Happy Smekday: oder: Der Tag an dem ich die Welt retten musste (German Edition)
habe ich sie kaum beachtet, doch wenn ich jetzt darüber nachdenke, war es das erste Mal, dass ich fliegende Flamingos sah. Es passte nicht zu ihnen – sie sahen wie sprintende Drag Queens aus. Doch in jenen Tagen gehörten auch sie nur zu dem neuen, von einem Fluch heimgesuchten Amerika mit seinen leeren Städten und dem riesigen verschwitzten Auge in den Wolken, das alles im Blick hatte.
J.Lo war immer noch hellblau. Er hatte sich auf dem Beifahrersitz ganz klein gemacht und starrte auf einen Punkt jenseits des Armaturenbretts. Sau war sich zu ihrem Glück nicht bewusst, dass die Welt gerade zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres untergegangen war. Sie rieb sich abwechselnd an J.Lo und mir, um eine Reaktion zu bekommen, gab aber bald auf und machte stattdessen ein Schläfchen auf der Rückbank.
Ich konnte keine lange Strecke fahren, weil ich überhaupt nicht geschlafen hatte. Ich dachte, J.Lo wäre vielleicht wacher, und hätte nun nichts mehr dagegen gehabt, wenn er gefahren wäre, doch er war zur Seite gekippt und ließ mit geschlossenen Augen die Scheibe beschlagen. Ich schaffte es in eine Stadt, keine Ahnung, wie sie hieß, und fuhr auf einen Schrottplatz neben dem Highway. Das passte irgendwie zu uns dreien. Dort parkte ich Slushious zwischen zwei großen Bergen entsorgter Stadt und rollte mich neben Sau zusammen.
Vorsichtig öffnete ich das Fenster einen Spalt, um Luft ins Wageninnere zu lassen. Ich fürchtete, es würde stinken wie normaler Müll, doch auf dem Schrottplatz roch es nur nach Pennys. Wahrscheinlich hatte es früher in der U. S. Mint so gerochen, als noch Münzen geprägt wurden. Als Pennys noch Pennys waren und keine wertlosen Kupfermedaillons wie Preise bei einem Lincoln-Lookalike-Contest. Früher, als Dollarscheine nicht nur brieftaschengroße Bilder von George Washington waren.
Ungefähr zu der Zeit wurde die metaphorische Schlechtwetterlage Wirklichkeit, und der Himmel öffnete seine Schleusen. Ich glaube, diese Art Regen gibt es nur in Florida, einen Regen, bei dem man Tiere paarweise einsammeln möchte, nur für den Fall der Fälle. Ich blickte aus dem Fenster und sah rein gar nichts. In dem Wolkenbruch sah die Welt wie ein Kabelsender aus, für den man nicht bezahlt hatte, Rauschen pur.
Sau war auch wieder wach, und das ewige Pladdern auf den Fenstern machte sie nervös. Sie saß auf meinem Schoß und bearbeitete meine Beine mit ihren Krallen. Gemeinsam sahen wir dem Sturm zu, dem Wind, der den Regen in wogenden Güssen schüttelte wie Geister auf alten Meeren.
Tut mir leid. So geht es mir immer, wenn ich an diesen Tag denke. Wer weiß, wozu es gut war, jedenfalls schlief ich mittendrin ein. Als ich später wieder aufwachte, brachte uns die Flut beinahe um. Spannung pur.
* * *
Ich träumte nichts. Ich schloss nur die Augen und als ich sie eine Sekunde später wieder aufschlug, war es Nacht.
Ich überlegte kurz, ob mir schlecht war. Mein Magen machte einen Hüpfer und beruhigte sich wieder, und so ging es immer weiter, als wäre ich in einem Boot. Wie auf der Fähre über den Delaware. Und als ich mich gerade so weit aufgerichtet hatte, um zu sehen, warum es sich so anfühlte, stieß das Auto mit einer Waschmaschine zusammen.
Sie war von einem Müllberg gefallen und hatte eine Autoflosse so stark getroffen, dass sie wie ein billiger Klappstuhl eingeknickt war. Slushious kippte und wäre beinahe auf die Seite gefallen. Durch den Boden drang Wasser und überall um uns herum war auch Wasser. Wir schwammen in einem nagelneuen Fluss zwischen Ufern und Hügeln aus losen Metallteilen. Atemlos sah ich zu, wie Schrottteile hochflogen und riesigen Fledermäusen gleich über uns kreisten.
»Oh mein Gott!«, rief ich. »Oh mein Gott, ich habe mitten in einem Hurrikan auf einem Schrottplatz geparkt! J.Lo!«
J.Lo erwachte langsam und krabbelte von vorne auf die Rückbank. »Mlaaa-ak sis?«, murmelte er. »Wassis?«
Sau brachte sich fast um. Sie sauste durch das Auto, nur weg von den Pfützen, die sich überall ausbreiteten.
»Hurrikan!«, schrie ich. »Großer Sturm! Alles ist überschwemmt, wir treiben auf den Fluten! Das Auto ist leck! Und … ich verstehe das alles nicht; gestern war doch noch so schönes Wetter!«
»Das liegt an den Gorg«, erklärte J.Lo nach einem Blick aus dem Fenster. »An den Raumschiffen, sie sind einfach zu groß. Sie machen das Wetter, wohinimmer sie zu kommen.«
Für meinen Geschmack blieb er viel zu ruhig. Ich wollte ihm den Ernst der Lage
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