Hard Man
Nun, Pearce fielen da schon ein, zwei Kandidaten ein. Wenn man ihn entsprechend provozierte, war Cooper dazu fähig, ohne mit der Wimper zu zucken. Allerdings war der ja noch im Gefängnis. Und Seamus, sein alter Zellenkumpan, hätte nicht mal geblinzelt. Leuten, die er nicht mochte, pflegte er mit einer Machete Stücke aus dem Rumpf zu schneiden. Bei lebendigem Leib, wohlgemerkt.
Nach dem allabendlichen Einschluss hatte Pearce manchmal schlecht schlafen können, wenn er wusste, dass Seamus im selben Raum war. Ob nun mit Machete oder ohne.
Pearce hielt durch bis zum Abend. Dann kapitulierte er. Er hatte das Foto von May in eine Schublade in der Küche gesteckt, nachdem er beschlossen hatte, dass Baxters Angebot nichts für ihn war. War nicht fähig gewesen, es in den Müll zu werfen, obwohl er nicht genau wusste, warum. Jetzt suchte er es heraus und strich den leichten Knick in der Ecke rechts oben glatt.
Er drehte es um und wählte die Nummer auf der Rückseite.
Ein Mädchen nahm ab. »Wer ist da?«, fragte Pearce.
»May.« Sie hörte sich verärgert an. »Beeilung, ich bin auf dem Sprung.«
»Kann ich Baxter sprechen?«
»Wen wollen Sie, Flash oder Dad?«
»Ich hätte gern Dad, bitte.«
Als Baxter ans Telefon kam, sagte Pearce: »Ich muss mit Ihnen reden.«
»Worüber?«
»Wallace«, sagte Pearce.
»Haben Sie’s sich anders überlegt?«
»Das hab ich nicht gesagt. Ich will nur mit Ihnen reden.«
»Wollen Sie herkommen?«
»Nee.«
Nach einer Weile sagte Baxter: »Ach, verstehe. Bin schon unterwegs.«
Die Baxters hatten Fisch zum Abendessen. Pearce roch ihn, sobald sie durch die Tür kamen. Hilda ebenfalls. Er kam aus dem Wohnzimmer, schaute sich rasch um und wedelte mit dem Schwanz wie eine ausgeflippte Klapperschlange, dann legte er sich wieder in sein Körbchen.
»Komischer Hund«, sagte Flash. »Was für eine Sorte ist das?«
Pearce sagte es ihm. Von einem Dandie Dinmont hatte Flash noch nie gehört. Er schlurfte so verkrümmt mit den Händen in den Taschen herum, dass es aussah, als würde er sich gleich in seinen eigenen Magen zusammenziehen.
Dad streckte Pearce die Hand entgegen. Wenigstens er wahrte einen Anschein von Höflichkeit. Sein Gesicht erinnerte Pearce an einen Autodieb, mit dem er einen Monat lang die Zelle geteilt hatte. Ein Typ namens Rocky. Wenn man ihm die Nase abgeschnitten hätte, wäre das noch eine Verbesserung gewesen. Rocky hatte allerdings nicht diese dunklen Blutergüsse unter den Augen.
»Hatte euch nicht beide erwartet«, sagte Pearce.
»Flash macht sich genauso Sorgen um May wie ich«, sagte Baxter.
»Wo ist sie jetzt?«
»Besucht ihren Bruder im Krankenhaus«, sagte Flash. »Wo Wallace ihn hinbefördert hat.«
»Ist sie dort sicher?«
»Na klar«, sagte Baxter. »Öffentlicher Ort. Sie ist mit einem Freund von mir da. Und wenn wir hier weggehen, holen wir die beiden ab.«
»Mit dem Baby alles in Ordnung?«, fragte Pearce.
»May regt sich auf«, sagte Baxter. »Wie wir alle. Aber diesmal war der Schaden bei May psychologisch. Körperlich geht’s ihr gut.«
»Gut«, sagte Pearce. Flash fragte er: »Hast du wieder ‘n Messer dabei, harter Mann?«
Flashs Hand legte sich vor seinen Unterleib. Er sagte nichts.
Pearce drehte sich um und ging ins Wohnzimmer voraus. Die Baxters nahmen den Fischgeruch mit, als sie ihm folgten. Und Pearce wurde klar, weshalb ihm Rocky eingefallen war. Rocky hatte behauptet, ein Rochen sei ein perfekter sexueller Ersatz für eine Frau. Er schwor darauf. War offenbar genau wie das Original. Er riet Pearce, einfach mal die Deep Sea World in North Queensferry zu besuchen, um zu sehen, ob er nicht die Wahrheit sagte. >Das ist cool da<, sagte Rocky. >In diesen Glastunneln schwimmen da ganze Schwärme von Plattfischen über deinem Kopf rum. Ehrlich, Mann, die haben auffällig mösenartig aussehende Mosen. Und wenn du mal anfassen und nicht nur gucken willst, dann weiß ich ‘nen guten Fischhändler in Slateford.<
Unwillkürlich fragte Pearce sich, ob die Baxters wohl ‘nen Rochen gevögelt hatten.
»Was ist denn so lustig?«, sagte Jacob Baxter und blieb mit verschränkten Armen vor Pearce stehen.
Pearce schüttelte den Kopf. »Setzt euch«, sagte er. Dann, um ihn auf andere Gedanken zu bringen: »Was macht die Gattin?«
Baxter starrte ihn an. »Sie ist tot«, sagte er.
»Oh«, sagte Pearce. »Das tut mir leid.«
»Ist schon ‘ne Weile her«, teilte Baxter ihm mit. »Über das Schlimmste bin ich weg.«
Pearce
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