Happy End auf Sizilianisch
derart bedrückend, dass sich Angie wie auf einer Beerdigung vorkam – und zwar ihrer eigenen.
Erst als unwiderruflich die Stunde des Abschieds gekommen war, brachte Bernardo die Kraft auf, etwas zu sagen. “Verzeih mir, wenn du kannst”, bat er Angie mit heiserer Stimme. “Ich weiß, dass ich dir sehr wehtue – und mir genauso. Denn ich liebe dich noch immer, und ich werde nie eine andere Frau lieben. Doch etwas in mir ist stärker als ich, sosehr ich mich auch dagegenstemme.”
Auf eine eigentümliche Art beruhigten Angie seine Worte. Bei einem anderen Mann hätte sie die Hoffnung gehabt, er könnte über seinen Schatten springen und es sich in letzter Sekunde anders überlegen. Doch sie kannte Bernardo gut genug, um zu wissen, dass ein Gesinnungswandel ausgeschlossen war. Denn sosehr es ihn auch quälte, sie gehen zu lassen, sein Stolz ließ es nicht zu, den entscheidenden Schritt zu wagen.
Statt zu antworten, legte sie ihm liebevoll die Hand auf die Wange und schenkte ihm ein Lächeln, das ihm deutlicher als alle Worte sagte, was sie für ihn empfand.
Als er ihre Hand nahm und zärtlich küsste, schien er am ganzen Körper zu zittern.
“Bernardo …”, flüsterte Angie.
“Bitte geh jetzt”, flehte er. “Sonst bricht es mir noch das Herz.”
Noch im Flugzeug traf Angie eine Entscheidung, die sie lange vor sich hergeschoben hatte.
Gleich nach der Landung in London rief sie ihren Vater an, um ihm zu sagen, dass sie bereit war, in seiner Klinik zu arbeiten – unter der Bedingung allerdings, dass sie sofort anfangen könnte.
Der Gedanke, untätig zu Hause zu sitzen, war ihr unerträglich, und weil ihr Vater erfreut einwilligte, stürzte sie sich mit ganzem Elan in die Arbeit, die interessanter und abwechslungsreicher war, als sie es sich vorgestellt hatte.
Nur die Abende blieben problematisch, denn sobald sie in ihrer Wohnung saß, überfiel eine namenlose Trauer und Einsamkeit sie. Daran änderten auch die vielen Verehrer nichts, vor denen sie sich nach wie vor kaum retten konnte.
Die meisten Einladungen schlug sie ohnehin aus, und die wenigen Ausnahmen, die sie machte, verliefen erschreckend ernüchternd. Die entsprechenden Männer waren überaus zuvorkommend und konnten mühelos eine zwanglose Unterhaltung führen, in die sie geschickt das eine oder andere Kompliment einfließen ließen.
Doch was Angie früher möglicherweise geschmeichelt hätte, kam ihr nun billig und aufgesetzt vor. Denn sosehr sie sich auch bemühten, keiner konnte auch nur im Entferntesten an jenen Mann heranreichen, dessen Bild sie Tag und Nacht vor Augen hatte.
Weil mit zunehmender Routine auch die Arbeit sie immer weniger ausfüllte, erwartete sie sehnsüchtig Heathers Rückkehr nach London. Umso härter traf es sie, als eines Tages das Telefon klingelte und ihre Freundin sie über die unglaublichen Geschehnisse informierte, die sich auf Sizilien zugetragen hatten.
“Stell dir vor”, teilte Heather ihr aufgeregt mit, “Baptista will, dass Renato und ich heiraten.”
“Wie bitte?”, fragte Angie entgeistert. “Das soll doch wohl ein schlechter Witz sein.”
“Genau das habe ich ihr auch gesagt”, erwiderte Heather lachend.
“Wie kommt sie überhaupt darauf? Sie weiß doch genau, dass du Renato nicht ausstehen kannst.”
“Du weißt ja selbst, wie altmodisch sie ist”, erklärte Heather. “Für sie ist die Familienehre erst dann wiederhergestellt, wenn die Schmach getilgt ist, die mir in ihren Augen zugefügt wurde. Dafür muss ich nach ihrer Vorstellung in die Familie einheiraten. Und weil Renato die Hauptverantwortung trägt, hat sie ihn als meinen Ehemann auserkoren.”
“Das ist doch völlig absurd …”
“Natürlich ist es das”, fiel Heather Angie ins Wort. “Für uns jedenfalls. Nur befinde ich mich nicht in England, sondern auf Sizilien, und dass die Uhren hier anders gehen, brauche ich dir ja wohl nicht zu sagen.”
“Das brauchst du allerdings nicht”, erwiderte Angie nachdenklich. “Was hast du denn jetzt vor?”
“Ich werde für einige Tage nach
Bella Rosaria
fahren, bis sich die Aufregung gelegt hat. Der Rest wird sich finden.”
Angie verabschiedete sich in der Gewissheit, dass ihre beste Freundin die quälende Einsamkeit auf dem Landgut bestimmt nicht lange aushalten und schon sehr bald nach London zurückkommen würde.
Stattdessen rief Heather wenige Wochen später erneut an, um Angie mitzuteilen, dass sie in wenigen Tagen mit Renato getraut würde. “Du musst unbedingt
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