Happy Smekday: oder: Der Tag an dem ich die Welt retten musste (German Edition)
Slushious. Auf der Beifahrerseite stieg eine Polizistin aus und schlich auf uns zu, als dächte sie, das Auto würde sich gleich in einen Roboter verwandeln. In der nächsten Minute beugte sie sich vor und blickte durch mein Fenster.
Ich hätte gedacht, in einer solchen Situation würde der männliche Polizist vorgeschickt, aber es war dann eben die Frau, die uns anstarrte. Ich lächelte liebreizend zurück.
»Hi.«
Die Polizistin runzelte die Stirn. Bei meinem »Hi« sprang offenbar ihr Instinkt an.
»Wissen Sie, warum ich Sie heute angehalten habe, Ma’am?«, fragte sie.
»Weil ich erst elf bin und mein Auto schwebt?«
Ihr Blick blieb starr, sie hustete.
»Ja«, sagte sie dann.
»Dann sollten Sie mich lieber zur Wache bringen«, sagte ich.
Ich hatte mir ausgerechnet, dass ich meine Mutter kaum finden würde, indem ich durch Arizona gurkte und »Mom« aus dem Fenster brüllte. Insofern blieben mir sowieso nur die Behörden, falls es denn noch welche gab. Auf der Polizeiwache berichtete ich von der Entführung meiner Mutter und dem geheimnisvollen Boov, der mein Auto umgebaut hatte, und dass mein Bruder JayJay zehn Minuten am Stück kotzen würde, wenn irgendwer versuchte, ihn anzufassen oder anzusprechen. Ich bekam Übung mit diesem Text, den ich in den darauffolgenden Tagen mindestens fünfzig Leuten vortragen musste. Es dauerte nicht lange, bis eine Polizeieskorte mich nach Flagstaff brachte, wo zahlreiche ehemalige Regierungsangestellte Informationen sammelten, um die Menschen wieder mit ihren Freunden und Verwandten zu vereinen. Es war irgendwie auch lustig, dass so viele Menschen auf der Suche waren, obwohl wir in diesem einen Staat zusammengepfercht waren. Doch wenn man nicht mit all seinen Lieben in einem Raketengeschoss gewesen war, konnte man wahrscheinlich nicht wissen, ob die anderen in Mohawk, Happy Jack oder Tuba City gelandet waren. Die Namen habe ich nicht erfunden, ich schwöre.
Das Vermisstenamt des Vereinigten Staates von Amerika war in einem Universitätsgebäude untergebracht. Man brachte mich zu einem mageren Mann namens Mitch, der einen fadenscheinigen Anzug trug. Zwei weitere Beamte in identischen Anzügen standen hinter ihm und hatten die Hände auf dem Rücken verschränkt.
»Name«, sagte Mitch. Ich sah aus dem Fenster auf die Kiefern und die schneebedeckten Berge und fragte mich, wieso ich gedacht hatte, dass es in Arizona nur Kakteen und Dünen gab. Ich brauchte einige Sekunden, bis ich merkte, dass er mir eine Frage gestellt hatte.
»Oh, äh, Gratuity Tucci.«
Er warf mir über sein Klemmbrett hinweg einen bösen Blick zu. »Vielleicht habe ich keine Zeit für Scherze?«, sagte er. »Vielleicht muss ich viele Leute bedienen? Wie heißt du?«
»Gratuity. G-r-a…«
»Das ist kein Name.«
Ich zog die Stirn kraus. »Geht das nicht vielleicht nur meine Mom und mich was an?«
»Uh-huh? Und das soll deine Mutter sein?«, fragte er und zeigte auf die Polizistin, die uns hergebracht hatte. Sie hatte alle Hände voll damit zu tun, J.Lo bei Laune zu halten, ohne sich ruckartig zu bewegen oder zu sprechen.
»Wow«
, sagte ich. »Sie sind wirklich gut. Ich komme her, weil ich meine Mom suche, und Sie finden sie, noch bevor ich das Gebäude verlassen habe.«
»Vielleicht muss ich viele Leute bedienen?«, meckerte Mitch noch mal. »Für den Moment nehme ich dich als Gratuity auf.«
»Das wird schon gehen.«
»Nachname.«
»Tucci.«
»Initiale des zweiten Vornamens.«
»Hab ich nicht.«
Mitch sah mich an, als hätte ich absichtlich auf einen zweiten Vornamen verzichtet.
»Wie heißt die Person, wie heißen die Personen, die du finden willst?«
»Lucy Tucci«, antwortete ich. »Meine Mom.«
»Wie alt?«
»Äh, dreißig.«
»Und in welcher Beziehung stehst du zu Lucy Tucci?«
»Äh, in einer recht guten«, sagte ich. »Okay, wir streiten uns ab und zu, aber …«
»Nein«, sagte Mitch. »Nein. Wie sie zu dir steht. Wo ist die Verbindung.«
»Sie ist meine Mom. Ich bin ihre Tochter.«
Mitch schrieb das alles auf sein Klemmbrett. Auf einmal fiel mir mein Versprechen ein.
»Oh! Könnten Sie bitte noch jemanden finden … äh, Marta! Marta Gonzales. Und würden Sie ihr bitte sagen, Christian und Alberto geht es gut. Sie sind unter dem Königreich der Glücksmäuse in Sicherheit.«
Man konnte richtig sehen, wie in Mitch etwas abstarb. Er drückte das Klemmbrett an seinen Bauch.
»Dafür gibt es kein Formular«, sagte er.
»Aber könnten Sie nicht …«, sagte
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