Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt
Mann. Dann ging er ohne jedes weitere Wort der Erklärung auf den Wasserfall zu – und verschwand. Eilig, was sollte ich machen, lief ich hinterher.
Glücklicherweise führte der Wasserfall an unserem Durchgang am wenigsten Wasser; gleichwohl schlug mich seine Wucht fast zu Boden. Ein Forschungslabor nur betreten und verlassen zu können, indem man sich, Ölzeug hin, Ölzeug her, jedes Mal von einem Wasserfall bearbeiten ließ, war einfach idiotisch, auch bei wohlwollender Betrachtung. Selbst unter Geheimhaltungserwägungen musste es doch einen gescheiteren Weg geben. Mitten unter dem Wasserfall glitt ich aus und schlug mir an einem Felsen das Knie auf. Das Fehlen des Tones hatte das Gleichgewicht zwischen den Geräuschen und der die Geräusche hervorbringenden Wirklichkeit empfindlich gestört und mich völlig durcheinander gebracht. Ein Wasserfall muss seiner Wassermenge entsprechend tosen!
Hinter dem Wasserfall tat sich ein Grottengang auf, gerade breit genug für eine Person; er führte auf eine Eisentür. Der Mann zog so etwas wie einen kleinen Rechner aus der Tasche seines Gummimantels, steckte ihn in den an der Tür angebrachten Schlitz und betätigte ihn eine Zeit lang, bis die Tür lautlos nach innen aufglitt.
»Wir sind da. Treten Sie bitte ein«, sagte der Mann, mir den Vortritt lassend, um anschließend die Tür von innen zu verriegeln. »Das war schlimm, was?«
»Ich kann beim besten Willen nicht behaupten, dass dem nicht so gewesen wäre«, hielt ich mich vornehm zurück.
Der Mann lachte, auf der Nase noch die Schutzbrille, die Kapuze auf dem Kopf und an einem Riemen um den Hals die Handlampe. Er lachte tief und gurgelnd, ein merkwürdiges Lachen.
Der Raum, in dem wir uns befanden, war groß, aber kalt und unfreundlich wie der Umkleideraum einer öffentlichen Badeanstalt; an und auf Regalen hingen, standen und lagen in Reih und Glied ein halbes Dutzend schwarze Gummimäntel, Gummistiefel und Schutzbrillen. Ich nahm meine Brille ab, hängte den Mantel auf einen Bügel und stellte die Gummistiefel ins Regal. Die Taschenlampe hängte ich an einen Haken an der Wand.
»Tut mir leid, dass ich Ihnen so viel Mühe machen musste«, sagte der Mann, »aber wir müssen auf der Hut sein. Nachlässigkeiten können wir uns nicht leisten, denn da draußen lungern welche, die es auf uns abgesehen haben.«
»Die Schwärzlinge?«, fragte ich listig.
»Die auch«, sagte der Mann und nickte. Dann führte er mich in das hinter dem Umkleideraum gelegene Empfangszimmer. Ohne das schwarze Ölzeug war der Mann nur mehr ein kleiner, vornehmer alter Herr. Nicht dick, aber von kräftiger, untersetzter Statur. Er hatte eine gesunde Gesichtsfarbe, und als er eine randlose Brille aus der Tasche zog und aufsetzte, sah er aus, wie vor dem Krieg hochrangige Politiker ausgesehen haben.
Er wies mir einen Platz auf dem Sofa zu und ließ sich selbst hinter dem Büroschreibtisch nieder. Das Zimmer entsprach genau dem, in das ich zuallererst geführt worden war. Die Farbe des Teppichs, die Beleuchtung, die Tapete, das Sofa, alles gleich. Auf dem Couchtisch stand die gleiche Rauchergarnitur. Auf dem Schreibtisch ein Tischkalender und eine Hand voll Büroklammern, auf dieselbe Art und Weise verstreut. Man konnte den Eindruck haben, nach einer hübschen Runde wieder im selben Zimmer gelandet zu sein. Vielleicht war dem so, vielleicht auch nicht. Schließlich konnte ich mich nicht an die genaue Lage jeder einzelnen Büroklammer erinnern.
Der alte Mann sah mich eine Weile an. Dann nahm er eine Büroklammer, bog sie gerade und pickte damit eine Zeit lang an der Nagelhaut des linken Zeigefingers herum. Als er fertig war, warf er die geradegebogene Büroklammer in den Aschenbecher. Ich überlegte mir, dass ich, falls ich je in irgendeiner Form wiedergeboren werden sollte, jedenfalls keine Büroklammer werden wollte. Die Nagelhaut eines albernen alten Herrn zurückzuschieben und anschließend im Aschenbecher zu landen, das waren wenig berauschende Aussichten.
»Nach meinen Informationen arbeiten die Schwärzlinge und die Semioten jetzt Hand in Hand«, sagte der Alte. »Was natürlich nicht heißt, dass sie eine richtiggehende Allianz gebildet hätten. Dazu sind die Schwärzlinge zu vorsichtig, und die Semioten planen zu weit voraus. Die Verbindung ist also noch auf sehr kleine Gruppen beschränkt. Aber es ist ein schlechtes Zeichen. Jetzt lungern sogar schon hier, wo sie gar nichts zu suchen haben, Schwärzlinge herum. Wenn das so
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