Happy End am Mittelmeer
würden ihn finden.“
„Ach, sagte er das, ja?“ Aus irgendeinem Grund machte ihn das Gespräch immer wütender. Er blieb stehen und stellte sich ihr gegenüber. „Dieser Mensch, der Cicis Vater sein soll – dieser Mensch, den ich finden soll – wie heißt er?“
Sie drehte sich halb weg. Auf dem Weg zum Flughafen von Dallas hatte sie sich alles so einfach ausgemalt. Ihr Plan war, nach London zu fahren, Cicis Vater zu finden, ihm sein Baby zu geben und wieder heimzureisen. Sie hatte sich nicht darauf eingestellt, jemandem nebenbei die ganze ungereimte Geschichte erklären zu müssen.
Mit einem herzzerreißenden Seufzer drehte sie sich wieder zu ihm und antwortete gespreizt: „Nun ja, darin liegt das Problem. Ich weiß nicht genau, wie er heißt.“
Die Situation wurde wirklich langsam absurd. Sie suchte den Mann, der ihr Kind gezeugt hatte. Sie wusste nicht, wo er war. Sie kannte seinen Namen nicht. Aber sie war hergekommen, weil sie Hilfe suchte. Und er sollte ihr diese Hilfe gewähren? Warum gerade er?
Er stand zwar im Ruf, jeden zu kennen, der bestimmten gesellschaftlichen Kreisen angehörte. Aber er brauchte wenigstens einen Anhaltspunkt, um eine mögliche Suche beginnen zu können.
„Was wollen Sie tun, wenn Sie ihn finden? Den Typen heiraten?“
„Wie bitte?“ Ayme sah so schockiert aus, als wäre dieser an sich naheliegende Gedanke geradezu ungeheuerlich. „Nein. Natürlich nicht.“
„Ich verstehe“, antwortete er, obwohl er rundweg nichts begriff.
Sie biss sich auf die Lippe. Sie war so müde. Sie konnte nicht mehr klar denken. Sie wollte einfach nur wieder schlafen.
„Wie soll ich jemanden finden, dessen Namen ich nicht kenne?“
„Wenn es einfach wäre, könnte ich es allein.“
„Verstehe. Ich bin Ihre letzte Rettung, nicht wahr?“
Nach kurzem Überlegen nickte Ayme. „So ziemlich.“ Flehend schaute sie ihn an. „Glauben Sie, Sie können mir helfen?“
Er betrachtete ihr hübsches Gesicht mit den geheimnisvoll dunklen, schläfrigen Augen, den blonden Wuschelkopf, ihre leicht bebende Unterlippe.
Einen kurzen Moment lang stellte er sich vor, ihr geradeheraus zu sagen: „Himmel, nein. Ich werde Ihnen nicht helfen. Sie geben mir nichts und fordern Wunder. Ich habe Besseres zu tun, als in ganz London jemanden zu suchen, den ich nie finden werde.“
Anschließend würde er in seine Tasche greifen und Ayme Geld für ein Hotelzimmer geben. War das nicht eine wunderbare Vorstellung?
Aber als er ihr ins Gesicht sah, wusste er, dass es so nicht ging. Gerade kamen ihr die Tränen, als könnte sie seine Gedanken lesen und wüsste, dass er sie und ihre Probleme loswerden wollte.
„Also gut“, sagte er ihr schroff und ballte die Hände zu Fäusten, um sich der instinktiven Versuchung zu erwehren, Ayme tröstend zu berühren. Sicherheitshalber verlieh er seiner Stimme noch eine Spur Ironie. „Wenn Sie das alles ein bisschen überfordert, hysterisch, wie Sie gerade sind …“
„Ich bin nicht hysterisch!“
Er hob eine Braue. „Das ist Ihre subjektive Wahrnehmung und eigentlich irrelevant. Warum gehen wir nicht logisch und methodisch vor? Dann können wir vielleicht etwas erreichen.“
„Und wieder zurück ins Bett?“
„Noch nicht.“ Er lief erneut auf und ab. „Sie müssen mir unbedingt ein paar Fragen beantworten. Zum Beispiel, was für eine Beziehung genau haben Sie zu Ambria? Erzählen Sie mir alles.“
Längst fragte er sich nicht mehr, ob sie ihm Böses wollte. Sie war offenbar wirklich so vollkommen unschuldig, wie sie wirkte. Und überhaupt, welcher Meistermörder würde so amateurhaft eine junge Frau mit einem Baby die Drecksarbeit machen lassen? Es ergab einfach keinen Sinn.
„Meine Eltern stammten aus Ambria“, begann Ayme. „Ich wurde dort geboren, aber das war kurz vor dem Putsch. Meine leiblichen Eltern kamen bei den Gefechten um. Ich kann mich überhaupt nicht an sie erinnern. Zusammen mit vielen anderen Flüchtlingskindern wurde ich außer Landes und in die Staaten gebracht und dort adoptiert. Ich war erst etwa achtzehn Monate alt, deshalb waren meine Adoptiveltern für mich immer mein Papa und meine Mama.“ Sie zuckte die Achseln. „Ende der Geschichte.“
„Machen Sie Witze? Das war doch erst der Anfang.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und musterte sie. „Wer hat Ihnen gesagt, dass Sie aus Ambria stammen?“
„Nun, die Familie Sommers hat auch ambrische Wurzeln. Obwohl sie in der zweiten Generation Amerikaner waren. Also
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