Hard Man
Pearce gar nicht die Absicht hatte, den Job anzunehmen. Er hatte seinen Entschluss gefasst, und für gewöhnlich brachte ihn dann nichts mehr davon ab. Wenn er den Job gewollt hätte, hätte er sich gleich mit vier Riesen zufriedengegeben.
»Ich muss alles organisieren«, sagte Baxter. »Muss Ihr Zimmer aufräumen.«
Also, Moment mal. Jetzt bildete sich Baxter aber ganz schön was ein. Pearce hatte nicht gesagt, dass er den Job übernehmen würde. Er hatte nicht mal angedeutet, dass die Möglichkeit bestand, oder? Nur >zehn< gesagt, mehr nicht.
Pearce wollte die Sache gerade klarstellen, als Baxter, der alte Spinner, sagte: »Sie werden ein paar Hintergrundinformationen brauchen, schätze ich. Erst mal den Tagesablauf von Wallace. Das ist kein Problem. Während der Woche arbeitet er gern ein bisschen länger, damit er freitags früher nach Hause kann. Und Sie müssen wissen, wo May hingeht und wann. Im Moment sind Schulferien, das heißt, sie geht überallhin, schwimmen und Sportstudio und einkaufen und so, aber hauptsächlich liegt sie bei schönem Wetter einfach im Garten rum. Und, na ja, ich weiß nicht. Ich muss einfach wissen, wann Sie einziehen. Pearce?«
Pearce wollte nicht grausam sein. Ehrlich nicht. Er musste den armen Kerl aus seinem Elend erlösen. »Baxter?«
»Ja?«
»Ich kann nicht.«
»Wie meinen Sie das?« Baxter hielt inne. »Sie haben doch grade gesagt, Sie würden’s machen. Hören Sie, ich kann Ihnen das Geld bezahlen, wenn das Ihre Sorge ist.«
»Das bezweifle ich nicht«, sagte Pearce. »Wieso kaufen Sie stattdessen nicht einfach was Schönes für May?«
Jacob hatte noch nicht lange aufgelegt, als Flash nach Hause kam und in die Küche spazierte, in der sein Vater sich gerade eine Tasse Tee machte. Flash stand da und tappte mit den Füßen hin und her, als wären sie eingeschlafen und er versuchte sie wach zu stampfen. Er trug Turnschuhe, die Senkel waren nicht zugeschnürt. Man hätte getrost annehmen können, dass er irgendwelche Probleme mit den Füßen hatte, aber Jacob wusste, dass seine Art der Fußbekleidung ein Fashion Statement war, keine Krankheit.
»Wie geht’s deinem Kopf?«, fragte Jacob. Sicher, es war eine Ewigkeit her, aber Pearce hatte Flash echt verdroschen mit dem Aktenkoffer, und bei Kopfverletzungen konnte man nie vorsichtig genug sein.
Flash nahm einen Schluck aus einer Limodose, die er mitgebracht hatte. »Gut«, sagte er und kratzte sich am Schädel, wie um zu beweisen, dass er nicht mehr wehtat. Aber vielleicht tat er doch noch weh, denn er ging hastig dazu über, die Stelle an seinem dürren Arm zu kratzen, wo sein T-Shirt endete. »Wie geht’s der Nase?«
»Gut«, sagte Jacob. Das stimmte nicht, aber sie wurde mit jedem Tag weniger empfindlich.
»Und«, sagte Flash, »hast du Pearce angerufen?«
Flash war so dürr, dass schon sein Anblick Magenknurren verursachte. Schon immer. Hätte wirklich einmal anständige Hausmannskost gebraucht, um ihn etwas zu mästen. Aber die würde Flash in allernächster Zeit nicht kriegen. Er war mit sechzehn von zu Hause ausgezogen. Zurzeit hatte er ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft gemietet. Lief ziemlich gut, wenn man bedachte, dass der Kleine erst einen einzigen Job gehabt hatte, als Tankwart, und es hatte nicht lange gedauert, bis er gefeuert wurde, weil er geklaut hatte. Der geborene Dieb. Jacob wusste nicht, woher er das hatte, doch seit er alt genug war, um Sachen in die Tasche zu stecken, die nicht ihm gehörten, hatte Flash nichts als Ärger gemacht. Er lebte von Fertigfraß aus der Mikrowelle, der kaum Nährwert hatte. Der Junge brauchte mal eine Ofenkartoffel, die richtig in Butter schwamm. Ach was, einen ganzen Sack davon.
Dünn oder nicht, Flash hatte Mumm, keine Frage. Jacob stellte sich nicht gern vor, womit er seine Kohle verdiente, ganz bestimmt nicht, aber da er erst zwei Mal festgenommen worden war und nie gesessen hatte, musste er wohl gut darin sein.
»Und?«, sagte Flash, und Jacob fiel wieder ein, dass man ihn etwas gefragt hatte.
Jacob schilderte sein Gespräch mit Pearce.
Als er fertig war, sagte Flash: »May braucht nicht >was Schönes<. Sie braucht Schutz.«
»Pearce hat keine Tochter«, sagte Jacob. »Der weiß nicht, wie es ist, wenn man für einen anderen Menschen verantwortlich ist.«
Flash trank einen langen Schluck Limo. »Nimm’s dir nicht so zu Herzen, Dad«, sagte er.
Jacob fragte sich, was sein Sohn da redete, dann merkte er, dass er recht hatte. Der Zorn schoss ihm
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