Happy End auf Sizilianisch
“Ich habe die Seite noch einmal aufgerufen, die du dir gestern angesehen hast. Und über die Links bin ich überraschend schnell fündig geworden”, setzte er hinzu und legte einige Papiere auf den Tisch.
Ungläubig sah Angie, dass er einen Artikel ausgedruckt hatte, der vor einigen Monaten in einer englischen Illustrierten erschienen war. Um Werbung für seine Klinik zu machen, hatte ihr Vater einem Journalisten ziemlich ungehinderten Einblick nicht nur in sein Berufs-, sondern auch in sein Familienleben gewährt.
Ein beträchtlicher Teil des Artikels befasste sich mit Angie.
Tagsüber eine hingebungsvolle Ärztin, nachts eine junge Frau, die das Leben zu genießen weiß
, stand in großen Lettern unter einem Foto, auf dem Angie in einem äußerst freizügigen Kleid auf der Tanzfläche einer berühmten Londoner Discothek zu sehen war.
Ein weiteres Bild zeigte sie als stolze Besitzerin eines Autos, das sich eine angestellte Ärztin von ihrem Einkommen nie und nimmer hätte leisten können. Den Abschluss des Artikels bildete eine Aufnahme ihrer Eigentumswohnung in Mayfair, Londons teuerstem Viertel.
“Warum hast du mir nichts davon gesagt?”, fragte Bernardo vorwurfsvoll, als Angie zu ihm aufsah.
“Ich habe mich nicht getraut”, erwiderte sie verzweifelt. “Du warst gestern so aufgebracht, dass ich Angst hatte, alles noch schlimmer zu machen.”
“Das ist dir eindrucksvoll gelungen.” Bernardo unternahm nicht einmal den Versuch, seine Bitterkeit zu verbergen. “Du hättest offen und ehrlich zu mir sein müssen. Und zwar von Anfang an.”
“Wann hätte ich es dir denn sagen sollen?”, platzte Angie entrüstet heraus. “Am Tag meiner Ankunft? Noch auf dem Flugplatz? Wenn ich gewusst hätte, wie viel es dir ausmacht, hätte ich mir ein Schild umgehängt: 'Achtung, Ihnen steht eine wohlhabende Frau gegenüber.' Ich konnte doch nicht ahnen, welche Rolle das für dich spielt. Schließlich bist du auch nicht gerade arm.”
“Verwechsle mich bitte nicht mit den Martellis”, erwiderte er sarkastisch. “Ich besitze nur das, was mein Vater meiner Mutter hinterlassen hat, und das übrige Erbe interessiert mich nicht. Das weißt du genau, und die Gründe kennst du auch. Ich kann nun mal nicht über meinen Schatten springen.”
“Das verstehe ich ja, aber …”
“Du verstehst gar nichts”, unterbrach Bernardo sie wutentbrannt. “Sonst hättest du mir das nicht angetan. Du weißt genau, dass ich nicht anders leben kann. Trotzdem hast du mich in dem Glauben gelassen, dass wir eine gemeinsame Zukunft haben werden. Ich wollte dich bitten, mich zu heiraten, obwohl ich genau weiß, wie beschwerlich das Leben in Montedoro ist. Je öfter wir in den letzten Tagen dort waren, desto größer wurde meine Hoffnung, dass du dem gewachsen sein könntest – nicht zuletzt aus Liebe zu mir.”
“Und warum zweifelst du jetzt daran?”, fragte Angie entgeistert. “Hältst du mich wirklich für so wenig belastbar? Vergiss nicht, dass ich auf einer Unfallstation arbeite.”
“Und nach dem Dienst gehst du in dein Luxusapartment und erholst dich von den Strapazen”, erwiderte Bernardo kalt. “Machen wir uns nichts vor, Angie. Du würdest das Leben in den Bergen nicht lange aushalten. Du kennst es doch noch gar nicht richtig. Bislang hast du nur die angenehmen Seiten erlebt. Aber wenn im Winter wochenlang die Sonne nicht scheint und die Stürme ums Haus fegen, würdest du dich schnell an ein gemütliches Plätzchen zurücksehnen.”
“Du denkst ja reizend von mir”, entgegnete Angie gekränkt. “Doch so schwach, wie du glaubst, bin ich nicht. Du solltest mir wenigstens die Chance geben, dir zu beweisen, wozu ich imstande bin – nicht zuletzt aus Liebe zu dir. Und wenn alle Stricke reißen, kann ich ja immer noch eine kleine Wohnung in Palermo kaufen, wo wir …”
“Glaubst du wirklich, ich würde mich von dir aushalten lassen?”, fiel Bernardo ihr ins Wort, und alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen.
“Davon kann keine Rede sein”, stellte Angie richtig. “Wenn wir verheiratet sind, ist es doch auch
dein
Geld.”
“Niemals würde ich auch nur einen Penny von dir annehmen!” Seine Stimme drohte sich zu überschlagen.
“Warum denn nicht?”, fragte Angie verängstigt. “Schließlich leben wir nicht mehr im …”
Noch bevor sie den Gedanken ausformuliert hatte, wurde ihr klar, wie aussichtslos der Versuch war, Bernardo umzustimmen. Er hatte nie einen Hehl daraus gemacht, wie viel ihm
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