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Hard News

Hard News

Titel: Hard News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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bauen?
    Zauberschlösser.
    Sam Healy starrte auf die bunten Vierecke und Kreise und Säulen, wobei er weniger an das Spielzeug seiner Kindertage dachte als an die menschliche Fähigkeit zur Gewalt.
    Die Leute dachten, als Mitglied eines Bombenkommandos hätte man eine ziemlich dicke Haut, wenn es um Sachen wie Schießereien ging. Und besonders, zum Teufel, bei der New Yorker Polizei, in einer Stadt mit annähernd zweitausend Mordfällen pro Jahr. Dem war, wie Healy sie schnell belehrt hätte, jedoch nicht so. Erstens bei Bomben: Man hatte mit Apparaten zu tun, nicht mit Menschen. Der größte Teil der Arbeit bestand aus Absicherungsmaßnahmen oder Ermittlungen nach Explosionen, und wenn man gerufen wurde, waren die Opfer längst weg, und die Angehörigen wurden von jemand anderem benachrichtigt.
    Aber jetzt war er nicht im Dienst, und daher ließ sich nicht länger vermeiden, was er tun musste.
    Er stand auf und hörte ein Knacken in der Schulter – ein vertrautes Souvenir an eine mit Schwarzpulver gefüllte Rohrbombe, mit der er ein paar Jahre zuvor eine etwas zu enge Bekanntschaft gemacht hatte. Mit einem erneuten Blick auf das kleine Mädchen hielt er inne und ging zum Fernseher. Es lief gerade irgendein alter Western. Schlechte Farben, schlechte Schauspieler. Er schaltete das Gerät aus.
    »Hey, der Typ wollte grade gegen drei böse Jungs ziehen. Sam, du bist doch ein Cop. Du müsstest dir so ’n Zeug reinziehen. Das ist praktisch Fortbildung für dich.«
    Er setzte sich auf die abgewetzte grüne Couch und nahm Runes Hand.
    »Oh-oh, was kommt jetzt?«, sagte sie. »Der Frau-kehrt-ins-traute-Heim-zurück-Vortrag? Ich werd damit fertig, Sam.«
    Er warf einen Blick ins Wohnzimmer nach Courtney und sah, dass sie zufrieden spielte. »Ich hab einen Anruf vom Einsatzleiter beim Sechsten Revier gekriegt«, sagte er, ohne Rune anzuschauen. »Es sieht so aus, als hätte es an dem Pier, wo dein Boot liegt, eine Schießerei gegeben.«
    »Eine Schießerei?«
    »Ein Mädchen in deinem Alter. Zweimal angeschossen. Ihr Name war Claire Weisman.«
    »Claire ist wieder da?«, fragte Rune flüsternd. »Mein Gott, nein. Ist sie tot?« Rune schaute zu Courtney.
    »Ihr Zustand ist kritisch. St. Vincent’s.«
    »Mein Gott.« Rune weinte leise. »Jemand hat gedacht, ich wäre es, stimmt’s?«, sagte sie mit ersterbender Stimme.
    »Es gibt keine Verdächtigen.«
    »Du weißt, wer’s getan hat, oder?«, sagte sie.
    »Boggs und der andere Typ, der Fette. Jack Nestor.«
    »Sie müssen es gewesen sein. Sie sind zurückgekommen, um mich umzubringen.« Ihre Augen waren gerötet und elend.
    »Ich …« Sie schlug die Hand vor den Mund. »Ich hätte nie gedacht, dass Claire zurückkommt.« Runes Blick ruhte auf Courtney.
    Healy umarmte sie. »Ich werd’s den Beamten melden. Das mit Boggs und Nestor. Bei einer Schießerei dehnen sie die Suche auf die ganze Stadt aus.«
    »Bitte«, flüsterte sie, »bitte, bitte …«
    »Claires Mutter ist auf dem Weg hierher. Sie kommt von Boston geflogen.«
    »Ich muss sie besuchen.«
    »Komm mit. Ich fahr dich hin.«
     
    »Es tut mir ja so Leid«, sagte Rune.
    Die Frau musste Anfang fünfzig sein. Sie wusste nicht, wie sie mit dem Kummer umgehen sollte, und tat das Einzige, was ihr einfiel – sie legte Rune den Arm um die Schultern und sagte, sie alle müssten jetzt tapfer sein.
    Claires Mutter war kräftig und trug ein blaues Satinkleid, das ihre Formen verhüllte. Ihre Haare waren eine Mischung aus rein schwarzen und rein weißen Strähnen, was ihnen ein wirres Aussehen verlieh, obwohl sie perfekt in Form gesprayt waren. Sie hatte etwas in der Hand, was Rune für ein zerknautschtes Sträußchen hielt, was sich jedoch als ein dünnes weißes Taschentuch entpuppte.
    Rune schaute zum Bett. Claire ließ sich nur schwer ausmachen. Das Licht war stark gedämpft, als fürchteten die Ärzte, zu viel Helligkeit könne ihrem Leben Gelegenheit geben zu entwischen. Rune beugte sich vor. Claires linke Schulter und ihr Arm steckten in einem riesigen Gipsverband, und die linke Seite ihres Gesichts war eine einzige Masse aus Mullbinden. In ihrer Nase steckten Schläuche, und weitere Schläuche führten von einem Verband an ihrem Hals in Becher, die auf der Erde standen. Ein Monitor über ihrem Kopf zeigte seine beunruhigenden Daten über Herz- oder Pulsschläge oder Atemzüge oder wer weiß was an. Die Linien waren rätselhaft. Rune wünschte, der Monitor hätte in eine andere Richtung gezeigt.
    Mrs. Weisman hielt

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