte, was mufti heißen sollte, schaute sie ihn von der Seite an. Er fragte doch sonst immer alles. »Ja«, sagte Barney abwesend. »Ich lasse die Karten springen.« Barney hatte genug Geld. Er ging sorgsam damit um, war aber nicht knauserig. Trotzdem, die einzigen Karten, die noch zu ergattern waren, waren oben in dem Olymp, mitten unter den Studenten. Die Höhe und Entfernung ihrer Sitzplätze zur Bühne voraussehend, mietete Barney Operngläser im Foyer. Das riesige Theater ist, architektonisch gesehen, eine Mischung aus italienischer Renaissance und griechischen und französischen Stilelementen und zudem verschwenderisch mit Bronze, Blattgold und rotem Plüsch ausgestattet. Juwelen blinken in der Menge wie Blitzlichter bei einem Baseballspiel. Lillian erläuterte ihm leise flüsternd die Handlung, bevor die Ouvertüre begann. Unmittelbar bevor die Lichter im Zuschauerraum eindunkelten und das Publikum auf den billigen Rängen von den Sitzen aufsprang, fand Barney sie, die platinblonde Dame und ihre Begleitung. Sie waren gerade durch die goldenen Vorhänge in ihre prunkvolle Loge neben der Bühne getreten. Als sie ihren Platz einnahm, glitzerten die Smaragde an ihrem Hals im hellen Licht des Zuschauerraums. Barney hatte nur einen Blick auf ihr rechtes Profil erhaschen können, als sie die Oper betreten hatte. Jetzt konnte er ihr linkes sehen. Die Studenten um sie herum, Veteranen auf dem Olymp, hatten alle nur erdenklichen Sehhilfen mitgebracht. Ein Student hatte ein mächtiges Fernrohr dabei, das so lang war, daß es die Haare der vor ihm sitzenden Person durcheinanderbrachte. Barney tauschte die Gläser mit ihm, um die weit entfernte Loge in Augenschein zu nehmen. Es war nicht ganz einfach, mit dem begrenzten Sichtfeld des Fernrohrs die Loge wiederzufinden, aber als er sie schließlich doch fand, war das Paar mit einemmal beängstigend nah vor ihm. Die Frau hatte einen Schönheitsfleck auf der Wange, an der Stelle, die die Franzosen »Courage« nennen. Ihr Blick wanderte über das Publikum, strich über seine Reihe und ging weiter. Sie schien aufgekratzt und ihr korallenfarbener Mund vollendet beherrscht. Sie lehnte sich zu ihrer Begleitung hinüber und sagte etwas, was beide zum Lachen brachte. Sie legte ihre Hand auf seine und hielt seinen Daumen. »Starling«, sagte Barney atemlos.

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