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Hannibal

Hannibal

Titel: Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Krankenhaus und haben mit Fred - Dr. Chilton gesprochen und sind dann selbst zu Dr. Lecter in den Keller hinuntergestiegen, habe ich recht?« »Ja.« Dr. Frederick Chilton war der ehemalige Direktor des Baltimore State Hospital für geistesgestörte Straftäter. Er galt seit seinem Urlaub nach Dr. Lecters Flucht als vermißt. »Sie wissen, daß Fred verschwunden ist?« »Ja, ich habe davon gehört.« Miss Corey schössen Tränen in die Augen. »Er war mein Verlobter«, sagte sie. »Er verschwand einfach, und dann hat das Krankenhaus dichtgemacht. Es war, als ob die Welt auf mich einstürzte. Hätte ich meine Kirche nicht gehabt, ich hätte das alles nicht überlebt.« »Es tut mir leid«, sagte Starling. »Haben Sie denn jetzt wenigstens eine gute Stellung?« »Aber ich habe keinen Fred mehr. Er war ein lieber, ein guter Mann. Wir liebten uns auf eine Weise, wie sie einem heute nur noch selten begegnet. Er war >Junge des Jahres< in Canton, als er dort auf die High-School ging.« »Das kann ich mir lebhaft vorstellen. Gestatten Sie mir eine Frage, Inelle, hat er die Akten in seinem Büro aufbewahrt, oder wurden sie bei Ihnen draußen an der Rezeption eingestellt -?« »Anfänglich waren die Akten in den Wandschränken seines Büros untergebracht. Mit der Zeit wurden es aber so viele, daß wir große Aktenschränke draußen bei der Rezeption aufstellen mußten. Die waren selbstverständlich immer verschlossen. Als wir auszogen, brachte man für eine Übergangszeit die Methadon-Klinik in dem Gebäude unter. Zu der Zeit wurde vieles umgeräumt.« »Haben Sie die Krankenakte Dr. Lecters jemals zu Gesicht bekommen oder in der Hand gehabt?« »Sicher.«
»Erinnern Sie sich an Röntgenaufnahmen? Waren Röntgenbilder Bestandteil der Krankenakten, oder wurden sie diesen beigefügt?« »Die waren immer Bestandteil. Röntgenbilder sind vom Format her größer als die Akten, und das machte die ganze Angelegenheit so unhandlich und sperrig. Wir hatten zwar eine Röntgenabteilung, aber keinen Röntgenarzt, der seine eigenen Akten führte. Ich erinnere mich nicht mehr, ob die Akte Röntgenaufnahmen enthielt. Was es gab, war ein EKG, das Fred gewöhnlich den Leuten zeigte. Dr. Lecter - es widerstrebt mir, ihn überhaupt Doktor zu nennen war über und über mit Elektroden bedeckt, als er die arme Schwester anfiel. Sehen Sie, das Alptraumhafte war, sein Pulsschlag beschleunigte sich nicht einmal groß, als er die Schwester attackierte. Die Wachen haben ihm die Schulter ausgekugelt, als sie ihn, Sie wissen schon, von ihr heruntergeholt und überwältigt haben. Im Zuge dieser Geschichte müßten eigentlich
Röntgenaufnahmen von ihm angefertigt worden sein. Wäre es nach mir gegangen, dann hätten sie ihm noch einiges mehr verpassen dürfen als eine ausgekugelte Schulter.« »Falls Ihnen noch irgend etwas einfällt, irgendein Ort, wo die Akte vielleicht sein könnte, würden Sie mich dann anrufen?« »Wir werden das tun, was wir immer machen, wir werden eine globale Suche durchführen«, sagte Miss Corey und kostete dabei den Klang des Begriffes aus. »Aber ich glaube nicht, daß wir etwas finden werden. Es ging einfach viel zuviel verloren, nicht durch uns, sondern durch die Leute von der Methadon-Klinik.« Die Kaffeebecher zierten häßliche, dicke Streifen angetrockneten Kaffees. Starling beobachtete Inelle Corey, wie sie schwerfällig davontrabte, ein Schreckensbild, und trank einen halben Becher Kaffee in einem Zug, wobei sie sich eine Papierserviette unters Kinn hielt. Langsam kam Starling wieder zu sich selbst. Sie wußte, daß sie sich mit etwas abquälte. Vielleicht war es Geschmacklosigkeit, schlimmer als Geschmacklosigkeit, Stillosigkeit womöglich. Eine Art von Teilnahmslosigkeit gegenüber den Dingen, die dem Auge wohltun. Vielleicht war sie ausgehungert nach etwas Stil in ihrem Leben. Selbst der Stil einer snuff-queen war besser, als so über gar keinen Stil zu verfügen. Er war ein selbstbewußtes Statement, ob jemand es hören wollte oder nicht. Starling hielt bei sich selbst nach Anzeichen von Snobismus Ausschau und kam zu dem Schluß, daß sie nichts, aber auch rein gar nichts von einem Snob an sich hatte. Schließlich, über Stil nachdenkend, schoß ihr Evelda Drumgo durch den Kopf, die mehr als genug davon gehabt hatte. Getroffen von diesem Gedanken, wünschte Starling sich nichts sehnlicher, als wieder ganz die alte zu sein.

KAPITEL 11
    Und so kam es, daß Starling an den Ort zurückkehrte, wo alles für sie

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