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Happy Family

Happy Family

Titel: Happy Family Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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tun würde, vielleicht weil er mich die ganze Zeit trotz aller Wut so fasziniert anstarrte.
    «Du siehst genauso aus wie sie», meinte er nun, halb wehmütig, halb wütend.
    «Wer auch immer ‹sie› ist, sie sieht dann nicht sonderlich hübsch aus», erwiderte ich.
    «Spotte nicht über sie!», schrie Imhotep, und sein Gesicht verwandelte sich wieder zu einer riesigen Fratze aus schwarzem Sand.
    «Okay, okay, was immer du sagst …», wiegelte ich ab. Diese Sandnummer war ziemlich einschüchternd, und jetzt glaubte ich mit einem Male doch, dass er mir etwas antun würde.
    Sein Gesicht wurde wieder normal, und er fragte vor Zorn bebend: «Warum beschmutzt du ihr Antlitz?»
    «Ich weiß noch nicht mal, um wen es geht.»
    «Lüge nicht!», schrie er, packte mich am Kinn und sah mich mit Mordlust in den Augen an. Der Typ war so ausgeglichen wie die meisten Lehrer nach zehn Jahren Schuldienst.
    «Ich lüge doch gar nicht», erklärte ich panisch.
    «Du willst behaupten, dass du noch nie von meiner großen Liebe Anck-Su Namun gehört hast?»
    «Ehrlich, großes Mumienehrenwort!», antwortete ich.
    Immo prüfte eine gefühlte halbe Ewigkeit meinen Blick und ließ mich verunsichert los. Dann legte er eine Schweigeminute ein. Schließlich begann er zu erzählen, mit trauriger, wehmütiger Stimme. Obwohl seine Augen in meine Richtung blickten, schienen sie nicht mich zu sehen, sondern die vergangenen Ereignisse: «Anck-Su Namun war die Frau des Pharaos Seti, und ich war sein Hofzauberer. Doch Anck-Su Namun liebte mich, und ich liebte sie. Unsere Liebe war größer als die von Isis und Osiris.»
    Ich kannte die beiden zwar nicht, aber so, wie er es sagte, musste das eine verdammt große Liebe gewesen sein.
    «Wir wollten vom Hofe des Pharaos fliehen in der Nacht, in der Seti mit Anck-Su Namun einen Nachfolger zeugen wollte. Anck hatte ein so reines Herz und ein solches Feuer, dass sie danach eine Revolution anzetteln wollte, um den Pharao zu stürzen und den Menschen ein friedliches, gerechtes Leben zu ermöglichen. Sie hatte dafür schon Verbündete und Gerechte im Untergrund zusammengetrommelt.»
    Das klang nach einer wirklich mutigen Frau. Eine, die wusste, was sie vom Leben wollte, und bereit war, dafür alles zu geben. Warum nur wurden wir im Unterricht mit Hohltieren, Logarithmen und dem Bau von Burganlagen im Mittelalter belästigt, anstatt zu erfahren, welche großartigen Frauen es auf der Welt gegeben hatte? Dann hätte ich mal echte Inspirationen bekommen und in der Schule zur Abwechslung wirklich etwas fürs Leben gelernt.
    «Doch in jener Nacht», fuhr Imhotep mit seiner Geschichte fort, «wurden wir von Ancks Zofe verraten. Die Wachen packten uns noch in ihrem Gemach. Der Pharao fällte auf der Stelle sein grausamstes Urteil. Er ließ uns in diese Grabkammer verschleppen, bei lebendigem Leibe mumifizieren und in jenen Sarkophagen lebendig begraben.»
    Er deutete auf zwei Sarkophage. Einer war offen und leer. Der andere geschlossen. Vermutlich lag darin noch diese Anck. Das war spooky.
    Ich musste schlucken, und mir rutschte raus: «Dieser Pharao hatte keinen schönen Stil …»
    Imhotep lachte bitter auf: «So kann man es auch sagen.»
    Sein Lachen über meine Bemerkung war voller Schmerz. Der Held in einer so großen, dramatischen Liebesgeschichte zu sein, machte anscheinend keinen Spaß.
    «Kurz bevor Setis Wachen die Sarkophage schlossen, belegte ich uns mit einem Zauber, der dafür sorgen sollte, dass wir leben, bis uns jemand befreit. Dreitausend Jahre lagen wir hier, bis vor Jahrzehnten Grabräuber die Grabstätte öffneten …»
    Weiter redete er nicht. Tränen schossen ihm in die Augen, und ich brauchte keine großartige Phantasie, um mir auszumalen, dass der Zauber nur bei ihm gewirkt hatte. Und dass er sich für Ancks Tod schuldig fühlte.
    «Ich habe die Grabräuber auf der Stelle getötet.» Er zeigte auf einen Haufen Knochen in einer Ecke der Grabkammer, und mir lief ein Schauer über den Rücken. «Und seitdem», fuhr er fort, «wache ich an Ancks Sarkophag.»
    Er streichelte über den Deckel des Sarkophages, voller Trauer und Liebe. Geistig gesund war das alles wirklich nicht.
    Als er meinen skeptischen Blick bemerkte, riss er sich zusammen, packte mich erneut am Kinn und dröhnte: «Du beschmutzt ihr Antlitz. Und dafür wirst du sterben!»
    Er sah mir nun tief in die Augen und säuselte mit tiefer Stimme: «Ich wünsche mir, dass du dich selbst hinrichtest!»
    Ganz klar, Impotent wollte mich

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