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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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massiger Mann, dessen rote Wangen gegen die blonden, licht werdenden Haare leuchteten und dessen Wams über seinem kräftigen Körper spannte. Konrad Vresdorp liebte schmackhaftes Essen und guten Wein, das sah man ihm auch an. Wann immer es etwas Besonderes unter seinen Waren gab, etwa Feigen, Mandeln oder getrocknete Trauben aus fernen Ländern, sorgte er dafür, dass es bei ihnen in einem köstlichen Gericht auf den Tisch kam. Henrike war seine Sinneslust lieb, die verkniffene Genügsamkeit ihrer verstorbenen Stiefmutter hatte sie hingegen kaum noch ertragen. Sie begrüßte ihren Onkel Hartwig und deutete vor dem fremden Kaufmann einen Knicks an; Simon verbeugte sich.
    »Was tut sie hier? Und dazu noch in diesem unschicklichen Aufzug? Sie macht uns lächerlich«, zischte ihr Onkel mit einem gehässigen Seitenblick auf Henrike, deren Ohren vor Scham zu glühen begannen. Doch der Fremde schien Hartwigs Worte nicht verstanden zu haben, er nahm einen weiteren Schluck aus der Kelle und nickte leutselig. Konrad Vresdorp sprach mit ihm in einem ungewohnten Zungenschlag, dann reichten sie sich die Hände. Auf einen Wink ihres Vaters wurde ein Pferd mit einem Karren herangeführt, und die Fässer wurden aufgeladen. Einig waren sich die beiden, vollzogen werden musste der Handel hinter den Stadtmauern, so sahen es die Kaufmannsgesetze vor. Ächzend fuhr der Wagen über die Bohlenwege davon. Auf den restlichen Fässern wurde die Merke des Vaters ausgehauen, also sein Kaufmannszeichen; es gab an, dasssie ihm gehörten. Henrike staunte, wie schnell der Handel ablief.
    Konrad Vresdorp wandte sich an seinen Sohn: »Simon, nimm deine Wachstafel und notiere«, forderte er ihn auf.
    Der Junge tastete hektisch sein Wams ab. Die Wachstafel   – eine handtellergroße vertiefte Holzplatte, die mit einem Gemisch aus Bienenwachs, Harz, Pech, Ruß und Holzkohle gefüllt war, so dass man etwas hineinritzen und mit der flachen Seite des Griffels wieder löschen konnte   – fand er jedoch nicht.
    »Die einfachsten Aufgaben bekommt der Knabe nicht hin. Dem hast du schon zu lange die Zügel schießen lassen, Bruder. Wer die Rute spart, versündigt sich an seinen Kindern!«, mischte sich Hartwig Vresdorp ein. Ihr Vater blieb trotz dieses unverschämten Einwurfs ruhig.
    »Mir scheint, du hast mit deinen eigenen Angelegenheiten genügend zu tun, Bruder. Die Zöllner sind da. Willst du sie warten lassen?«, fragte er. Ihr Onkel sah sich um, stellte fest, dass sein Bruder recht hatte, und eilte zu den Zöllnern.
    In diesem Moment stürzten zwei Büttel auf sie zu. Sie schleiften die Bettlerin hinter sich her. Die Frau umklammerte ihr wimmerndes Kind. Henrike war froh, ein Lebenszeichen von dem Kleinen zu hören, zu schwach hatte es ausgesehen. Auch ihr Onkel hatte die Büttel bemerkt. Neugierig sah er zu ihnen. Gerne hätte er wohl gewusst, was sie mit ihnen zu schaffen hatten. Aber der Zoll   ...
    »Diese Bettlerin hat Eure Tochter bestohlen, Herr Vresdorp«, sagte ein Büttel und hielt das Tuch hoch, das Henrike der Frau geschenkt hatte.
    »Ist das wahr, Weib?«, fragte ihr Vater streng. Der Blick der Frau flackerte zwischen Henrike und ihrem Vater hin und her, schließlich schlug sie die Augen nieder.
    Henrike setzte zu einer Erklärung an. »Vater ich   ...«, begann sie.
    Der Kaufmann sah seine Tochter prüfend an. Henrike schwieg beklommen, hielt aber seinem Blick stand.
    Nach einigen Atemzügen sagte er: »Ich denke, es war anders. Meine Tochter hat dem Weib das Tuch geschenkt. Ist es nicht so?«
    Henrike nickte zögernd. Sie konnte Missbilligung und Spott in den Blicken der Büttel erkennen. Es war gottgefällig, dass die Reichen mildtätig waren, aber auch dabei gab es Regeln einzuhalten. Alles, was Henrike am Leib trug, gehörte ihrem Vater. Dass sie etwas davon verschenkte, verriet mangelnden Respekt.
    Konrad Vresdorp führte die Hand zu seinem Gürtel, an dem zahlreiche kleine Beutel hingen. Er nahm einige Münzen heraus und steckte sie den Bütteln zu. »Habt Dank für eure Wachsamkeit. Gebt mir das Tuch, und die Frau lasst gehen.« Die Büttel taten wie geheißen.
    Henrike nahm das Tuch wieder an sich und hielt es unschlüssig in den Händen. Erneut sprach ihr Vater die Bettlerin an.
    »Bist du fremd in der Stadt?«, fragte er. Die Bettlerin nickte stumm. In einem fort strich sie über den Rücken ihres weinenden Kindes.
    »Wir hier in Lübeck kümmern uns um unsere Armen. Straßenbettel sehen wir nicht gern. Dieberei wird hart

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