Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hard News

Hard News

Titel: Hard News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
gefiel ihm nicht – heutzutage trugen nur noch sehr wenige Männer die Haare nach hinten geklatscht. Sie trugen sie lockerer und trockener. Also nach dem Mittagessen: noch zum Friseur.
    Er verließ die Toilette und ging ins Café. Ein Platz wurde ihm zugewiesen, und die Kellnerin brachte ihm, ohne ein Wort zu sagen, einen Eistee. Diese Südstaatensitte hatte er ganz vergessen. Er bestellte sein zweites Steak, seit er Draußen war – und das hier, zusammen mit dem Michelob, mit dem er es hinunterspülte, war viel besser als das erste. Boggs sah es als seine erste richtige Mahlzeit in Freiheit an.
    Um drei Uhr nachmittags hatte er neue Schuhe und eine neue Frisur und dachte daran, den MARTA-Zug zum Flughafen zu nehmen. Aber das Hotel gefiel ihm so gut, dass er beschloss, die Nacht über zu bleiben.
    Er checkte ein und bat um ein in Bodennähe gelegenes Zimmer.
    »Jassir. Kein Problem, Sir.«
    Er probierte das Zimmer und das Bett aus und fühlte sich in dem schmalen Raum zwischen den Wänden wohl. Erst da merkte er, dass ihm die Weitläufigkeit Atlantas Unbehagen bereitete. In den Straßen von New York mit ihren hohen, düsteren Häuserschluchten hatte er sich weniger verletzlich gefühlt. In Atlanta kam er sich schutzlos vor. Nachdem er in dem abgedunkelten Zimmer ein Nickerchen gemacht hatte, ging er aus zum Abendessen. Er sah ein Flugreisebüro und betrat es.
    Er ging zum Schalter der United. Er fragte die hübsche Verkäuferin, was es Nettes gebe.
    »Nettes?«
    »Wohin man fliegen kann.«
    »Äh …«
    »Im Ausland.«
    »Paris wäre sehr schön. Sie wissen schon, April in Paris.«
    Randy Boggs schüttelte den Kopf. »Ich kann die Sprache nicht. Könnte ein Problem werden.«
    »Möchten Sie Urlaub machen? Wir haben einen Urlaubsservice. Eine Menge guter Pauschalpakete.«
    »Eigentlich hab ich daran gedacht umzuziehen.« Er sah ein Poster. Silberner Sand, von wunderbarem blauem Wasser umspült. »Wie sieht’s mit der Karibik aus?«
    »Die liebe ich. Ich war letztes Jahr mit meinen Freundinnen in St. Martin. Wir hatten einen Riesenspaß.«
    Mann, der Sand sah schön aus. Der Gedanke gefiel ihm. Aber dann runzelte er die Stirn. »Wissen Sie, mein Pass ist abgelaufen. Braucht man einen Pass, um da überall hinzukommen?«
    »Für manche Länder brauchen Sie einen. Für manche braucht man nichts weiter als eine Geburtsurkunde.«
    »Und woher weiß ich das?«
    »Sie könnten sich vielleicht einen Reiseführer kaufen. Oben auf der Straße ist ein Buchladen. An der Ecke gehen Sie rechts, und da ist er schon.«
    »Na, das wäre eine Idee.«
    »Vielleicht ziehen Sie auch einmal Hawaii in Erwägung. Da gibt es Strände, die sind genau schön wie die auf den karibischen Inseln.«
    »Hawaii.« Boggs nickte. Das war ein guter Gedanke. Er konnte sich einfach ein Ticket kaufen und hinfliegen und so lange am Strand sitzen, wie er wollte.
    »Schauen Sie doch mal nach, was so ’n Ticket kostet, ja?«
    Er zögerte kurz, während sie die Angaben in ihren Computer tippte. »Hätten Sie Lust, mit mir essen zu gehen?«, fragte er dann schnell.
    Sie errötete und widmete sich ihrem Computerterminal. Sofort hätte er die Frage am liebsten zurückgezogen. Er hatte eine Linie übertreten, etwas getan, wovon die Leute Draußen – Leute, die in Hyatt-Hotels wohnen und Flugtickets kaufen – instinktiv wussten, dass man es nicht tat.
    Sie blickte verlegen auf. »Es ist so, ich habe schon irgendwie einen Freund.«
    »Na klar, sicher.« Er lief krebsrot an. »Entschuldigen Sie.«
    Seine Entschuldigung schien ihr peinlich zu sein. Dann lächelte sie. »Hey, ist doch kein Beinbruch. Vom Eingeladenwerden ist doch noch niemand gestorben.« Das Draußensein in der richtigen Welt … das wird noch ’n bisschen dauern, bis ich mich dran gewöhnt habe, dachte Randy Boggs, während sie sich wieder dem Bildschirm zuwandte.
     
    Sam Healy saß auf der Couch und schaute über seinen Rasen, nachdem er am Telefon die schrecklichen Neuigkeiten erfahren hatte. Er befahl sich aufzustehen, aber seine Beine wollten ihm nicht gehorchen. Er blieb, wo er war, und schaute Courtney zu, die mit Plastikbausteinen spielte. Er holte tief Atem. In Healys Kindheit waren Bauklötze aus lackiertem Hartholz gewesen, und man bekam sie in schweren Kartons aus Wellpappe. Diejenigen, mit denen die Kleine gerade ein Schloss baute, bestanden aus einer Art Schaumstoff. Und man bekam sie in einem großen, durchsichtigen Plastikeimer.
    Schlösser. Was sonst sollte Runes Kind wohl

Weitere Kostenlose Bücher