Happy Smekday: oder: Der Tag an dem ich die Welt retten musste (German Edition)
nicht mehr alle. Wahrscheinlich liege ich festgeschnallt im Krankenhaus, sabbere vor mich hin und gebe tierische Laute von mir.«
Eine hübsche Vorstellung, an die ich aber selbst nicht ganz glaubte. Ich stand auf und betrat den Vergnügungspark durch ein Drehkreuz. Irgendwann würde ich die letzten Angehörigen der menschlichen Rasse finden und jemanden suchen, der im Königreich der Glücksmäuse arbeitete und mir erklären konnte, wieso an den Kassenbuden manchmal FURZ stand und manchmal nicht. Was sollte ich auch anderes tun?
Innerhalb des Parks war es nicht so sauber. Auf den Wegen, in den Gebäuden und in den Läden lag Müll, und in den skelettartig kahlen Bäumen hingen Plastiktüten. Ich entdeckte streunende Katzen und mindestens einen Pfau. Die größte Durchgangsstraße hieß Broadway und war von kleinen Geschäften gesäumt, in denen früher Souvenirs aus anderen Ländern verkauft worden waren. Jetzt hausten dort vor allem Ratten.
Vom Ende des Broadway hätte ich eigentlich den Palast der Eiskönigin sehen müssen, doch da war nichts. Und dann entdeckte ich auch, warum. Die Boov hatten ihn mit ihren Gewehren fast gänzlich zerstört. Es war einfach nur furchtbar, wie ein Mensch ohne Kopf. Ein kleines Stück vom Turm stand noch, und die halbe Zugbrücke, doch der Rest war sauber abgeschnitten. Es gab ein altes Foto von meiner Mutter, auf dem sie jünger war als ich jetzt und von der Zugbrücke dieses Palasts winkte. Auf dem Foto trug sie so eine Mausnase aus Gummi, die man hier kaufen konnte. Ich hoffte, dass sie den Palast nie in diesem Zustand sehen würde.
Und ich fragte mich, ob das irgendwie mit der Botschaft zusammenhing, die ich gesehen hatte:
MENSCHEN
GEHT ZUM KÖNIGREICH
TREFFPUNKT UNTER DEM PALAST
MOPS
Das hatte dort gestanden, oder? Ich hatte die Botschaft fotografiert, doch das Bild hatte ich im Auto vergessen. Auch wenn es den Palast im strengen Sinne nicht mehr gab, konnte ich doch darunter nachsehen. Vielleicht gab es ein Untergeschoss? Ich hatte bisher keinen Keller bemerkt. Während ich sinnierte, sah ich auf einmal einen Collie vor einem Hydranten.
»Hey«, sagte ich. »Komm her, alter Junge.«
Im Königreich der Glücksmäuse ist es so, falls ihr es noch nicht gemerkt habt, dass einige Dinge kleiner sind als sonst und andere größer. Man sieht zum Beispiel ein großes bayrisches Fachwerkhaus, doch wenn man näher kommt, ist es nur drei Meter hoch. Sie spielen dort echt mit deinem Sinn für Proportionen. Deswegen kann man auch einem Hund vor einem Hydranten recht nahe kommen, ehe man merkt, dass der Hydrant die Größe eines Kühlschranks hat, während der Hund so groß ist wie ein Löwe. Er sieht auch wie einer aus und ist dann tatsächlich ein Löwe.
»Oh«, sagte ich und machte einen Schritt rückwärts. Meine Gedanken überschlugen sich. Einerseits dachte ich, klar, einige Tiere sind sicher aus dem Wildpark entlaufen, andererseits versuchte ich mich zu erinnern, ob ich in der Schule gelernt hatte, wie man mit Löwen umgeht. Aber nein, das hatte man uns natürlich nicht beigebracht, weil es angeblich wichtiger war, die Hauptstädte der Bundesstaaten zu lernen.
»Die Hauptstadt von Florida ist Tallahassee«, belehrte ich den Löwen, während ich langsam weiter zurückwich. »Das offizielle Getränk ist Orangensaft.«
Der Löwe knurrte, setzte sich tief auf die Hinterbeine und belauerte mich. Belauern ist definitiv der richtige Ausdruck. Ich bin sicher, dass dieses Wort ausdrücklich für Löwen erschaffen wurde; niemand konnte das so gut wie sie.
»Ich schmecke wahrscheinlich nicht besonders«, gab ich zu bedenken, während ich mich langsam an die Ecke eines Ladens zurückzog. »Du kannst dir nicht vorstellen, was ich alles gegessen habe.«
Der Rücken des Löwen erschauerte in einem Anfall von Ungeduld. Dann streckte er sich plötzlich nach hinten, als wollte er seine Sprungfedern spannen. Ich sprintete los.
So schnell war ich noch nie gerannt. Ich holte so tief Luft, dass es wie Nadeln in meiner Lunge stach. Ich sauste hierhin und dorthin, wich den Straßenlaternen aus, flitzte in Gassen hinein und am anderen Ende wieder hinaus und hoffte inständig, dass es etwas nützte und Löwen nicht mehr so gute Jäger waren, wenn ihre Beute sich hinter einem Souvenirgeschäft versteckte. Ich hörte seine runden Tatzen hinter mir, seinen keuchenden Atem. Doch wenn ich nach Beweisen suchte, dass ich wirklich den Verstand verloren hatte, gab es Schlimmeres als zu glauben,
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