Happy Smekday: oder: Der Tag an dem ich die Welt retten musste (German Edition)
Allmählich kapierte ich, warum er die Entführung meiner Mutter nicht so schlimm fand.
»Also … die Menschensmutter und der Menschensvater zu machen ihr Baby ganz allein«, sagte J.Lo langsam. »Uuund … danach … zu behalten sie das Baby?«
»Ja.«
»Wie als Haustier.«
»Nein.«
»Nein?« J.Lo öffnete die Hände und schloss sie wieder.
»Nein. Nicht als Haustier. Als Baby. Es ist ihr Baby«, sagte ich, »das sie lieben und um das sie sich kümmern. Mutter und Vater gemeinsam. Normalerweise.«
»Normalerweise«, wiederholte er. »Aber bei Tip nicht?«
Es war lustig, dass jemand diese Frage einfach so stellte, als wäre nichts dabei. Es machte mir nichts aus, über meinen Vater zu sprechen, auch wenn die Leute das immer annahmen.
»Nein, bei mir nicht«, erklärte ich. »Meine Mom hat mich großgezogen, aber meinen Dad habe ich nie kennengelernt, und er mich auch nicht.«
»Ah, ja«, sagte J.Lo. »So ist es bei den Boov auch. Niemand kennt seine Nachkommen und niemand kennt seine Eltern.«
»Keiner?«
J.Lo erklärte es mir. Anscheinend waren von den sieben Boov-Geschlechtern, von denen er mir früher schon erzählt hatte, fast alle daran beteiligt, ein Boov-Baby zu machen. Wenn ein Weibchen ein Ei legen wollte, tat sie es einfach und ging wieder. Eier konnte man an bestimmten Stellen überall in den Städten ablegen. Wenn dann ein Junge oder ein Jungejunge oder was auch immer vorbeikam und das Ei entdeckte, tat er, was getan werden musste, und ging wieder. Eier, die sich bald in einen Boov verwandeln würden, wurden von denen eingesammelt, deren Aufgabe es war. Die Nächsten übernahmen das Füttern und die Aufzucht der Babys, die dann wieder von jemand anderem unterrichtet wurden. Familien waren bei den Boov höchstens mit der Arbeitseinheit zu vergleichen, der sie als Erwachsene zugeteilt wurden.
»Tja, dann sind wir Menschen den Boov wenigstens darin überlegen«, sagte ich. »Familien sind besser.«
J.Lo schüttelte den Kopf, so gut es ein Alien ohne Hals konnte.
»Familien bedeuten, dass einem die einen wichtigers sind als die anderen«, sagte er. »Aber alle sind gleich gut, alle haben Aufgaben zuerledigen.«
Mir fiel kein Einwand ein.
»Ich habe den Menschensfamilien zugesehen«, fuhr J.Lo fort. »Manche Menschens bleiben auch in Familien, die sie nicht zu mögen.«
»Ach, ja? Was willst du damit sagen?«
J.Lo wich zurück. »Hab ich falsch gesagt? Ich meine nur, dass manche Menschens kein zuleichtes Leben mit ihren Familienmenschens haben. Brüders und Schwesters übervorallem.«
»Oh. Ja. In einigen Familien … kommen sie nicht so gut klar«, räumte ich ein. »Es gibt sogar Leute, die ihre Familien manchmal nicht ausstehen können. Aber sie lieben sie trotzdem. Sie haben sich immer noch lieb. Ihr Boov … also … gibt es …«
»Was soll es bei den Boov zu geben?«
Ich wusste nicht, wie ich die Frage formulieren sollte. Also fragte ich einfach drauflos.
»Gibt es Liebe bei euch?«
»Maaa-aa-aa-aa!« J.Lo lachte. »Natürlich lieben die Boov. Die Boov lieben
allens
!«
Ich wollte mich nicht streiten, aber wenn man alles liebte, liebte man meiner Meinung nach eher nichts. Da war ich mir ziemlich sicher.
Ich wechselte das Thema und fragte ihn weiter aus, wie es bei den Boov ablief. Schließlich erklärte J.Lo, dass alle Boov ein bisschen unter Wasser atmen konnten – sodass sie es dort eine halbe Stunde oder länger aushielten. Er war völlig schockiert, als ich ihm mitteilte, dass die meisten Menschen höchstens dreißig Sekunden durchhielten.
Ich beschwerte mich, weil er mir das nicht eher gesagt und mich durch einen Trick dazu verleitet hatte, ihm um den Hals zu fallen, doch dann verzieh ich ihm. Er war ausgesprochen dankbar.
Ich könnte euch jetzt alles weitererzählen, was ich von ihm erfahren habe, doch ich habe so gut wie nichts behalten. Außerdem kann er es euch lieber selbst erzählen.
Das Folgende hat sich J.Lo nach unserer Abfahrt aus Florida ausgedacht. Er war davon überzeugt, dass sein Volk wegen des Einmarsches der Gorg die Erde nun verlassen müsste, und wollte den Menschen nahebringen, wer die Boov wirklich waren. Er konnte natürlich nicht schreiben, aber recht gut zeichnen. Comics gelten in der Boovwelt anscheinend als ernstzunehmende Kunst und zeigen nicht nur schlecht angezogene Männer, die sich gegenseitig verprügeln.
* * *
Am Abend des zweiten Tages kamen wir auf die Idee, die Sprache des anderen zu lernen. J.Lo sprach
Weitere Kostenlose Bücher