Happy End am Mittelmeer
genießen. Das Lichtermeer, das sich zu ihren Füßen ausbreitete, verströmte noch immer eine fieberhafte Energie – trotz der nächtlichen Stunde.
Sie warf den Kopf zurück und begann.
„Sam erzählte mir nicht viel über Cicis Vater. Übrigens hatte ich sie fast ein Jahr nicht gesehen, als sie mit dem Baby im Arm aufkreuzte. Ich ahnte nichts.“ Sie fasste sich mit der Hand an die Stirn, als würde ihr der Schock noch einmal bewusst. „Was soll’s, jedenfalls sagte sie nicht viel. Sie verriet mir nur, dass Cicis Vater aus Ambria stammte. Dass sie ihn in London getroffen hatte. Und dass sie sich im Moment nichts mehr auf der Welt wünschte, als ihn zu finden und ihm das Baby zu zeigen.“
Natürlich hatte es auch andere Momente gegeben, sogar Stunden, in denen Sam so tat, als wäre es ihr alles absolut egal – besonders, als sie ohne ihr Baby verschwand. Aber davon musste David nicht erfahren.
„Sam nannte Ihnen wirklich nicht den Namen dieses Typen?“
Sie zögerte. „Sam nannte mir einen, aber …“
„Welchen? Sie müssen ihn mir nennen, Ayme. Ich sehe nicht, wie ich Ihnen helfen kann, wenn Sie ihn mir verschweigen.“
Sie ging einige Schritte zum Panoramafenster, und er folgte ihr. „Haben Sie jemals die Sterne betrachtet?“, wollte sie wissen.
„Nicht oft“, antwortete er ungeduldig. „Würden Sie beim Thema bleiben?“
Sie blickte so zögernd zu ihm auf, als koste es sie Überwindung. „Wissen Sie etwas über die verschollene Königsfamilie aus Ambria?“, fragte sie.
3. KAPITEL
Einen Augenblick glaubte David, er habe Ayme falsch verstanden. Dann wurde ihm schlagartig klar, was das, was sie gerade gesagt hatte, für ihn bedeutete. Ihm blieb fast die Luft weg.
„Hm, sicher“, brachte er hervor. „Jedenfalls hörte ich von ihnen. Was ist mit ihnen?“
Ayme zuckte entschuldigend die Achseln. „Na ja, Sam behauptete, dass Cicis Vater einer aus der Familie war.“
„Interessant.“
David hustete. Er hatte schon davon gehört, dass Spuren anderer Familienmitglieder gefunden worden waren. Meistens führten diese aber ins Leere. Einmal jedoch war er auf einen Hinweis gestoßen, der ihn schließlich zu seinem ältesten Bruder führte, dem Kronprinzen. Gab es vielleicht darüber hinaus noch andere Brüder, die gerettet worden waren?
„Welcher genau“, hakte er neugierig nach, allerdings ohne wirklich viel zu erwarten.
„Sam meinte, es sei der Zweitgeborene, namens Darius.“
Der Raum schien ihm zu wachsen und wieder zu schrumpfen, als habe er ein Halluzinogen eingenommen. Er musste seine ganze Willenskraft zusammennehmen, um sein inneres Gleichgewicht nicht zu verlieren. Ayme redete weiter, erzählte ihm mehr über ihre Schwester, aber er konnte sich nicht auf das konzentrieren, was sie sagte.
Sam hatte ihn … ihn… als Vater ihres Babys genannt. Aber das war unmöglich. Unglaublich. Falsch. Oder?
Er stellte schnell einige Berechnungen an. Wo war er vor zehn oder zwölf Monaten gewesen? Welche Dates hatte er gehabt? Im Laufe der Jahre hatte er an vielen falschen Orten nach Liebe gesucht. Als er noch jünger war, gab es eine Zeit, in der er in erster Linie auf Eroberung aus war und die wichtigen Fragen – wenn überhaupt – erst später stellte. Er blickte nicht stolz auf jene Zeit zurück und war sich sicher, sie deutlich hinter sich gelassen zu haben. Aber was hatte er letztes Jahr gemacht, und wieso konnte er sich nicht richtig erinnern?
Cicis süßes Gesichtchen tauchte vor seinem geistigen Auge auf. War es ihm vielleicht irgendwie vertraut? Spürte er eine Verbundenheit? Irgendetwas?
Eine ganze Weile rang er mit sich, suchte aufrichtig nach Beweisen, kam aber zu der Gewissheit, dass es keine gab. Nein, er war sich sicher, es hatte nichts dergleichen gegeben. Allein der Gedanke war verrückt.
„Haben Sie je von ihm gehört?“, fragte Ayme weiter. „Wissen Sie viel über ihn? Haben Sie eine Idee, wo wir ihn finden könnten?“
„Wir?“ Sie glaubte wirklich, er würde alles einfach so stehen und liegen lassen und ihr helfen, oder? Das Problem war, er hatte eigentlich genau das Gegenteil zu tun. Er musste unauffällig verschwinden, und zwar schnell. Sie wusste nicht, in welcher Gefahr er womöglich schwebte. Sie war wie eine scharfe Handgranate in seine Wohnung gerollt. Die Dinge konnten jeden Moment explodieren.
„Nein“, meinte er kurz. „Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee, dass ich es wissen könnte?“
„Wie gesagt, man empfahl Sie mir als jemand, der
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