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Happy Family

Happy Family

Titel: Happy Family Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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entwenden und mich auch nicht mit Worten verletzen», erklärte er.
    «Na, das wollen wir doch mal sehen!», schrie ich, nun endgültig nicht mehr Herrin meiner selbst, und rief alle Schimpfwörter, die mir in den Sinn kamen. Wirklich alle: «Kretin! … Amöbe! … Pipimann!»
    «Du wirst etwas unsachlich», befand Dracula.
    «Kleiner Pipimann!»
    «Etwas arg unsachlich und kein bisschen den Tatsachen entsprechend», erklärte er beleidigt. Worte konnten ihn anscheinend doch verletzen. Gut so!
    «Minicalifragilistischexpialigetischer Pipi…»
    « EMMA !»
    Er packte meine Hand, blickte mir tief in die Augen und erklärte: «Nimm die Pille. Vertraue mir.»
    Seine wundervolle Stimme und vor allen Dingen sein sanfter Blick beruhigten mich etwas. Ich hörte auf zu toben, aber dennoch widerstrebte alles in mir: «Du bist Dracula.»
    «Ja und?»
    «Wer in der Welt vertraut schon Dracula?»
    «Ich hoffe, die Frau, die für ihn bestimmt ist», antwortete er und lächelte dabei.
    Ach du meine Güte, meinte er damit etwa mich?
    Er sah die Frage in meinen Augen, beantwortete sie jedoch nicht. Stattdessen nahm er nur die Pille in seine feine, aber dennoch kräftige Hand und hielt sie mir hin. Verwirrt und alternativlos, wie ich war, nahm ich die Tablette. Dabei touchierten unsere Finger leicht, und ein angenehmes Kribbeln durchfuhr meinen ganzen Körper. Am liebsten hätte ich weiter seine Finger berührt, aber ich nahm, wie mir geheißen, die Pille in den Mund. Sie schmeckte nach nichts, und ich schluckte sie runter. Kaum war sie in meinem Magen angelangt, verschwand alles: die Krämpfe, das Unwohlsein, die Übelkeit und vor allen Dingen: das Verlangen nach dem kleinen Reagenzglas. Ich wollte niemanden mehr in den Hals beißen. Ich war wieder ich selbst.

    Kaum war ich wieder bei Verstand, bekam ich eine Heidenangst: Ich war auf einem Schloss? Mit Dracula höchstpersönlich?!?
    «Fühlst du dich nun besser?», fragte er mit seiner schönen Stimme in aufrichtiger Anteilnahme.
    Ich nickte vorsichtig.
    «Du begehrst sicherlich nichts mehr, als zu wissen, aus welchem Grunde ich dich hierhergeholt habe?»
    Eigentlich begehrte ich nichts mehr, als zu wissen, wie ich von hier fliehen konnte. Aber das behielt ich lieber für mich.
    «Zuerst einmal», hob Dracula an, «wir sind in einem meiner Schlösser, zwanzig Kilometer entfernt von jenem ungastlichen Orte, an dem ich dich eingesammelt habe.»
    Gut, das bedeutete, meine Kinder und mein Mann waren noch nicht allzu lange allein. Das hieß zwar nicht, dass sie kein Unheil anrichten würden, bei ihnen handelte es sich ja schließlich um Wünschmanns, aber ich konnte relativ schnell wieder bei ihnen sein, vorausgesetzt, Dracula würde mich lassen. Wonach es leider ganz und gar nicht aussah.
    «Ich möchte mit dir nun über die Prophezeiung reden», erklärte Dracula ernst.
    «Die Prophezeiung?», fragte ich.
    «Die Prophezeiung der Kree.»
    Das machte es nicht wirklich klarer.
    «Vor 10 000 Jahren», so hob er an, «durchwanderte das Volk der Kree, eine Nebenlinie der Neandertaler, die wilden Weiten der Ländereien, die wir heute als Osteuropa bezeichnen.»
    Klang nicht sehr attraktiv. Es hätte bestimmt mehr Spaß gemacht, die wilden Weiten der Ländereien zu durchschreiten, die wir heute als Mallorca bezeichnen.
    «Unter den Kree war Harboor, der Weissager. Er sprach in Zungen, hatte Kontakt zu den Urgöttern der Erde und konnte weit in die Zukunft blicken.»
    Dann hatte er sich bestimmt geärgert, dass er Osteuropa in Zeiten durchwandern musste, in denen das Navi noch nicht erfunden war.
    «Harboor sah in die Zukunft und prophezeite seinen Stammesbrüdern: ‹Dereinst wird ein Geschöpf von unglaublichem Blutdurste über die Erde wandeln. Auf diesem Geschöpf wird ein Fluch lasten: Eine Seele wird in ihm wohnen! Jedoch wird fürderhin jeder Mensch, den er durch seinen Biss gleichfalls in einen Blutsauger wandelt, seine Seele verlieren und zu einem Wesen, das der Liebe nicht fähig ist. So wird der Blutdürstende mit Seele dazu verdammt sein, tausend Jahre auf der Erde zu wandeln, ohne je die Liebe zu finden.›»
    Draculas Augen blickten schmerzvoll. Hatte der Arme etwa wirklich so lange ohne Liebe gelebt? Dies war ein Schicksal, das niemand verdient hatte. Wirklich niemand. Nicht mal der Fürst der Verdammten. In diesem Augenblick tat er mir unendlich leid. Und ich fragte mich dabei noch nicht einmal mehr, ob es moralisch in Ordnung war, Mitleid mit einem Wesen wie ihm zu

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