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Happy Family

Happy Family

Titel: Happy Family Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Speiseröhre. Ich verschluckte mich, musste husten, aber die Pille war in meinem Körper. Und sie entfaltete blitzschnell ihre Wirkung: Mein brennendes Verlangen wurde sofort gelöscht, und ich ließ von Bärbel ab.
    «Geh», sagte ich benommen zu ihr.
    Sie wusste nicht, was sie antworten sollte.
    «Du bist kein Essen mehr», erklärte ich, «sondern wieder eine Bärbel.»
    «Ich heiß gar ned Bärbel, sondern Aschdrid», meinte sie.
    «Weißt du, was mir das ist?»
    «Völlig wurscht?»
    «Schlaue Aschdrid. Und jetzt verschwinde, sonst gibt es für Aschdrid …»
    «… einen Arschtritt?», fragte sie.
    «Sehr, sehr schlaue Aschdrid!»
    Die Schwäbin rannte jetzt los ins Resort, und ich hörte noch, wie sie rief: «Hanoi, als Erschtes ruf ich den Scheidungsanwalt an.»
    «Menschen», seufzte Dracula, «sind ja so was von überflüssig.»
    Mein Blutrausch war verflogen. Dracula hatte mich davor bewahrt, eine Mörderin zu werden. Vielleicht war es sogar das Größte, was je jemand für mich getan hatte. Dafür war ich ihm zutiefst dankbar.
    Doch dass ich mich nicht mehr im Rausch befand, war nicht nur ein Segen, denn mit einem Mal waren alle meine anderen Gefühle wieder da. Und ich hätte wegen meiner Familie wieder auf der Stelle losweinen können.
    «Hast du heute Abend etwas vor?», fragte Dracula. «Wenn nicht, flieg doch einfach mit mir davon.»
    «Können Vampire etwa auch fliegen?», fragte ich. Diese Vorstellung lenkte mich etwas von meinem Kampf mit den Tränendrüsen ab.
    «Wenn wir uns in Fledermäuse verwandeln.»
    «Brr», sagte ich, der Gedanke war mir unangenehm.
    «Aber ich würde vorschlagen, wir nehmen lieber meinen Learjet», lächelte Dracula und zeigte auf einen edlen Jet, der nicht mal hundert Meter entfernt stand.
    Ich überlegte kurz.
    Dann antwortete ich: «Das ist ein verdammt guter Vorschlag.»

[zur Inhaltsübersicht]
MAX
    Über mir flog im Himmel irgendein Jet, während ich mich vorbei an dem Zelt des Zirkus namens «Maximus» schlich. In den Käfigen neben dem Zelt schnarchten zwei altersschwache Tiger und ein großer, fetter, vermutlich adipöser Gorilla vor sich hin. In der Mitte des kleinen Wüstenareals, das der Zirkus in Beschlag nahm, stand ein Wagen, der vermutlich dem Zirkusdirektor gehörte. Für diese These sprach die Tatsache, dass auf diesem Wagen in großen Lettern
Der Große Maximus
stand. Aus diesem Namen konnte man zudem schlussfolgern, dass es sich bei Maximus um einen Deutsch sprechenden Zirkusdirektor handelte. Ferner stand zu vermuten, dass ein Mann, der sich der Große Maximus nannte, nicht gerade unter einem mangelnden Ego litt. Wahrscheinlich sprach er von sich selbst in dritter Person.
    Doch egal, was für ein psychologisch ausgeprägtes Exemplar der Gattung Mensch Maximus auch war, ich musste mit ihm reden, denn wenn eine Kreatur wie ich irgendwo Unterschlupf finden konnte, dann war es an einem Ort wie diesem hier. Hier lebten bereits schon so einige merkwürdige Geschöpfe: In einem Wagen sah ich durch das beleuchtete Fenster, wie sich eine Frau, deren Haut aussah wie die einer Schlange, ihrer Kleidung entledigte. Der Busen dieser Schlangenfrau war der erste, den ich in meinem Leben live sah, und ich war mir nicht sicher, wie ich diesen Anblick finden sollte.
    An einem anderen Wagen hing ein Plakat, auf dem
Jo und Bob, die siamesischen Zwillinge am Trapez
angekündigt wurden. Und vor dem leeren Zirkuszelt schlief, an einem Pfosten angelehnt, eine dicke, betrunkene Dame mit Vollbart. Ja, in so einem Umfeld würde ich definitiv nicht auffallen!
    Ich ging die kleine morsche Holztreppe hoch und hörte durch die Tür ein lautes Schnarchen. Maximus hatte ein maximales Organ, so viel stand schon mal fest.
    Auf dem Treppenabsatz angekommen, klopfte ich mit meiner Pfote gegen die Tür. Maximus schnarchte noch etwas lauter. So hämmerte ich immer heftiger gegen das Holz der Tür, bis ich anstatt eines Schnarchens «Scheiße, wer wagt es, Maximus so spät in der Nacht zu stören?» hörte.
    Wie ich es mir gedacht hatte: Maximus redete von sich in der dritten Person.
    «Wenn das wieder ihr besoffenen siamesischen Idioten seid», brüllte er, «dann versohl ich euch so euren gemeinsamen Arsch, dass ihr nicht mehr wisst, wo dieses bekloppte Siam überhaupt liegt!»
    Dieser Mann schien nicht gerade ein freundlicher Arbeitgeber zu sein.
    «Ich komme wegen eines Jobs!», rief ich tapfer durch die geschlossene Tür.
    «Ich brauch keine jungen Männer zum Mitfahren!», brüllte

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