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Hannibal

Hannibal

Titel: Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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dafür, daß die Brandmarkung im Gesicht von Tieren weiterhin legale Praxis blieb, obwohl ihn das ein Vermögen kostete, das er in die politische Landschaft stecken mußte. Mit Mason an seiner Seite beaufsichtigte er großangelegte Experimente in der Tierhaltung, so zum Beispiel, wie lange es vor der Schlachtung möglich war, den Tieren Futter und Wasser vorzuenthalten, ohne dabei größere Gewichtsverluste in Kauf nehmen zu mü ssen. Der von Verger unterstützten Genforschung gelang es schließlich, die Muskelmasse belgischer Schweine zu verdoppeln, ohne den damit einhergehenden Flüssigkeitsverlust zu riskieren, der bei dieser Rasse leicht auftrat. Molson Verger kaufte weltweit Zuchtvieh auf und unterstützte eine Vielzahl in Übersee angesiedelter Zuchtprogramme. Aber Schlachthöfe waren letzten Endes ein von Menschen betriebenes Geschäft. Und niemand verstand das besser als Molson Verger. Es gelang ihm, die Führung der Gewerkschaften einzuschüchtern, als diese mit der Forderung nach höheren Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen seine Profite zu schmälern drohten. Auf diesem Gebiet machten sich seine guten Beziehungen zum organisierten Verbrechen über mehr als dreißig Jahre bezahlt. Mason wies damals mit seinen dunklen, buschigen Augenbrauen über den stahlblauen Schlachteraugen eine große Ähnlichkeit mit seinem Vater auf. Der Eindruck wurde noch durch den niedrigen Haaransatz verstärkt, der quer über die fliehende Stirn verlief und von rechts nach links abnahm. Molson Verger liebte es, Masons Kopf in seine Hände zu nehmen und ihn zu befühlen, so als könnte er die Abstammung seines Sohnes durch die Physiognomie bestätigen, ähnlich wie er den Kopf eines Schweines umfassen und anhand des Knochenbaus dessen genetische Veranlagung erläutern konnte. Mason war ein gelehriger Schüler gewesen. Sogar nachdem er wegen seiner Verletzungen ans Bett gefesselt war, traf er sichere Geschäftsentscheidungen, die von seinen Lakaien dann umg esetzt wurden. Es war Masons Idee, die US-Regierung und die Vereinten Nationen dazu zu bringen, sämtliche Schweine auf Haiti mit der Begründung schlachten zu lassen, durch sie drohe die Übertragung der afrikanischen Schweinepest. Das versetzte ihn in die Lage, der Regierung große amerikanische Schweine zu verkaufen, die an die Stelle der einheimischen Rasse traten. Die großen Schweine starben wie die Fliegen, sobald sie den haitianischen Lebensbedingungen ausgesetzt waren, und mußten dann natürlich immer und immer wieder aus Verger-Beständen ergänzt werden, jedenfalls so lange, bis es den Haitianern einfiel, ihre Schweine durch robuste kleine Wühler aus der Dominikanischen Republik zu ersetzen. Heute, mit einem an Wissen und Erfahrung reichen Leben, fühlte sich Mason Verger wie Stradivari, der an seine Werkbank tritt, um die Instrumente seiner Rache zu erschaffen. Was für eine Fülle von Informationen und Kenntnissen Mason Verger in seinem gesichtslosen Schädel hatte! In seinem Bett liegend und wie der taube Beethoven im Geiste komponierend, erinnerte er sich daran, wie er mit seinem Vater Viehauktionen besucht und die Konkurrenten ausgespäht hatte. Molson hatte sein kleines silbernes Messer stets griffbereit in der Weste, um mit einem schnellen Stich die Dicke der Schwarte am Rücken der Schweine zu prüfen. Dann ging er ruhig seines Weges, ließ das vor Schmerz quiekende Tier hinter sich und war die Würde in Person, über jede Kritik erhaben. Die Hand hatte Molson wieder in der Tasche, mit dem Daumen an der Klinge war die Eindringtiefe markiert. Mason Verger hätte gelächelt, hätte er Lippen gehabt, als er sich daran erinnerte, wie sein Vater eine preisgekrönte Sau aus einem Schülerprojekt anstach, die nie hatte bezweifeln müssen, daß jedermann ihr Freund war. Das Kind, dem sie gehörte, es weinte so herzzerreißend. Und dann erst der Vater des Kindes, der außer sich vor Wut herbeigeeilt kam und den Molsons Schläger nach draußen vors Zelt bringen mußten. Ja, es waren schöne Zeiten gewesen damals, sie hatten viel Spaß gehabt. Auf den Messen hatte Mason exotische Schweine aus der ganzen Welt gesehen. Für seinen Zweck brachte er das Beste vom Besten zusammen. Mason begann sein Zuchtprogramm unmittelbar nach seiner weihnachtlichen Epiphanie. Die Fäden liefen in einer kleinen Schweinezuchtfarm zusammen, die die Vergers auf Sardinien unterhielten. Er hatte diesen Ort wegen seiner Abgeschiedenheit und Nähe zu Europa gewählt. Mason Verger glaubte -

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