Hard Man
zu machen. Annies Tod hatte die Hypothek bezahlt, was wenigstens ein kleiner Trost war für die Tatsache, dass es nicht richtig war, wenn eine Frau vor ihrem Mann starb, schon gar nicht, wenn sie zehn Jahre jünger war als er. Sie fehlte ihm. Sie fehlte ihm jeden Tag. Als sie starb, war es, als wäre ihm das Herz gestohlen worden, und er hatte es immer noch nicht zurück.
Flash klappte den Prospekt zu. »Es muss noch eine andere Lösung geben«, sagte er.
Jacob wünschte, es gäbe eine. Er hatte wirklich keine Lust auf Spanien.
Wenn Pearce den Job nicht übernehmen wollte, konnte Jacob sich ja vielleicht woanders umsehen. Doch er brauchte schnell jemanden. Und wie machte man das? Ob Leibwächter Anzeigen aufgaben? Solche, wie er einen suchte? Rog hatte bewiesen, dass ein Rausschmeißer gegen einen trainierten Kampfsportler nichts ausrichtete. Es war verzwickt. Aber alles, wenn sich nur Spanien vermeiden ließ. Vielleicht konnte er es ja noch mal bei Cooper versuchen, hören, ob es nicht jemand anderen gab, den er empfehlen konnte.
Es klopfte an der Haustür, und kurz darauf erschien ein bekanntes Gesicht in der Tür zur Küche. Norrie nickte Flash zu. »Hallo, Boss«, sagte er zu Jacob. »Alles klar? Schwer zu sagen, bei deiner Nase da, aber mir scheint, du ziehst dein trauriges Gesicht.«
Jacob freute sich, Norrie zu sehen, »‘ne Tasse Tee, Kumpel?«
Rog stand in der Tür zur Küche und ließ seine Schwimmbrille am Finger baumeln.
Jacob wusste, dass Flash unter dem Tisch obszöne Gesten machte, sagte aber nichts.
»Wir sind dann mal weg«, sagte May und gab Jacob einen Schmatz auf die Wange. »Bis dann, Flash. Norrie.«
Norrie prostete ihr mit seinem Teebecher zu.
»Viel Spaß«, sagte Jacob. Sie bemühte sich immer noch nach Kräften, den Tod von Louis zu verarbeiten, und Jacob wünschte, er könnte ihr helfen. Louis war ihr Hund gewesen. Sie hatten ihn am Vorabend im Garten beerdigt. Hatten sie die Leiche nicht sehen lassen und ihr nur gesagt, er sei überfahren worden. Es hatte keinen Sinn, sie in Angst und Schrecken zu versetzen.
Sie schloss die Tür hinter sich.
Jacob machte sich jedes Mal Sorgen, wenn sie das Haus verließ. Doch er konnte sie ja schließlich nicht einsperren. Und heute hatte sie Rog als Begleiter. Nicht ideal, aber das Beste, was angesichts der Umstände drin war.
An einem öffentlichen Ort würden sie einigermaßen sicher sein. Wenn Wallace etwas versuchen wollte, dann irgendwo, wo es keine Zeugen gab. Er war zwar verrückt, allerdings auch gerissen.
Egal. Jetzt, wo May weg war, konnten Jacob, Norrie und Flash offen reden. Norrie war ein Fels in der Brandung. Er war aus seinem Unfall stärker denn je hervorgegangen. Vielleicht ein bisschen verwirrt ab und zu, aber nicht so, dass man es merkte, wenn man nicht darauf achtete oder nicht wusste, was passiert war.
»Dann ist Spanien also endgültig«, sagte Flash. »Da wird ich euch ‘nen Crashkurs in espanol geben müssen.«
Alter Familienwitz. Als Flash etwa zehn Jahre alt gewesen war, hatte er behauptet, fließend Spanisch zu sprechen. Und es war ihm ernst damit gewesen. Er hatte knapp ein halbes Dutzend Wörter aufgeschnappt und dachte, er würde die Sprache beherrschen. In dieser Hinsicht war er komisch. Jacob erinnerte sich, als Flash noch ganz klein gewesen war, drei Jahre alt vielleicht, und hinten im Auto gesessen und gesagt hatte: >Daddy. Ich weiß alles.< Damit meinte er, wie Jacob später klar geworden war, dass er alles benennen konnte, was er sah. Es war, als sei seine Fantasie eingeschränkt. Er konnte nicht über das hinaussehen, was er wusste. Flash glaubte heute immer noch, er wüsste alles. Er konnte no problemo sagen, also war er muy fluente.
»Das würde mich freuen«, sagte Jacob.
»Du darfst nicht nach Spanien gehen«, sagte Norrie. »Das ist nicht recht. Dieses … Schwein kann dir nicht vor…schreiben, wo du zu leben hast.«
»Das sehe ich genauso«, sagte Jacob. »Aber ich wüsste keine andere Möglichkeit.«
»Es gibt nur eins, Jacob«, sagte Norrie. »Und das weißt du. Flash weiß es. Und sogar Rog weiß es.«
Flash stand auf, ging ein paar Schritte, dann beugte er sich vor und fing an, am Schnürsenkel von seinem rechten Schuh herumzuspielen. Er band eine Schleife, dann löste er das Ganze wieder und richtete sich auf. Er zwängte die Hände in die Taschen seiner Baggy-Jeans und schaute Norrie an. Die Ringe unter seinen Augen waren noch dunkler als gewöhnlich. »Meinst du, was ich denke,
Weitere Kostenlose Bücher