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Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt

Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt

Titel: Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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zu nehmen, vergesse das aber immer wieder. Um mir dann wieder an einem Tischbein oder am Ofen oder sonst wo das Schienbein zu stoßen.
    »Hallo?«, sagte ich.
    Am anderen Ende herrschte Stille. Absolute Stille, als läge das Telefon unter einem Haufen Sand.
    »Hallo!«, schrie ich. Aber es blieb totenstill. Kein Atmen war zu hören, kein Knistern. Die Stille war so dicht, dass sie mich durchs Telefon in sich hineinzusaugen schien. Wütend legte ich auf, holte eine Milch aus dem Kühlschrank, stürzte sie hinunter und kroch wieder ins Bett.
    Das nächste Mal klingelte das Telefon um 4 Uhr 46. Ich stieg wieder aus dem Bett, nahm denselben Kurs wie vorher und hob ab. »Hallo?«, sagte ich.
    »Hallo«, sagte eine Frauenstimme. Wessen Stimme, konnte ich nicht ausmachen. »Entschuldige wegen eben. Das Tonfeld ist gestört. Manchmal fällt der Ton ganz aus.«
    »Der Ton fällt aus?«
    »Ja, genau«, sagte die Frau. »Seit eben ist auf einmal das Tonfeld gestört. Meinem Großvater muss etwas zugestoßen sein. Hallo, kannst du mich hören?«
    »Klar und deutlich«, sagte ich. Es war die Enkelin des merkwürdigen Alten, der mir den Einhornschädel geschenkt hatte. Das dicke Mädchen in dem rosafarbenen Kostüm.
    »Mein Großvater ist die ganze Zeit nicht hochgekommen. Und dann war auf einmal das Tonfeld gestört. Irgendetwas muss passiert sein. Ich hab versucht, ihn im Labor anzurufen, aber er nimmt nicht ab … Die Schwärzlinge müssen ihn überfallen haben, wer weiß, was sie mit ihm gemacht haben!«
    »Bist du sicher? Dein Großvater war vielleicht nur in seine Studien vertieft und ist deshalb nicht hochgekommen. Hat er dich nicht neulich eine ganze Woche ohne Ton gelassen, ohne es zu merken? Er ist der Typ, der alles Mögliche vergisst, wenn er sich in irgendwas verbissen hat.«
    »Nein, nein, diesmal ist es anders. Ich weiß es. Mein Großvater und ich spüren, wenn dem anderen etwas zustößt. Ihm ist etwas zugestoßen. Etwas Furchtbares. Außerdem ist die Tonschranke durchbrochen, ganz sicher. Deshalb ist auch das unterirdische Tonfeld gestört.«
    »Bitte was?«
    »Die Tonschranke, eine Vorrichtung, die ein spezielles Signal aussendet, um die Schwärzlinge fern zu halten. Sie ist gewaltsam zerstört worden, deshalb schwankt dort das Tonniveau. Die Schwärzlinge haben meinen Großvater überfallen, ganz sicher!«
    »Wozu?«
    »Auf seine Forschungsergebnisse sind alle scharf, die Schwärzlinge, die Semioten, alle. Sie versuchen, ihm seine Ergebnisse abzujagen. Sie haben ihm ein Tauschgeschäft angeboten, er hat es abgelehnt und sich wahnsinnig aufgeregt. Komm schnell her, bitte! Etwas furchtbar Schlimmes wird passieren, hilf mir, bitte!«
    Ich stellte mir vor, wie die Schwärzlinge in dem unheimlichen unterirdischen Gang umherhuschten, stolz wie die Herren. Der bloße Gedanke machte mich schaudern.
    »Hör mal, es tut mir wirklich leid, aber mein Job ist das Rechnen. Andere Tätigkeiten stehen nicht in meinem Vertrag, und ich könnte auch nichts ausrichten. Wenn ich etwas für dich tun kann, gerne, jederzeit, aber mich mit den Schwärzlingen schlagen, um deinen Großvater herauszupauken, das kann ich nicht. Das ist was für die Polizei oder die Profis vom System, die man für solche Fälle ausgebildet hat.«
    »Die Polizei kommt nicht in Frage. Dann würde alles an die Öffentlichkeit dringen, die Folgen wären katastrophal. Wenn die Forschungen meines Großvaters jetzt bekannt würden, das wäre das Ende der Welt!«
    »Das Ende der Welt?«
    »Bitte!«, sagte das Mädchen. »Komm, so schnell du kannst, und hilf mir! Sonst passieren Dinge, die nicht wieder gutzumachen sind. Nach meinem Großvater bist du der Nächste auf der Liste!«
    »Warum sollte man hinter mir her sein? Von den Forschungen deines Großvaters weißt du vielleicht – ich jedenfalls weiß nicht das Geringste.«
    »Du bist der Schlüssel. Ohne dich geht die Tür nicht auf.«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«
    »Ich habe nicht die Zeit, dir das lange am Telefon zu erklären. Es ist extrem wichtig, glaub mir. Viel wichtiger, als du dir vorstellst. Es ist wichtig für dich. Wenn wir nicht handeln, solange noch gehandelt werden kann, ist alles vorbei. Das ist die Wahrheit, glaub mir!«
    »Na großartig«, sagte ich und schaute auf die Uhr. »Sieh jedenfalls zu, dass du dort wegkommst. Wenn es stimmt, was du sagst, ist es dort zu gefährlich.«
    »Wo soll ich hin?«
    Ich schlug einen Supermarkt in Aoyama vor, der rund um die Uhr geöffnet

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