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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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wirklich zu, dass er ihren Vater um Geld betrogen hatte? Unter diesen Umständen würde sie ihn niemals lieben können. Und wäre sie denn überhaupt die richtige Frau für einen Kaufmann wie ihn?
    Ein Aufschrei von Bruno Diercksen holte Adrian aus seinerGedankenwelt in die Wirklichkeit zurück. Der Sohn des Ratsherrn war zu Boden gegangen und rappelte sich nur schwer wieder hoch. Sein Gegner hob triumphierend das Schwert. Mit großer Geste winkte er den jungen Frauen zu, die hinter dem Geländer standen und ihm schöne Augen machten. Vicus konnte den nächsten Schlag nur mühsam abfangen. Mit verzerrtem Gesicht hob er die Hand zum Zeichen, dass er aufgab. Adrian sah seine Niederlage mit einer gewissen Genugtuung, denn er erinnerte sich daran, wie dieser Vicus den kleinen Simon drangsaliert hatte. Bruno Diercksen stöhnte enttäuscht.
    »Die Ausgaben für den Schwertmeister waren wohl umsonst«, entfuhr es ihm, doch dann lenkte er rasch auf ein anderes Thema: »Also werdet Ihr in Lübeck das Bürgerrecht erwerben?« Adrian stützte seine Hand auf den Gürtel, um die Schulter zu entlasten. Seine Lage war durch den Tod Konrad Vresdorps geschwächt worden. Er würde sich ins Zeug legen müssen, um sein Ziel zu erreichen. Wie viel würde er den Männern verraten müssen?
    »Das plane ich in der Tat. Ich habe bereits mit dem Stadtkämmerer darüber gesprochen, was nötig ist, um ein Lübecker Bürger zu werden. Ich plane wichtige Geschäfte in der Stadt, in denen es um erhebliche Geldmengen geht. Nun, nach dem bedauerlichen Tod Konrad Vresdorps, muss ich mir einen anderen Geschäftspartner suchen.«
    Hartwig Vresdorp kam die Treppe herauf. Er war offenkundig gut gelaunt und rief Bruno Diercksen ein Scherzwort zu, als dieser jedoch nicht darauf einging, zog er weiter. Die Störung war Diercksen nicht willkommen, seine Aufmerksamkeit war auf Adrian gerichtet. Erhebliche Geldmengen, das war wohl das Stichwort gewesen.
    »Ich besitze ein Haus in der Königstraße, mit Verlaub, der besten Gegend der Stadt. Darin befindet sich eine Wohnung, die ich Euch für einige Zeit überlassen könnte. Sie ist leider nicht ganz günstig, fürchte ich. Ihr versteht, die Lage.« Sein Lächelnverkümmerte, als sein Sohn zu ihm schlich. Vicus Diercksen hatte die enttäuschte Miene des Verlierers und mied jeglichen Blickkontakt mit Adrian.
    »Habt Dank für dieses Angebot. Ich bin froh, wenn ich das Gasthaus wieder verlassen kann. Geld spielt keine Rolle, solange ich nur in Ruhe meinen Geschäften nachgehen kann«, sagte Adrian. Wie angeberisch das klang, dachte er. Aber er wollte mit den besten Kaufleuten ins Gespräch kommen, und die lockte man nur, wenn man etwas zu bieten hatte. Klappern gehörte nun einmal zum Geschäft.
    Bruno Diercksen reichte ihm die Hand. »Ihr könnt sofort einziehen.«
    ~~~
    Es war eines der typischen giebelständigen Dielenhäuser der Stadt. Adrian konnte einen Teil des Untergeschosses zur freien Verfügung haben, hatte Bruno Diercksen erklärt, mehrere Zimmer und eine Küche. Adrian hatte die Seemannsherberge am Hafen aufgesucht und seinen Schiffskoch Cord und den Bootsjungen Liv aufgefordert, mit ihm zu kommen. Cords Verletzung war zwar verheilt, aber sein Bein würde steif bleiben. Er zweifelte daran, dass er noch einmal zur See fahren würde, und war froh, dass sein Herr ihn dennoch gebrauchen konnte. Die beiden schafften zunächst die Truhe aus dem Gasthaus in ihr neues Domizil. Anschließend gingen sie in das Lagerhaus in der Alfstraße, um die dort noch vorhandenen Waren abzuholen.
    Hartwig Vresdorp weigerte sich zunächst, Adrian seine Fässer und Ballen herauszugeben, doch der war darauf vorbereitet. Anhand von Warenlisten und seiner Merke auf den Gütern konnte er nachweisen, dass sie ihm gehörten. Dennoch wusste Adrian einmal mehr, worauf er sich einstellen musste, wenn er mit dem Bruder seines verstorbenen Partners abrechnen würde, und dieserTag würde kommen. Hartwig Vresdorp war gierig und verbissen. Es verdarb das Wesen, wenn man etwas zu sehr wollte, diese Erfahrung hatte Adrian schon oft gemacht. Und Hartwig Vresdorp wollte Geld, das stand ihm ins Gesicht geschrieben. Ihm kam der Tod des Bruders wahrscheinlich ganz gelegen, denn dass er am meisten davon profitierte, das war offensichtlich.
    In seinem neuen Zuhause kontrollierte Adrian noch einmal den Zustand und die Anzahl der Waren. Es war alles da und in gutem Zustand. Er hatte sich in der Alfstraße selbst dabei ertappt, dass er mehr als einmal

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