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Happy Family

Happy Family

Titel: Happy Family Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Rambo.
    Sie merkte, dass ich sie ansah. Ertappt blickte ich weg. Da legte sie das iPhone beiseite und gestand: «Einen Hund wie dich habe ich mir als kleines Mädchen immer gewünscht.»
    Sie hatte sich einen Werwolf gewünscht? Schon als kleines Mädchen? Brrr!
    Mit einem Male streichelte sie mein Fell.
    Mein Gott, das bedeutete: Sie streichelte mich!
    Noch nie zuvor hatte mich ein Mädchen gestreichelt.
    Es war schön. Wunderschön. Sogar schöner als lesen. Aber Fee zerstörte natürlich mal wieder die Stimmung: «Wenn du so weitermachst, macht er gleich Freudenpipi.»
    Oje, war so etwas möglich?
    «Wäre bestimmt lustig zu sehen», grinste Jacqueline und kraulte mich darauf noch mehr. Es war sooo schön. Aber das mit dem potenziellen Freudenpipi machte mich richtig nervös. Sie streichelte mich immer zärtlicher, als ob sie es darauf anlegen wollte. Versteh einer die Mädchen. Besonders dieses.
    Sie kraulte mich immer intensiver. Ich bekam es langsam richtig mit der Angst zu tun, und deswegen rief ich das Unsouveränste, was man nur rufen konnte, wenn einen ein Mädchen streichelt. Ich rief: «Mama!»
    Doch Mama reagierte nicht. Sie starrte nur apathisch vor sich hin und sah dabei sehr bleich aus. Noch bleicher als sonst, geradezu blutleer. Und «blutleer» war in diesem Falle leider nicht nur eine Metapher. Sie war ja eine Vampirin. Sie murmelte lediglich etwas, was mich bis ins Wolfsmark erschaudern ließ: «Ich hab Hunger.»

[zur Inhaltsübersicht]
EMMA
    So unfassbar elend war mir das letzte Mal, als wir durch die Serpentinen der Pyrenäen gefahren waren und ich vorher diese Fischsuppe gegessen hatte. Nur war es diesmal eine andere Form von Übelkeit, denn ich hatte zusätzlich zu dem Würgereiz noch einen brennenden Durst und einen grausamen Hunger. Ich war natürlich nicht so blöd, nicht zu ahnen, wonach ich mich so verzehrte. Welcher Stoff meinen Durst, meinen Hunger stillen konnte. Aber ich war auch noch nicht so weit, mir dieses furchtbare Verlangen einzugestehen.
    «Fahr bitte die nächste Autobahnraststätte runter», bat ich Cheyenne.
    «Mach ich nicht.»
    «Warum das denn nicht?», fragte ich gereizt.
    «Das ist ein McDonald’s.»
    «Und?»
    «Die töten ihre Rinder nicht sanft …»
    «Es ist mir völlig scheißegal», ranzte ich sie an, «ob die Viecher da lebend auf den Grill geworfen werden oder vor dem Einschläfern noch eine Ayurveda-Massage bekommen!»
    «Schon gut, schon gut», gab Cheyenne klein bei und fragte in die Runde: «Wer hat noch Hunger?»
    Fee und Jacqueline meldeten sich, Max hingegen schaute mich nur besorgt an. Frank aber saß an einem von Cheyennes Zeichenblöcken und zeichnete. Ja, er zeichnete. Krude. So, dass selbst der ein oder andere Steinzeitmensch sich beim Anblick seines Werkes lachend um das Lagerfeuer gekugelt hätte, aber Frank fand damit endlich einen Weg, seinen Gefühlen und Wünschen Ausdruck zu geben:

    Cheyenne fuhr mit dem Bus auf die Raststätte. Als sie parkte, fragte Max, der ganz offensichtlich nicht so gut im Verdrängen dieser Blutsaugergeschichte war wie ich, ganz leise: «Mama, bist du dir sicher?»
    «Ich brauche nur ein Sparmenü», antwortete ich.
    Das waren «berühmte letzte Worte». Sätze, die man sagt, bevor die Katastrophe kommt, so wie:
    «Das sind nur ganz normale Flugturbulenzen …»
    «Ich schneide den roten Draht durch …»
    «Du bist aber ein süßes Hündchen …»
    Oder: «Guckt mal, ich kann mit fünf brennenden Keulen gleichzeitig jonglieren …»
     
    Die anderen bestanden darauf, zu McDonald’s mit reinzugehen. Geschwächt versuchte ich zu argumentieren, dass wir auffallen würden und Cheyenne uns daher lieber das Essen holen sollte, aber alle wollten sich nach ein paar Stunden im Bus die Beine vertreten. Fee argumentierte: «In so einer Autobahnraststätte haben die Menschen schon die merkwürdigsten Dinge gesehen.»
    Max gab auch gleich ein Beispiel dafür: «So wie diese selbstreinigenden Toiletten ohne Wasser.»
    Ich war viel zu fertig, um die anderen abzuhalten. Ich setzte meine Sonnenbrille auf und zog die Handschuhe an. Cheyenne blieb als Einzige im Bus. Sie wollte lieber ihre mitgebrachte makrobiotische Kost essen, die Ähnlichkeit hatte mit dem, was Gefangene in thailändischen Gefängnissen bekommen. Um die Mauern zu mörteln.
    Wir Wünschmanns gingen mit Jacqueline über den Parkplatz Richtung McDonald’s. Ein bisschen freute ich mich sogar, trotz meines Elends, denn es war das erste Mal seit langem, dass wir

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