Happy End auf Sizilianisch
kommen”, sagte sie euphorisch. “Kannst du einige Tage Urlaub nehmen?”
“Ich denke schon”, erwiderte sie zögernd, weil etwas anderes ihr eindeutig mehr Kopfzerbrechen bereitete. “Hast du schon mit Bernardo …?”
“Er hat nicht die leiseste Ahnung”, erklärte Heather. “Und dabei wird es bis zur Hochzeit auch bleiben. Ich will ihn überraschen.”
“Ist das nicht ein bisschen gewagt?”, fragte Angie ängstlich. “Es könnte doch sein, dass er von mir nichts mehr wissen …”
“Ganz im Gegenteil”, schnitt Heather ihr das Wort ab. “Er ist todunglücklich. Und wenn du erst vor ihm stehst, wird er schon merken, was er an dir hat.”
Angie war sich alles andere als sicher, ob es klug war, Bernardo zu überraschen. Doch die Kraft, Heathers Vorschlag abzulehnen, hatte sie auch nicht. Der Wunsch, Bernardo wiederzusehen, seine Stimme zu hören und vielleicht sogar seine Umarmung spüren zu dürfen, war wesentlich stärker als die Angst vor der Enttäuschung.
“Ich komme”, teilte sie ihrer Freundin mit. Wer wagt, gewinnt, besagte ein altes Sprichwort, und Angie war entschlossen, alles zu wagen.
Als sie am Vorabend der Trauung in Palermo landete, holte Heather sie am Flughafen ab.
Damit niemand – schon gar nicht Bernardo – von Angies Anwesenheit erfuhr, gingen die beiden Freundinnen in der Stadt essen.
“Im Grunde habe ich das einzig und allein Baptista zu verdanken”, erklärte Heather, warum sie einen Mann zu heiraten gedachte, der ihr im Grunde genommen zuwider war. “Sie hat sich strikt geweigert, das Landgut zurückzunehmen, das sie mir kurz vor der geplatzten Hochzeit mit Lorenzo geschenkt hat. Die einzige Möglichkeit, es wieder in den Besitz der Martellis zu bringen, ist, Renato zu heiraten.”
“Und was verspricht er sich davon?”
“Dasselbe wie ich”, erwiderte Heather lächelnd. “Er will
Bella Rosaria
unbedingt wiederhaben. Und dafür muss er mich nun mal heiraten.”
“Weißt du was?”, sagte Angie unvermittelt. “Ich glaube dir kein Wort. Ihr liebt euch. Deshalb wollt ihr heiraten!”
“Ausgeschlossen”, widersprach Heather vehement. “Dafür bekämpfen wir uns gegenseitig viel zu sehr.”
“Was meine Vermutung nur bestätigt”, wandte Angie ein. “Ich brauche dich hoffentlich nicht daran zu erinnern, dass sich leidenschaftlich nur streiten kann, wer sich leidenschaftlich liebt.”
Heather erwiderte nichts, doch ihr war deutlich anzusehen, dass sie die Worte ihrer besten Freundin sehr nachdenklich gemacht hatten.
“Was sagt Lorenzo eigentlich dazu, dass du seinen Bruder heiratest?”, erkundigte sich Angie.
“Der hat ein viel zu sonniges Gemüt, als dass es ihm etwas ausmachen würde”, erwiderte Heather und konnte wieder lachen. “Zumal wir beide wissen, dass es mit uns nicht gut gegangen wäre.”
Als sie spät am Abend zur Villa zurückkehrten, führte Heather Angie durch einen Hintereingang in ihr gemeinsames Zimmer – dasselbe, das sie schon vor der geplanten Hochzeit mit Lorenzo bewohnt hatten.
“Bernardo hat nicht den leisesten Verdacht?”, fragte Angie, als sie sich für die Nacht zurechtmachten.
“Er ist völlig ahnungslos”, bestätigte Heather. “Und dabei wird es bleiben, bis du morgen die Kathedrale betrittst.”
“Mir ist jetzt schon angst und bange.”
“Dazu besteht kein Anlass”, entgegnete Heather liebevoll. “Er hat mich mehrmals in
Bella Rosaria
besucht, und auch wenn er versucht hat, es sich nicht anmerken zu lassen, war offensichtlich, dass er nur gekommen ist, um etwas über dich zu erfahren. Als ich ihm von den Briefen erzählt habe, die du mir geschrieben hast, hat er jedes Wort in sich aufgesogen.”
“Hast du ihm etwa erzählt, dass ich jetzt bei meinem Vater arbeite?”
“Natürlich”, erwiderte Heather verlegen. “Darf er das denn nicht wissen?”
“Von mir aus schon”, sagte Angie besorgt. “Ich hoffe nur, dass er nicht die falschen Schlüsse daraus zieht.”
Als sie direkt hinter der Braut die Kathedrale betrat, drohte die Aufregung über Angie zusammenzuschlagen.
Die ganze Nacht hatte sie wach gelegen und sich gefragt, wie Bernardo wohl auf das unverhoffte Wiedersehen reagieren würde, und in wenigen Sekunden sollte sie die Antwort bekommen.
Unter den Klängen der Orgel gingen sie auf den Altar zu, vor dem Renato seine Braut erwartete. Bernardo saß an seiner Seite, und als Angie ihn sah, erschrak sie. Er wirkte abgespannt und geradezu verhärmt, als trüge er eine schwere Last auf
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