Happy End fuer Harriet
können, was er ihr angetan hatte.
Als sie wieder an ihrem Platz war, wartete bereits ein sehr junger Mann, kaum älter als Piers, auf Harriet, um sich in ihre Tanzkarte eintragen zu dürfen.
“Bin ich zu spät gekommen, Miss Woodthorpe? Haben Sie die Walzer schon alle vergeben?”
Harriet nahm die Feder, die auf einem Tischchen lag, tauchte sie in das bereitstehende Tintenfass ein und strich dann Lord Ashbys Namen auf ihrer Karte aus.
“So, nun können wir tanzen”, sagte sie zu dem jungen Gentleman, der vor Aufregung einen hochroten Kopf hatte, und schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln. Mit tiefer Befriedigung sah sie, dass Lord Ashby bereits wieder auf dem Weg zu ihr war.
Als sie mit ihrem Partner, Lady Swaythlings Sohn, an ihm vorbeitanzte, trat er einen Schritt zur Seite und verneigte sich leicht ohne das geringste Anzeichen von Enttäuschung. Allerdings machte er an diesem Abend keine Anstalten mehr, sich Harriet zu nähern. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund war ihr das gar nicht recht.
Was für ein offensichtliches Spiel er spielt, dachte sie zornig. Wenn er glaubte, sie mit seiner Zurückhaltung ärgern zu können, hatte er sich getäuscht. Ihre Tanzkarte war voll, und sie war fest entschlossen, sich zu amüsieren.
Die Hoffnung, Lavinia würde an diesem Abend neue Bekanntschaften schließen, die sie von Gervase Calcott ablenkten, erfüllte sich nicht. Harriet sah, wie Lavinia in Calcotts Arm förmlich über das Parkett schwebte, die Augen geschlossen und mit einem verklärten Gesichtsausdruck, der deutlicher als alle Worte ihre Liebe dokumentierte.
“Lässt du dich bitte von Gervase zu Tisch geleiten?” flehte Elizabeth inständig. “Der junge Lord Swaythling wird Lavinia eskortieren, und Piers bleibt an meiner Seite. Wir müssen unbedingt dafür Sorge tragen, dass Lavinia ihre Gefühle nicht länger so öffentlich zur Schau stellt.”
Harriet nickte nur, denn in Gedanken war sie ganz woanders. Sie hatte auf der gegenüberliegenden Seite des Saales Lord Ashby entdeckt, der sich angeregt mit einer atemberaubend schönen schwarzhaarigen Dame unterhielt. In diesem Moment sah er zu ihr herüber und bedeutete ihr durch ein leichtes Kopfnicken, dass er sie erkannt hatte.
“Kennst du die Dame an Lord Ashbys Seite?” wollte sie von ihrer Schwester wissen.
“Nein, aber sie ist bezaubernd. Vielleicht stellt er sie uns vor.” Elizabeth lächelte einladend zu Hugh hinüber, der sich prompt in Bewegung setzte. Die Unbekannte an seinem Arm trug ein exquisites schwarzes Kleid aus mehreren Lagen der feinsten Gewebe – nach Harriets Meinung eher für eine Audienz bei Hofe geeignet als für einen Ball.
“Darf ich vorstellen, das ist Mrs Jennings. Sie kann es kaum erwarten, Elizabeth, dich und Miss Woodthorpe kennenzulernen.”
Die Miene der Dame in Schwarz wirkte eher desinteressiert. Doch mit der Neugier, die jede gut aussehende Frau für eine andere schöne Geschlechtsgenossin empfindet, musterte sie Elizabeth kritisch. Für Harriet hatte Mrs Jennings nur einen flüchtigen Blick übrig.
Nachdem einige Höflichkeiten ausgetauscht worden waren, beanspruchte Mrs Jennings ihren Begleiter wieder für sich. Kurz darauf wiegten sie und Lord Ashby sich bereits wieder im Walzertakt, und Harriet ließ sich von Gervase Calcott auf die Tanzfläche führen.
Er unterhielt sie in leichtem Plauderton. Jeglicher Hinweis auf seine sonst zur Schau getragene Tollpatschigkeit fehlte. Als er sie zu Tisch führte und sich als aufmerksamer Begleiter erwies, konnte Harriet erstmals ansatzweise verstehen, warum sich Lavinia in ihn verliebt hatte. Er verstand interessant über seinen Beruf zu erzählen und machte Harriet auf einige Leute aufmerksam, die zu seiner Klientel zählten.
Lord Ashby war für den Rest des Abends verschwunden. Er kehrte erst wieder in den Ballsaal zurück, als es Zeit zum Aufbruch wurde. Mrs Jennings war nicht bei ihm, und Harriet vermutete in einem unerklärlichen Anflug von Bitterkeit, dass sie an einem geheimen Treffpunkt auf ihn wartete. Von Lady Swaythling hatte sie nämlich erfahren, dass Mrs Jennings eine vermögende Witwe war, die als beste Partie der Saison galt.
Aber was ging es sie, Harriet, an, wem Lord Ashby nachstellte. Sie sollte froh sein, dass seine Aufmerksamkeit dann nicht mehr ihr galt. Es war gut möglich, dass er Mrs Jennings heiraten wollte. Schließlich musste er schon ungefähr dreißig Jahre alt sein und hatte gewiss die Absicht, eine Familie zu gründen.
Nun, dachte
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