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Happy Family

Happy Family

Titel: Happy Family Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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werden. Zu allem Überfluss hatte Papa auch noch Mama betrogen. Und ich hasste sie jetzt alle drei.
    Wie sehr ich mir wünschte, jetzt bei Jacqueline zu sein. Jedenfalls bei einer Jacqueline, die mich nicht auslachte, wenn ich ihr meine Liebe gestand. Aber diese Jacqueline existierte ja leider nicht. Also wünschte ich mir doch nicht, bei Jacqueline zu sein.
    Vor allen Dingen wünschte ich mir, dass ich ihr nie gesagt hätte, dass ich sie liebe. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Wie sollte sie auch einen Werwolf lieben? Geschweige denn einen Max?
    Es war jedoch auch irrelevant, wie sie einen Max lieben konnte, ich würde ja nie wieder einer sein. Wir Wünschmanns hatten keinerlei Möglichkeit mehr, uns wieder zurück in normale Menschen zu transformieren oder gar in eine normale Familie, die wir – wenn man es mal so richtig durchdachte – ja ganz offensichtlich ohnehin niemals waren.
    Was sollte ich jetzt nur anstellen mit meinem Leben? Bei Papa bleiben? Einem Mann, der Schwierigkeiten hatte mit dem Addieren im einstelligen Zahlenbereich und den ich jetzt zutiefst verachtete? Einem Mann, dem ich am liebsten ans Bein strullern wollte und dann ins Bein beißen? (Wobei in geschmacklicher Hinsicht die umgekehrte Abfolge der Aktionen sicherlich optimaler wäre.)
    Nein, bei diesem Menschen konnte ich nicht bleiben! Ich musste also sehen, wie ich alleine als Werwolf durchs Leben kommen würde. Doch wie sollte das gehen? Mit Talkshowauftritten Geld verdienen? Wie lange würde dies gutgehen? Wie lange wäre meine Halbwertszeit als Mediensensation, bevor man mich im Dschungelcamp entsorgte?
    In diesem Augenblick fiel mir wieder ein, welcher Gefahr ich mich aussetzen würde, wenn ich als parlierender Werwolf bekannt würde. Garantiert würde ich in das Visier von Wissenschaftlern geraten. Diese würden vor einem Gericht dafür sorgen, dass man mich nicht als Homo sapiens klassifizierte, sondern als Tier, und dann würde ich für die nächsten fünfzig Jahre in einem Versuchslaboratorium verschwinden. Wenn ich überhaupt so lange darin überleben würde.
    Das durfte nicht passieren! Es war ganz evident: Ich musste inkognito bleiben. Doch wie? Sollte ich mich einem Wolfsrudel anschließen? Es gab ja keine Wölfe in der Fauna von Ägypten. Und die Wüstenfüchse würden wohl kaum darauf reinfallen, wenn ich so tat, als wäre ich einer von ihnen. Und falls sie doch nicht hinter diese Scharade kämen, wären die Wüstenfüchse so etwas von intellektuell unter meiner Würde, dass ich mich niemals zu ihnen gesellen wollen würde.
    Es gab nur eine Möglichkeit für mich, als Werwolf Geld für Kost und Logis zu verdienen und gleichzeitig unter dem Radar der Wissenschaftler zu bleiben: Ich musste mich einem kleinen Zirkus anschließen. Zum Beispiel dem, der gerade am Resort gastierte. Endlich hatte ich eine Strategie! Keine sonderlich reizvolle. Aber eine praktikable.
    Ich lief zu Papa und strullerte ihm ans Bein. Dann biss ich rein. Und ärgerte mich zugleich, dass ich mir in meinem Zorn nicht die richtige Reihenfolge gemerkt hatte. Dann lief ich – mit einem schlechten Geschmack im Mund – auf und davon. Zum Zirkus!

[zur Inhaltsübersicht]
EMMA
    Wenn man in großen epischen Filmen jemanden auf der Leinwand sieht, der in wundervollen Landschaften weint – in Tibet, im Dschungel oder wie ich in der Wüste –, dann ist man im Kinosaal immer ganz ergriffen und denkt: «Hach … welch große, tiefe Gefühle!»
    Doch in diesem Augenblick erkannte ich: Große, tiefe Gefühle sind voll für den Arsch.
    Was hätte ich nur dafür gegeben, total angeödet vor der Glotze zu sitzen, mir auf Phoenix was Langweiliges wie eine Bundestagsdebatte über die Mautgebühr anzusehen und dabei Chips zu futtern.
    Und was hätte ich dafür gegeben, mit einer Tüte Chips meinen Hunger stillen zu können. Denn während meines epischen Emotionsrittes durch die Wüste begann mein Magen zu grummeln. Anfangs ignorierte ich ihn, war ich doch viel zu sehr mit Weinen beschäftigt. Doch dann meldete er sich immer lauter zu Wort, bis ich seinen Ruf nicht mehr ignorieren konnte, der da lautete: «Hey, ich hab Kohldampf! Und mit ‹Kohl› mein ich Blut!»
    Die Wirkung von Draculas Pille ließ nach. Und zwar rasant schnell. So schnell, dass mir im weiteren Verlauf des Rittes völlig egal wurde, ob Frank es achtmal mit Suleika im Bett getan hatte oder siebzehnmal auf einem Trapez.
    Ich hatte keine Ahnung, wohin ich überhaupt ritt, aber in meinem Hunger war

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