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Hannibal

Hannibal

Titel: Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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begonnen hatte, das seit langem geschlossene Baltimore State Hospital für geistesgestörte Straftäter. Das alte braune Gebäude, ein Haus des Schmerzes, war verbarrikadiert, über und über mit Graffiti bedeckt, und wartete auf die Abrißbirne. Es war schon Jahre vor dem Verschwinden seines Direktors Dr. Frederick Chilton im Niedergang begriffen gewesen. In der Folgezeit hatten Enthüllungen über Verschwendung und Mißmanagement und die Baufälligkeit des Gebäudes die Stadtverwaltung veranlaßt, der Einrichtung die Mittel zu streichen. Einige der Patienten waren in andere staatliche Heilanstalten verlegt worden, einige starben, andere irrten, abgeschoben in mehr recht als schlecht durchgeführte ambulante Programme, als Thorazine-Zombies durch die Straßen von Baltimore, und mehr als einer von ihnen erfror. Als Starling vor dem alten Gebäude warten mußte, begriff sie, daß sie alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft hatte, nur um zu verhindern, daß sie an diesen Ort zurückkehren mußte. Der Hausmeister verspätete sich um fünfundvierzig Minuten. Er war ein untersetzter alter Mann mit einem erhöhten orthopädischen Schuh und einer osteuropäisch wirkenden Frisur, die wahrscheinlich selbst geschnitten war. Er keuchte, als er Starling zu einem Seiteneingang ein paar Schritte die Straße hinunter führte. Das Schloß war irgendwann einmal herausgebrochen worden und die Tür nun durch eine Kette mit zwei Vorhängeschlössern gesichert. Die
Kettenglieder waren von Spinnweben überzogen. Das Gras, das aus den Ritzen der Treppenstufen wuchs, kitzelte Starling am Knöchel, als der Hausmeister nach den passenden Schlüsseln suchte. Der Himmel war an diesem Spätnachmittag bedeckt. Das Licht, grau, warf keine Schatten. »Ich bin mit diesem Gebäude nicht sehr vertraut. Ich sehe hin und wieder nach den Feuermeldern«, sagte der Mann. »Wissen Sie, ob sich dort noch Papiere befinden? Irgendwelche Schränke mit Krankenakten?« Er zuckte mit den Achseln. »Nach dem Krankenhaus war hier die Methadon-Klinik drin, aber auch nur für ein paar Monate. Sie haben alles in den Keller gebracht, Betten, Wäsche und dergleichen. Keine Ahnung, was sonst noch alles. Die Luft da drin tut mir nicht gut, Asthma. Der Schimmel, ist ziemlich feucht und schimmelig da unten. Die Matratzen der Betten sind bestimmt verrottet. Viel Schimmel. Sehr schlecht für mich. Ich bekomme keine Luft da drin. Die Stufen ganz feucht. Ich würde Ihnen ja alles zeigen, aber -« Starling wäre froh gewesen, jemanden neben sich zu wissen, selbst diesen alten Mann. Aber er hätte sie wahrscheinlich sowieso nur aufgehalten, darum sagte sie: »Nein, gehen Sie ruhig. Wo finde ich Ihr Büro?« »Ungefähr einen Block die Straße runter, da, wo früher die Zulassungsstelle war.« »Wenn ich in einer Stunde nicht zurück sein sollte -« Er schaute auf seine Uhr. »Eigentlich habe ich in einer halben Stunde Feierabend.« Verdammt noch mal, jetzt reicht es mir aber. »Folgendes werden Sie für mich tun, Sir. Sie werden auf mich und die Schlüssel in Ihrem Büro warten. Sollte ich innerhalb einer Stunde nicht zurück sein, rufen Sie die Nummer auf dieser Karte hier an, und erzählen Sie denen, wohin ich gegangen bin. Sollten Sie wider Erwarten nicht da sein, wenn ich hiermit fertig bin - falls Sie Ihr Büro abgeschlossen haben und nach Hause gegangen sein sollten -, werde ich mich morgen früh
höchstpersönlich an Ihren Vorgesetzten wenden und mich über Sie beschweren. Darüber hinaus werde ich dafür Sorge tragen, daß Sie vor die Untersuchungskommission der Behörde zitiert und Ihre persönlichen Verhältnisse von der Einwanderungsbehörde durchleuchtet werden. Habe ich mich klar und deutlich
ausgedrückt? Über eine Antwort Ihrerseits würde ich mich sehr freuen, Sir.« »Selbstverständlich warte ich auf Sie. Sie müssen mir nicht solche schrecklichen Dinge sagen.« »Haben Sie vielen Dank, Sir«, sagte Starling. Der Hausmeister legte seine großen Hände auf das Geländer und zog sich die Treppe zur Straße hinauf. Starling hörte, wie sein hinkender Gang nach und nach leiser wurde. Sie stieß die Tür auf und befand sich am Fuß der Feuertreppe. Hohe, vergitterte Fenster ließen das graue Licht ins Treppenhaus. Sie rang kurz mit sich, ob sie die Tür hinter sich abschließen sollte, und entschied sich dann dafür, die Tür von innen mit einem Knoten in der Kette zu sichern. So würde sie die Tür auch dann öffnen können, wenn sie die Schlüssel verlieren

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